Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Hermann-Wüsthof-Ring

Allermöhe (1991): Hermann Wüsthof (7.2.1898 Hamburg-Kirchwerder-23.11.1964 Hamburg), Gemeindevorsteher in Kirchwerder, Gründer der CDU in den Vier- und Marschlanden, Mitglied der Bürgerschaft


Hermann Wüsthof war Gemüsebauer in Kirchwerder. Im Ersten Weltkrieg wurde er 1916 zum Militär eingezogen, 1917 verwundet. 1918 besuchte er die Militärschule, im selben Jahr wurde er erneut verwundet und kam in englische Gefangenschaft. Im Dezember 1919 wurde er aus dem Deutschen Heer entlassen und arbeitete ab 1920 als selbstständiger Landwirt. 1924 wählte ihn der Frucht- und Gemüsebauverein Kirchwerder S. S. zu seinem Vorsitzenden, 1928 wurde er in den Vorstand des Verbandes „Rund um Hamburg“ gewählt, ebenfalls ein Gemüsebauverein. Von 1927 bis 1933 hatte Wüsthof zudem das Amt des Gemeindevorstehers in Kirchwerder inne. Er war deutschnational eingestellt und gehörte dem paramilitärischen Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten an. Dieser Wehrverband, der kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges 1918 zunächst als reiner Interessensverband für Kriegsveteranen gegründet worden war, entwickelte sich zu einem entschiedenen Gegner der Weimarer Republik und der Demokratie. Der Verband war zudem klar antisemitisch eingestellt. Als bewaffneter Arm der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) stellte er bei zahlreichen Parteiversammlungen den (bewaffneten) Saalschutz. Im September 1928 ließ er in der „Fürstenberger Hassbotschaft“ verlauten: „Wir hassen mit ganzer Seele den augenblicklichen Staatsaufbau, seine Form und seinen Inhalt“, weil er ein Hindernis darstelle, „unser geknechtetes Vaterland zu befreien, […], den notwendigen Lebensraum im Osten zu gewinnen und das deutsche Volk wieder wehrhaft zu machen“. Deshalb nannten sich die Stahlhelm-Mitglieder gegen Ende der Weimarer Republik in Abgrenzung zur NSDAP auch „die deutschen Faschisten“. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 übernahm die SA größere Teile des Stahlhelms. Der Rest erhielt 1934 den Namen Nationalsozialistischer Deutscher Frontkämpferbund (Stahlhelm). 1935 löste Hitler auch diese Organisation auf. Ihre Mitglieder durften danach trotz der geltenden Mitgliedersperre in die NSDAP eintreten. Diese Möglichkeit nutzte Wüsthof nicht, er gehörte auch nicht der SA an.

Nach dem Zweiten Weltkrieg trat er in die CDU ein und gründete noch 1945 in den Vier- und Marschlanden eine CDU-Bezirksgruppe. Seine Kandidatur für die Wahlen zur Hamburgischen Bürgerschaft 1946 wurde von den Briten verhindert, der Landeswahlleiter hatte schon sehr früh eine Ablehnungsempfehlung signalisiert. Der Grund: Wüsthofs Stahlhelm-Vergangenheit. Dazu der Historiker Helmut Stubbe-da Luz: „Wüsthof dürfte bereits im Herbst 1945 von den Engländern daraufhin überprüft worden sein, ob er sich als Vertreter der Vier- und Marschlande in der Ernannten Bürgerschaft eignen würde; solch ein Kandidat wurde dringend gesucht, aber man hatte noch keine ‚verantwortliche Person‘ gefunden, ,die nicht zumindest nominell dem Nationalsozialismus ihre Unterstützung gegeben hatte.’“. Als Wüsthof 1949 erneut kandidieren wollte, wurde dies wieder vom Landeswahlleiter beanstandet, die CDU konnte sich jedoch durchsetzen. So wurde er 1949 in die Bürgerschaft gewählt, der er bis zu seinem Tod 1964 angehörte. Von 1953 bis 1957 vertrat er allerdings nicht die CDU, sondern den so genannten Hamburg-Block. Bereits zur Wahl 1949 hatten sich CDU und FDP zum Vaterländischen Bund zusammengetan, um die Wahl der SPD zu verhindern, traten jedoch noch getrennt an. 1953 schlossen sich die Deutsche Partei (DP) sowie der Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) dem Vaterländischen Bund an und alle vier Parteien stellte sich nun gemeinsam als Hamburg-Block (HB) zur Wahl. Mit 50 Prozent der Wählerstimmen stellte der Hamburg-Block daraufhin den Senat. Nach einer folgenden Änderung des Wahlrechts zum reinen Verhältniswahlrecht mit 5-Prozent-Klausel fiel der HB wieder auseinander und CDU, FDP sowie DP stellten sich 1957 wieder getrennt zur Wahl.

Neben seinen Bürgerschaftsaktivitäten war Wüsthof seit 1949 Deputierter bei der Behörde für Ernährung und Landwirtschaft und gehörte der Bezirksversammlung Bergedorf, dem Ortsausschuss sowie dem Ortsamt der Vier- und Marschlande an, Letzteres als dessen stellvertretender Leiter. Seit 1954 war er zudem Mitglied im Aufsichtsrat des VHH Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein, außerdem Mitglied der Hauptversammlung der Hamburger Sparcasse von 1827 sowie des Beirats der Filiale Bergedorf.

Text: Frauke Steinhäuser