Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Jacobsenweg

Stellingen (1964), Adrian Jacobsen (9.10.1853 Risoy bei Tromsö - 18.1.1947 Tromsö), Forschungsreisender für Hagenbecks Tierpark.


Siehe auch: Hagenbecksallee und Hagenbeckstraße

In Wikipedia steht über Jacobsen: „Johan Adrian Jacobsen war ein norwegischer Ethnograph und Forschungsreisender. Als Kapitän und autodidaktischer Ethnologe arbeitete er für die Völkerkundemuseen in Hamburg und Berlin und als ‚Werber‘ für die Völkerschauen von Carl Hagenbeck [siehe: Hagenbeckstraße und Hagenbecksallee] in Hamburg. Während der World’s Columbian Exposition stellte Jacobsen im Namen von Carl Hagenbeck eine Sammlung aus rund 600 Objekten von 25 nicht-europäischen Kulturen aus. Diese wurde zu einem Grundstein der Sammlung des Field Museum of Natural History in Chicago.“ 1)

Johan Adrian Jacobsen entstammte einer Fischerfamilie in Norwegen, die auf einer Insel lebte und sich „mit dem Sammeln von Vogeleiern ernährte. Das meiste Geld machten sie mit dem Handel von Gänsedaunen. Diese verkauften sie an russische Seeleute.“ 2)

Jacobsens Mutter hieß Erika Pauline Eriksdatter, sein Vater Jacob Carl Gregoriusen.

Jacobsen, der noch zwölf Geschwister hatte, war schon früh zur See gefahren und konnte bereits mit 16 Jahren selbstständig ein Schiff fahren.

„1874 verließ Jacobsen die norwegische Insel und ging nach Hamburg. Dort arbeitete er zwei Jahre im Geschäft eines älteren Bruders und lernte Deutsch. Die Sehnsucht nach dem Wasser und nach Reisen trieb ihn für ein Jahr nach Chile, wo er sich als Steuermann, Bäckergehilfe, Fischer und Dockarbeiter durchschlug. Als er 1877 wieder nach Hamburg zurückkehrte, suchte Carl Hagenbeck jemanden, der eine ‚Eskimo-Schau‘ und eine entsprechende ethnographische Sammlung zusammenstellte. Jacobsen stellte sich vor, erhielt den Auftrag und war schon wenige Wochen später auf der Brigg ‚ Walfisch‘ unterwegs nach Grönland (…).“ 3)

Adrian Jacobsen reiste für Hagenbeck auch in andere Länder, so zum Beispiel nach Lappland und brachte Sami für Hagenbecks Völkerschauen mit. In Wikipedia heißt es dazu: „Johan Adrian Jacobsen war als Agent beteiligt an vielen der etwa fünfzig Völkerschauen von Carl Hagenbeck, die zu dessen Lebzeiten stattfanden. Er trug maßgebliche Verantwortung für die Völkerschau der ‚Eskimos‘. Während der Schauen züchtigte er einen Inuit mit der Peitsche und gab sich in seinem Tagebuch die Schuld für den Tod der achtköpfigen Gruppe, [ Familie Ulrikab] weil er vergessen hatte, sie gegen Pocken impfen zu lassen. Auch für die in Hagenbecks Auftrag erfolgte Verschleppung von elf Kawesgar für Hagenbecks Völkerschau der ‚Feuerländer‘ ein Jahr später war Jacobsen verantwortlich. Während dieser Schau verstarben sieben Menschen ebenfalls aufgrund mangelnder medizinischer Fürsorge.“ 4)

In Jacobsens Tagebucheintragungen ist über den Tod der Familie Ulrikab, die an den Pocken starb, zu lesen: „Wir hatten keine von uns bei der Ankunft im Hamburg in September daran gedacht, die Leute impfen zu lassen. Die Grönländer hatte ich im 1877 bereits im Grönland impfen lassen, und hier wurde es Vergessen. Es kahm wohl daher dass ich wie wir gesehen den ganzen Sommer Krancklich war und bei unser Ankunft in Hamburg selber im Hospital mussten (…).
[…] [13. Januar 1881]. Heute Aben 9 Uhr starb unser lieber Abraham – ich kann es kaum sagen was ich empfinde. Der sowohl als Tobias habe mir auftrag gegeben, seine Verwanten in Labrador sein Zugute haben zuzustellen (Jacobsen, Tagebuch: 149).
[und ergänzte später] Dieses Testament hat Hagenbeck treulich ausgeführt, und noch Verschiedenes zugefügt (ibid.).
[Er schilderte schließlich voller Gewissensbisse Ulrikes Tod]: Sonntag den 16 Heute Morgen 2 Uhr starb Ulricke den letzte von die 8 ‚entzetslich‘ sol ich indireckt schuld am Ihren tod sein? Muste ich grade die armen brawe Leute von Ihren Heimat führen am in ein fremd Erde Ihren Grab zu finden? O! Wie ist es alles ganz andres gekommen als ich gedackt hatten, es ging am anfang alles so schoin. Wir hatten uns erst jetzt alle kennen lernen und liebgewonnen (…).
[Ebenso in der mit anderem Stift gemachten Randbemerkung zu diesem Datum] Nachtrag am Rand: Als ich kurz nach 12 Uhr nachts nach Ulricke sah merkte ich dass auch sie bald ausgekempft hätten. Ich versuchte ihr zu trösten, dann winckten Sie ab mit die Hand, als wollte Sie nichts mehr von mir sehen. Es war ja auch kein wunder denn Sie woste dass alle andere vorausgegangen waren. So fuhle ich mich gewisser Masen schultig in diese Ungluckliche Menschen Ihr Tot, ob unbeabsichtigt. Were ich nicht nach Labrador gekommen, so lebten sie wie alle ihr Verwanten noch (…).[…]“. 5)
Über die Familie Ulrikab hat Miriam Gröpl einen Artikel verfasst, der in Hamburg Geschichtsbuch unter: https://geschichtsbuch.hamburg.de/epochen/kolonialismus/das-schicksal-der-familie-ulrikab-inuit-bei-hagenbeckeine-inuitfamilie-bei-hagenbeck-das-schicksal-des-abraham-ulrikab/ nachzulesen ist.

