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Auerbachstraße

Iserbrook (1952): Berthold Auerbach (28.2.1812 Horb am Neckar – 8.2.1882 Cannes), Schriftsteller, Freimaurer, deutscher liberaler Kulturpolitiker


Auerbach, eigentlich Moses Baruch Auerbacher, wurde als neuntes Kind von Ethel, Tochter eines jüdischen Wirtes und des Handelsmanns Jakob Auerbach geboren.

Ursprünglich sollte Berthold Auerbach Rabbiner werden, doch er entschied sich für ein Jurastudium. Kerstin Sarneck beschreibt in ihrer Abhandlung „Erfolgreich gescheitert. Berthold Auerbach und die Grenzen der jüdischen Emanzipation im 19. Jahrhundert“ Auerbachs Studien- und ersten Berufsjahre. Mit dem Jurastudium begann: „er 1832 in Tübingen, entschließt sich dann aber für ein Studium der Philosophie und jüdischen Theologie. (….) Er tritt der verbotenen radikal-liberalen Burschenschaft ‚Germania’ bei und setzt aufgrund des zunehmenden politischen Drucks auf die Tübinger Universität vom Sommer 1833 an sein Studium in München fort, (…). Einer vertraulichen Warnung folgend kehrt er nach Württemberg zurück, um einer Verhaftung in Bayern zu entgehen, die ihn aber dennoch ereilt. Er wird lediglich in dem Sinne begnadigt, dass er vorerst seine Studien in Heidelberg fortsetzen darf. Dort ist er weiterhin als Student der jüdischen Theologie immatrikuliert, besucht aber zugleich Veranstaltungen in Philosophie, Geschichte und Literaturwissenschaft. Jahrelang ringt er, wie die Unentschiedenheit seiner Wahl der Studienfächer zeigt, mit der Entscheidung für oder gegen den Rabbinerberuf, absolviert die Ausbildung zum Rabbiner schließlich doch und gibt erst während der Examensvorbereitungen im Dezember 1835 gezwungenermaßen diese Berufsaussicht auf, als er erfährt, dass ihm aufgrund seiner früheren Verhaftung die Zulassung zum Rabbinerexamen verweigert wird. Zu dieser Zeit betätigt er sich bereits als Rezensent bei der durch August Lewald (1792–1871, (…) herausgegebenen Zeitschrift Europa und verfasst unter dem Pseudonym Theobald Chauber (…). Im gleichen Jahr, 1836, erfolgt Auerbachs Verurteilung für seine frühere Tätigkeit als Burschenschafter zu zwei Monaten Festungshaft auf dem Hohenasperg (vom 8. Januar bis zum 8. März 1837). Er nutzt diese Zeit zu literarischer Tätigkeit und verfasst seinen ersten Roman Spinoza, der 1837 erscheint – zu einem Zeitpunkt, da der Philosoph, der im 17. Jh. als Apostat mit dem Bannfluch der jüdischen Gemeinde belegt wurde, noch weitgehend aus dem jüdischem Bewusstsein verdrängt ist. Damit ist Auerbach einer der ersten deutsch-jüdischen Autoren, die eine explizit jüdische Thematik wählen. (…)

Auf der Suche nach einer sicheren Anstellung bewirbt sich Auerbach (trotz des verhinderten Rabbinerexamens) im Februar 1840 um eine Predigerstelle in Hamburg und beschließt, als seine Bewerbung abgelehnt wird, endgültig von einer beruflichen Beschäftigung mit der Theologie abzusehen.“ 1)

1843 erlangte Auerbach mit seinen „Schwarzwälder Dorfgeschichten“ den Durchbruch als Schriftsteller. Dadurch: „findet Auerbach zu einem sicheren finanziellen Auskommen, das es ihm 1845 erlaubt, das Angebot einer Oberbibliothekarstelle in Weimar abzulehnen.“ 2)

