Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Herbert-und-Greta-Wehner-Platz

Harburg (2000): Im Jahr 2000 war der Platz nur nach Herbert Wehner (11.7.1906 Dresden – 19.1.1990 Bonn) benannt worden. 2022 erhielt er eine Ergänzung um Greta Wehner, geb. Burmester (1924-2017), Krankenschwester und sozial wie politisch engagiert.


Herbert Richard Wehner war von 1966 bis 1969 Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. In der NS-Zeit beteiligte sich Herbert Wehner am kommunistischen Widerstand gegen das NS-Regime. Greta Wehner, geb. Burmester (31.10.1924 Harxbüttel – 23.12.2017 Dresden) war Krankenschwester und sozial wie politisch engagiert.

1986 wurde Herbert Wehner die Ehrenbürgerwürde der Freien und Hansestadt Hamburg verliehen und zwar mit der Begründung: „Hat sich um den Wiederaufbau unseres Landes und unserer Stadt Hamburg verdient gemacht“.

In Wikipedia steht über die Kindheit von Greta Burmester: Sie „wurde als Tochter des Schiffszimmermanns und kommunistischen Widerstandskämpfers Carl Burmester und seiner Ehefrau Charlotte, geborene Clausen (20. August 1903 in Flensburg – 1979 als Frau von Herbert Wehner), in der von Hans Löhr und Hans Koch gegründeten Landkommune geboren. Dass überhaupt Informationen über die Landkommune Harxbüttel bekannt wurden, verdankt sich Günter Wiemanns späterer Bekanntschaft mit Greta Wehner, die ihn in einem Brief vom 11. Juni 2006 über die Hintergründe ihrer Geburt in Harxbüttel informierte: ‚Meine Mutter arbeitete in den Gärten des Bankiers Max Warburg in Hamburg. Meine Eltern lernten sich in einer SAJ-Gruppe [Sozialistische Arbeiter Jugend] in Blankenese kennen, die sich bei dem jüdischen Sozialdemokraten Berendsohn traf. Sie liebten sich und wollten unbedingt Kinder haben, aber sie wollten vorläufig nicht heiraten, um das 1924 in Kraft getretene Jugendwohlfahrtsgesetz auf die Probe [zu] stellen.

Das war auch der Grund, weswegen wir in Harxbüttel landeten, denn eine unverheiratete, werdende Mutter war ein schlechtes Vorbild für die Töchter der Warburgs.

Zur ‚Landkommune Harxbüttel‘ gab es offenbar politische Verbindungen, hier sollten junge Leute durch landwirtschaftliches Arbeiten auf die Auswanderung nach Brasilien vorbereitet werden. Harxbüttel war der dritte Ort, während der Zeit, als ich unterwegs war.

Arbeit gab es dort für eine tüchtige Gärtnerin reichlich, es wurde Gemüse angebaut, vor allem Spargel, der in der eigenen Konservenfabrik verarbeitet wurde. Für einen handwerklich versierten Mann, wie meinen Vater, gab es ebenfalls viel zu tun - aber es gab kein Geld! Meine Eltern hungerten und ich mit ihnen.‘ Greta Burmester blieb nicht lange in Harxbüttel, und ihre Eltern haben, vermutlich 1925, doch noch geheiratet.

Sie war zehn Jahre alt, als ihr Vater nach einem Gestapoverhör von Beamten zu Tode gestürzt wurde. Ihre Mutter floh mit ihr und ihrem Bruder Jens-Peter nach Schweden. Dort trafen sie auf den aus Dresden stammenden Herbert Wehner, den ihre Mutter 1944 heiratete. Greta Wehner absolvierte in Schweden eine Ausbildung zur Säuglingskrankenschwester und war an der Universitätsklinik in Uppsala beschäftigt.

Die Familie Wehner kehrte 1947 nach Deutschland zurück; Greta wurde im August 1947 Mitglied der SPD und trat der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transporte und Verkehr bei. Sie qualifizierte sich in Kiel zur Sozialfürsorgerin und war in diesem Beruf auch nach zusätzlicher Weiterbildung tätig.“ 1)

