Jessenstraße
Altona-Altstadt (1950): benannt nach Matthias Jessen (21.11.1641 Großenwiehe -7.3.1712 Altona), Präsident in Altona, und seinem Sohn Matthias Jessen (1677-1736), Präsident in Altona.
Vor 1950 hieß die Straße Große Westerstraße. In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Altonaer Westerstraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1950 bei Große Westerstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Matthias Jessen war der Sohn von Margarethe Jessen, geborene Lange und des Pastors Johannes Andreas Jessen.
Nach dem Studium der Theologie und der orientalischen Sprachen arbeitete Jessen als Hofmeister bei Hans Rumohr auf Gut Rundhof. Dort unterrichtete er vier Jahre lang den Sohn des Hauses. Danach studierte Jessen von 1670 bis 1673 Jura in Jena und schloss das Studium mit der Promotion ab. Nun arbeitete er als Hofgerichtsadvokat und schrieb juristische Beiträge, die er veröffentlichen ließ.
In dieser Zeit heiratete Jessen 1673 im Alter von 32 Jahren die fast gleichaltrige Eva Chemnitz (18.11.1642 Jena – 3.12.1703), „Tochter eines Jenaer Theologieprofessors und Witwe des Eisenberger Superintendenten D. Johann Friedrich Gerhard“. 1). Das Paar bekam sechs Kinder (geboren: 1673, 1675, 1677, 1681, 1683, 1684) und Jessen wurde Präsident der Stadt Altona. Zu seinen Aufgaben, die er 30 Jahre in seiner Amtszeit als Präsident ausübte, gehörten u. a. das Führen der Geschäfte des Altonaer Magistrats. Dagmar Bickelmann schreibt über Jessens weitere Arbeiten. Er „trug die Verantwortung gegenüber dem König für die gesamte Stadtverwaltung und Gerichtsbarkeit. Außerdem beaufsichtigte er zusammen mit dem Propst das Kirchen- und Schulwesen." 2) Gleichzeitig relativiert Dagmar Bickelmann den Verantwortungsbereich Jessens, indem sie äußert: „Insgesamt dürfen seine Kompetenzen jedoch nicht überschätzt werden, denn es handelte sich in Altona um eine absolutistische stark zentralisierte Verwaltung, in der Entscheidungen weitgehend nicht vor Ort, sondern durch die Deutsche Kanzlei bzw. den König selbst getroffen wurden.“ 3)
Jessen erhielt 1685 den Titel Kanzleirat und wurde 1693 zum Justizrat und 1696 zum Etatsrat ernannt 4)
In Wikipedia ist über die Situation in Altona, als Jessen dort Präsident war, nachzulesen: „Während seiner Amtszeit entwickelte sich Altona rasant. Im Zeitraum von 1664 bis 1710 vervierfachte sich die Zahl der Einwohner vom 3000 auf 12.000 Personen, was mit regen Bautätigkeiten einherging. Neben dem Neubau des Turms der späteren Hauptkirche St. Trinitatis erhielt Altona 1688 ein neues Rathaus. Bei der Besetzung Altonas durch schwedische Truppen während des Großen Nordischen Kriegs konnte Jessen die Brandschatzung von ursprünglich geforderten 50.000 Reichstalern auf 30.000 Reichstaler reduzieren. (…).
Eine mit den Pfälzischen Erbfolgekriegen verbundene Seeblockade ließ die Handelsgeschäfte in Altona florieren. Gemeinsam mit seinem Bruder bürgerte Matthias Jessen auswärtige Kaufleute in Altona ein. Die teilweise gegen hohe Bezahlung vorgenommenen Einbürgerungen ermöglichten es den Händlern, mit dänischen Seepässen Geschäfte unter dänischer Flagge abzuwickeln“ 5)
Über Jessens Amtszeit schreibt Dagmar Bickelmann u. a.: „Die Verwaltung in Jessens Amtszeit war durch Missstände gekennzeichnet, wie die Untersuchung einer 1703 eingesetzten königlichen Kommission, die die Eintreibung der Abgaben und die Amtsführung der Beamten in der Herrschaft Pinneberg überprüfte, ergab. Unregelmäßigkeiten und Eigennutz gab es praktisch in allen wesentlichen Bereichen der Altonaer Administration und Justiz. (…) Unsaubere Amtsführung und Bestechlichkeit gehörten durchaus zu den bezeichnenden Zügen des Beamtentums in dieser Zeit. Allerdings war in Altona nach den Feststellungen der Kommission das Ausmaß – mitbedingt durch die besondere Verfassung der Stadt – größer als anderswo. Nachfolger wurde folgerichtig nicht Jessens ältester Sohn, Johann Christian, der ihm seit 1703 als Vizepräsident beigegeben war (…), sondern Friedrich IV. berief Claus Claussen, der angeblich in jungen Jahren bei ihm Kammerdiener gewesen war.“ 6)