Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Apostelweg

Rahlstedt (1951), nach den Aposteln, besonders nach Apostel Johannes


Siehe auch: Bei der Apostelkirche

Von 1910 bis 1951 hieß der Weg Johannisstraße.

0019 Andronicus Athanasius of Christianoupolis and Junia
Andronicus (links) mit Athanasius von Christianoupolis und Junia; Quelle: Autor unbekannt, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Zwölf heute vorhandene Straßen und Brücken sind nach weiblichen Heiligen benannt und erinnern dabei an vier weibliche Heilige: an die Heilige Maria, Heilige Katharina, Heilige Gertrud und Heilige Anna.

Bei den männlichen Heiligen und Aposteln ist die Vielfalt größer: 41 Straßen sind nach ihnen benannt. So z. B. nach den Heiligen und Aposteln: Ansgar (dem Apostel des Nordens), Bonifatius, Christus, Georg, Jakobus, Johannis, Immanuel, Martin, Matthäus, Michael, Nikolaus, Paulus, Petrus, Sebastian, Vizilin, Winfrid Bonifatius (dem Apostel der Deutschen) sowie nach den Aposteln schlechthin.

Straßenbenennungen nach Apostelinnen suchen wir vergebens. Das ist kein Wunder, denn wegen einer männerzentrierten Sprache „verschwanden“ sie in den Bibeltexten. Junia beispielsweise, „die von den ersten Kirchenvätern noch als berühmte Apostelin gepriesen [wurde]. Als ‘Apostel‘ galten diejenigen, die die Auferstehung Jesu bezeugen konnten und die sich von Jesus dazu beauftragt fühlten. Auch Frauen waren unter den apostoloi. Im Brief an die Gemeinde in Rom 16,7 lässt Paulus zwei Personen grüßen. Sie heißen in der Lutherrevision 1984 Andronikus und Junias und werden als ‘berühmt unter den Aposteln‘ bezeichnet. (…) Der frühen Christenheit war es selbstverständlich, dass es sich bei Junia um eine Frau handelte, zumal es den Männernamen Junias nicht gab.“[1]

Doch im 13. Jahrhundert erfuhr Junia „eine folgenschwere Geschlechtsumwandlung. Unter der Feder des Bibelkommentators Ägidius von Rom wird aus Junia ein Apostel namens Junias. Das Versehen eines unausgeschlafenen Augustiners? Oder Ergebnis eines männerorientierten Weltbildes? “, heißt es in der ZDF-Dokumentation „Die verschwundenen Frauen. Jesus und die vergessenen Säulen des Christentums“ vom 1. 4. 2013.

Im „Nestle-Aland, der maßgeblichen wissenschaftlichen Textausgabe des Neuen Testaments,“[2] fand diese sprachliche Geschlechtsumwandlung durch die Fehlinterpretation des Namens erst ab der 13. Ausgabe 1927 statt, d. h., „erst zu dem Zeitpunkt, als Frauen erstmals zum Theologiestudium zugelassen wurden und Pfarrerinnen werden wollten (…)“[3], wogegen viele Kirchenvertreter Sturm liefen, die weder Kolleginnen noch Apostolinnen duldeten. „Erst 1998 im fünften korrigierten Druck der 27. Auflage wurde dieser Texteingriff korrigiert. Endlich steht im Griechischen wieder der Frauenname Junia.”[4]

Da die römisch-katholische und die griechisch-orthodoxe Kirche Frauen bis heute vom Bischofs- und Priesteramt ausschließen, weil Jesus Christus für das Kollegium der Apostel angeblich nur Männer bestimmt habe, könnte die Tatsache, dass bereits in der Frühzeit des Christentums Apostelinnen anerkannt wirkten, Emanzipationsprozesse beschleunigen. Ein Weg zur Verbreitung dieses Faktenwissens könnten auch entsprechende Straßenbenennungen sein. (Die evangelischen Landeskirchen ordinieren immerhin seit 1991 Frauen und übertragen ihnen auch das Bischofsamt.)

Text: Rita Bake