In Christoph Meyers (Vorsitzender der Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung) Nachruf auf Greta Wehner heißt es über ihren weiteren Lebensweg: „Sie machte eine Ausbildung zur Sozialfürsorgerin und war als solche beruflich tätig bei der Arbeiterwohlfahrt in Moers sowie beim Landkreis Offenbach am Main. (…).
Als ihre Mutter im Sommer 1953 als Spätfolge ihrer NS-Haft schwer chronisch erkrankte, bat der Bundestagsabgeordnete Herbert Wehner Greta Burmester, ihren Beruf aufzugeben und ihm und seiner Frau in Bonn zur Seite zu stehen. Ihre Entscheidung, diesem Hilferuf zu folgen, hatte tiefgreifende Folgen. Greta Burmester wirkte nun keineswegs nur im Haushalt mit. Sie machte den Führerschein und wurde Herbert Wehners Fahrerin. Sie führte seinen Terminkalender und organisierte die politischen Abläufe. Sie begleitete ihn auf Reisen und zu anderen politischen Ter-minen. Als sich 1966 ein schwerer Diabetes bei Herbert Wehner bemerkbar machte, übernahm Greta Burmester seine gesundheitliche Betreuung. In den 1970er Jahren, bei Wehners Bemühen um Familienzusammenführung und Häftlingsfreikäufe im geteilten Deutschland pflegte Greta Burmester den Kontakt zu den Betroffenen und sorgte im Hintergrund für reibungslose Abläufe. Greta Burmester war Herbert Wehners wichtigste Mitarbeiterin – ohne sie hätte er die letzten dreißig Jahre seines politischen Lebenswerks nicht meistern können.

Lotte Wehner, Gretas Mutter, starb 1979. Nachdem er aus dem Bundestag ausge-schieden war, heirateten Herbert Wehner und Greta Burmester am 16. Mai 1983 in Bonn. Für beide war dies die Bestätigung eines langen gemeinsamen Weges, und für Herbert Wehner erwies sich diese Ehe als lebensnotwendig. Denn er erkrankte bald an einer durch den Diabetes entstandenen Demenz, und die letzten Jahre bis zu Wehners Tod in Bonn am 19. Januar 1990 waren Jahre der aufopferungsvollen und umsichtigen Pflege durch seine Frau.“ 2)

Herbert Wehner heiratete Greta Burmester auch deshalb, damit sie nach seinem Tod finanziell abgesichert sein sollte.

Nachdem Herbert Wehner verstorben war, wurde Greta Wehner 1992 Mitbegründerin des Herbert-Wehner-Bildungswerkes in Dresden. Außerdem engagierte sie sich: „in der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft, hielt Vorträge zum Thema Pflege von Menschen mit Demenz. Sie kam immer öfter in den neu hinzugekommenen Osten Deutschlands, unter anderem nach Brandenburg und Sachsen, wo sie den dortigen Sozialdemokraten Mut machte und wo sie Verbundenheit zu den Menschen dort spürte. Der Gedanke, ‚etwas von Herbert in seine Heimat zurückzubringen‘, führte zu einer weiteren tiefgreifenden Entscheidung. Greta Wehner beteiligte sich an der Gründung des Herbert-Wehner-Bildungswerks in Dresden und wurde die Ehrenvorsitzende von dessen Förderverein. Sie selbst zog im Juni 1996 von Bonn nach Dresden um. Die Wohnung im Stadtteil Leubnitz-Neuostra enthält die gesamte Einrichtung sowie die Buch- und Archivbestände der Wehner‘schen Reihenhauswohnung in Bonn.

Im Jahre 2003 gründete Greta Wehner die Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung. Dabei ging es ihr darum, ihr Unterstützungswerk für die politische Bildung in Wehners Heimatland Sachsen nachhaltig zu machen und seinen Fortbestand weiter zu sichern. Zu Greta Wehners 80. Geburtstag gab die Stiftung die Sammlung ihrer Reden ‚Erfahrungen. Aus einem Leben mitten in der Politik‘ (edition SZ, 2004) heraus. Als Stifterin unterstützte Greta Wehner die von Christoph Meyer verfasste Biographie ‚Herbert Wehner‘ (dtv-Verlag, 2006) und konzentrierte ihre Spenden fortan auf den Erhalt und den Ausbau von Archiv und Bibliothek der Stiftung. 2010 verlieh der Bundespräsident ihr das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Die damit verbundene Fahrt nach Berlin war Greta Wehners letzte Reise; in den Jahren danach forderten gesundheitliche und altersbedingte Einschränkungen zunehmend ihren Tribut. Aber Greta Wehner blieb eine scharfsinnige Beobachterin des Geschehens um sie herum und in der Welt. Und – das war ihr besonders wichtig – sie lebte, bis fast zuletzt, selbstbestimmt.“ 3)