Johan Andrian Jacobsen unternahm auch Forschungsreisen im Auftrag des Königlichen Museums für Völkerkunde in Berlin. So war er u. a. in Indonesien, Java, Australien und Neuguinea, Russland, Sibirien, Sachalin, Korea, Japan, British Columbia, an der Westküste Südamerikas etc. Von überall dort brachte er bedeutende Sammlungen mit, die in Museen von Berlin, Leipzig und Oslo und später auch in Köln, Lübeck und Freiburg aufgenommen wurden. 6)

Den Kontakt zum Berliner Museum erhielt er, nachdem er 1880 die Inuit bestattet hatte und nun deren Besitz verkaufen wollte. Dadurch kam er in Kontakt mit: „Adolf Bastian, Gründungsdirektor des Berliner Museums für Völkerkunde und namhafter Verfechter des Evolutionismus – jener verhängnisvollen Ideologie, die davon ausging, dass die europäischen ‚Kulturvölker‘ höher entwickelt seien als die indigenen. Im Fortschreiten der Entwicklung, so waren Leute wie Bastian überzeugt, seien die indigenen Völker dem Untergang geweiht. Mit diesem Adolf Bastian sollte Jacobsens Leben eine Wendung bekommen. ‚Am Mittwoch den 27. Juli 1881‘, notierte er, ‚erhielt ich durch Herrn Director Bastian in Berlin den Auftrag, für die Ethnologischen Sammlungen des Königlichen Museums eine mehrjährige Reise nach der Nordwestküste von Nordamerika behufs Einsammelns und Erwerbens ethnographischer Gegenstände zu unternehmen.‘ Er kam in Kontakt zum Volk der Yupik und der Denaina, studierte indigene Tänze, Rituale und Theateraufführungen. Und kaufte Alltags- und Kultobjekte – vom Angelhaken bis zum Bärentanzkostüm. Als Jacobsen zwei Jahre später nach Berlin zurückkehrte, hatte er gut 7.000 Objekte gesammelt. (…). Die meisten Gegenstände hatte er den indigenen Völkern abgekauft; manche aber dreist aus Gräbern und Kultstätten geklaut“,7) schreibt Ralf Hanselle.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gab deshalb 2017 unrechtmäßig „erworbenen“ Stücke an die Chugach Alaska Corporation zurück.

Jacobsen nahm auch menschliche Überreste mit. So „entfernte er ‚für wissenschaftliche Untersuchungen‘ (…) einen Schädel aus einem Grab und zog damit den Zorn der Ingalik – Nachbarn der Yup’ik, aber im Gegensatz zu diesen keine ‚Eskimo, sondern ‚Indianer‘ auf sich. Bei anderen Gelegenheiten entnahm er ebenfalls menschliche Überreste aus Gräbern, was seinerzeit jedoch von der indigenen Bevölkerung nicht bemerkt wurde oder in einem speziellen Falle Jacobsen zufolge nicht beanstandet worden sei.“ 8)

1885 heiratete Jacobsen in Dresden Alma Hedwig Kloppfer (16.12.1862-20.11.1937 Hamburg Stellingen). Das Paar bekam vier Kinder, die in den Jahren 1886, 1887, 1895 und 1897 in Dresden geboren wurden. 9)

In Zeiten, in denen er keine Aufträge hatte, „arbeitete Jacobsen im Strohgeschäft seines Schwagers, vertrat die Firma Hagenbeck auf der Weltausstellung 1893 in Chicago, leitete für kurze Zeit ein Hotel in Berlin und führte ab 1895 mit seiner Frau ein Restaurant in Dresden. 1907 übernahm er das Restaurant in Hagenbecks neu eröffnetem Tierpark in Stellingen bei Hamburg, das er bis 1920 leitete. Durch die Inflation ohne Ersparnisse, verdiente sich der inzwischen 70-jährige Jacobsen seinen Lebensunterhalt durch Jagdreisen ins Polarmeer, organisierte 1926 eine letzte Völkerschau mit Lappländern aus Norwegen und bezog schließlich bis 1935 als Pensionär des preußischen Staats eine Rente von 80 Reichsmark. Im Zweiten Weltkrieg kehrte er unter einigen Schwierigkeiten zu seinen Verwandten nach Norwegen zurück, wo er 1947 über 90-jährig starb.“ 10)