Herbert Wehner:
„Herbert Wehner wurde als Sohn des Schuhmachers Robert Richard Wehner (1881–1937) und dessen Ehefrau, der Schneiderin Alma Antonie Wehner, geb. Diener (1881–1945), im Haus Spenerstraße 13 im Dresdner Stadtteil Striesen geboren. Sein Vater war Soldat im Ersten Weltkrieg und trat danach in einen lockeren Zusammenschluss von sozialdemokratischen, sozialistischen und kommunistischen Soldaten ein.
Wehner war dreimal verheiratet: 1927 heiratete er die Schauspielerin Lotte Loebinger (10.10.1905 Kattowitz – 9.2.1999 Berlin).“ 4) Sie war die „Tochter einer jüdisch-protestantischen Arztfamilie [und arbeitete] (..) nach dem Schulbesuch [als] Kindergärtnerin, später Verkäuferin in Kiel. Nach dem frühen Tod der Eltern arbeitete sie im Kommunistischen Jugendverband mit. 1925 begann ihre schauspielerische Laufbahn in Breslau. (…). 1929 bis 1931 spielte sie während einer ausgedehnten Tournee des Piscator-Kollektivs durch Deutschland und die Schweiz in dem Stück § 218 (Frauen in Not). In Fritz Langs Klassiker M gab sie 1931 ihr Filmdebüt.
Vor den Nationalsozialisten flüchtete die überzeugte Kommunistin nach Moskau, wo sie Theater spielte (…). Während des Krieges war sie Sprecherin bei Radio Moskau und am Sender ‚Freies Deutschland‘. Nach dem Krieg kam sie 1945 nach Berlin zurück. (…).

In Ost-Berlin spielte sie zunächst am Kleinen Theater unter den Linden, 1950/51 am Deutschen Theater, 1951 am Maxim-Gorki-Theater. (…). Sie war als Darstellerin die ideale Arbeitermutter mit sozialistischer Überzeugung; (…).“5) Lotte Loebinger und Herbert Wehner trennten sich in der Zeit des sowjetischen Exils. Später kam es zur Scheidung.

„In zweiter Ehe war er ab 1944 mit Charlotte Burmester, geborene Clausen, verheiratet, der Witwe des kommunistischen Widerstandskämpfers Carl Burmester. Nach deren Tod 1979 heiratete er 1983 ihre Tochter – also seine Stieftochter – Greta Burmester.“ 6)

Im Internetprojekt „100 Köpfe der Demokratie“ gibt es einen Eintrag zu Herbert Wehner. Dieser soll im Folgenden zitiert werden: „Herbert Wehner galt als der Inbegriff der Streitkultur im Bonner Bundestag. Er polarisierte politische Gegner wie Weggefährten, setzte sich aber auch immer wieder vermittelnd in der Politik ein. Als jahrzehntelanger Parteivorstand und Weichensteller der SPD hat er die Partei, aber auch die bundesrepublikanische Kultur für Jahrzehnte entscheidend mitbestimmt.

Herbert Wehners Vergangenheit als Funktionär der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) war in seiner späteren Zeit im Bundestag immer wieder Thema. Für ihn selbst hatte sich die Frage, ob er weiterhin kommunistischer Parteigänger sein wollte, durch die negativen Erfahrungen des Stalinismus in seiner Zeit in Moskau von 1937 bis 1941 eindrücklich geklärt. Trotzdem erklärte sich auch aus seiner Arbeit in dieser Zeit, dass Wehner in der KPD die Mobilisierung und Organisation politischer Kräfte von der Pieke auf lernte.

In bitterarme Verhältnisse in Dresden geboren, hatte er sich jedoch zunächst der Sozialdemokratie in Sachsen zugewandt und arbeitete als Journalist und Politiker. Doch 1923 löste er sich über den Einmarsch der Reichswehr in Sachsen von der regierenden Partei. Über sozialistische und anarchistische Kreise kam Wehner schließlich 1927 zur KPD und unterstützte die Arbeit Ernst Thälmanns. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten leitete er ab 1935 aus dem Exil den kommunistischen Widerstand und hoffte auf eine Zusammenarbeit mit anderen kommunistischen Gruppen in Europa.

Aufgrund der Erfahrungen in Moskau sagte sich Wehner nach dem Krieg von der KPD los und trat erneut in die SPD ein. 1949 begann seine langjährige Tätigkeit im Bundestag, seit 1969 war er zudem Fraktionsvorsitzender. In dieser Zeit bereitete er maßgeblich eine Regierungsbeteiligung seiner Partei vor, etwa mit dem Godesberger Programm oder dem klaren Bekenntnis zur deutschen Westbindung. Als Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen (1966-1969) setzte er sich zudem für den deutsch-deutschen Dialog und gerade durch seine Verbindung nach Sachsen für eine Ost-West-Annäherung ein. Gleichzeitig wurde sein Zusammenhalten der eigenen Fraktion im Bundestag ebenso wie der verbale Schlagabtausch mit der Opposition und anderen politischen Gegnern zu seinem gefürchteten Merkmal als ‚Zuchtmeister‘. Über sein Verhältnis zu Bundeskanzler Willy Brandt, gerade auch in der Guillaume-Affäre von 1974, wird bis heute gestritten; unstrittig ist, dass sich Wehner als Parteivorstand immer wieder für die Regierungsfähigkeit der SPD einsetzte. 1983 schied Herbert Wehner nach über drei Jahrzehnten aus dem Bundestag aus, die deutsche Wiedervereinigung erlebte er angesichts einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung nicht mehr bewusst mit.“ 7)