„Dem zunehmenden Antisemitismus in Deutschland stand er am Ende seines Lebens verbittert gegenüber und konstatierte: ‚Es ist eine schwere Aufgabe, ein Deutscher und ein deutscher Schriftsteller zu sein, und noch dazu ein Jude‘. Bereits zuvor schrieb er: ‚Will sich aber der Jude frei und selbständig, mit dem ganzen Gehalte einer eigentümlichen Persönlichkeit, neben sie, oder gar gegen eine ihrer Tendenzen stellen, so brechen die Spuren eines nur überdeckten Judenhasses hervor.‘ 3)

1846 lernte Auerbach seine zukünftige Ehefrau kennen, und zwar nach einem Gottesdienstbesuch auf dem Wege zurück nach Hause. Über das Eheleben von Berthold Auerbach heißt es in Wikipedia: „1847 heiratete Auerbach in Breslau Auguste Schreiber [18.11.1825 Wrodclaw – 4.4.1848 Heidelberg]. (…) Am 4. März 1848 wurde Sohn August geboren. (…) Das Milchfieber bei Auerbachs Frau zog sich den Monat März über hin, zwischen 16. und 20. März hoffte Auerbach auf Besserung. Am 3. April 1848 nahm er noch an den letzten Verhandlungen des Vorparlaments teil. Am folgenden Tag starb Auguste Auerbach. (…).“ 4)

Auerbach litt unter dem Tod seiner Frau. Im November 1848 schrieb er: „‚Ich habe seit dem Tod meiner Auguste noch keine einzige Stunde mich dem Daseinsgefühl hingegeben. Mein liebster Wunsch ist jeden Morgen und jeden Abend, dass ich sterben möge, und wenn mein Kind nicht wäre, so wäre ich auf den Wiener Barrikaden gewiss gefallen.‘“ 5) „‘Wie in einem Nervenfieber geht er in jenem ganzen Sommer durch die Welt. Er sieht und hört wie durch sieben Schleier‘. Der kaum gegründete Hausstand ist für immer zerstört, ‚sein ganzes Sein wieder in Frage gestellt, ärger als in den Tagen jugendlichen Sturmes und elendester Verlassenheit‘“, heißt es in der Neuen Deutschen Biographie über Berthold Auerbach. 6)

Schließlich ließ Auerbach sein Kind in Breslau zurück, um nach Wien zu fahren, wo er: „In den Wirren der Wiener Revolution (…) einen neuen Lebenssinn [suchte]. Obgleich er nicht auf den Barrikaden kämpfte, begab er sich in Lebensgefahr. Er fieberte mit den Revolutionären und verteidigte speziell die Frauen.“ 7) So stammt von ihm der Satz: „Eine Sache ist siegreich, wenn großgesinnte Frauen für sie begeistert sind.“

„In Wien lernt er in jenen Tagen auch Nina Landesmann [geb. 1824], die Schwester [des Literaten] Hieronymus Lorm, kennen, mit der er sich im April 1849 in Eisgrub verlobt, nachdem er im März eine heftige Erkrankung überwunden hat. Am 1. Juli 1849 findet die Vermählung statt. Sein neuer Wohnsitz wird Dresden (1849 bis 1859),“ 8), ab 1860 dann Berlin.

„Auerbachs rasche Neuvermählung am 1. Juli 1849 in Eisgrub bei Wien stößt auf das Unverständnis der Verwandtschaft Augustes, sein Schwiegervater Moritz Schreiber reagiert jedoch verständnisvoll und bleibt ihm lebenslang verbunden. Während Auerbach in seinen Briefen auch nach Jahrzehnten noch liebevoll an Auguste denkt, schweigt er über Nina. Wird sie doch erwähnt, so lediglich in der allgemeinen Formulierung ‚meine Frau‘. Ob diese Diskrepanz Schlüsse auf die Qualität seiner Beziehung zu Nina zulässt, ist aus den veröffentlichten Briefen des Briefwechsels, (…) nicht ersichtlich,“9) äußert Kerstin Samecki.
Das Paar bekam drei Kinder (geboren: 1850, 1852, 1855).

Der mit Auerbach bekannte Literatur- und Kunsthistoriker Hermann Hettner berichtete über die Ehe Auerbachs mit seiner zweiten Frau Nina: „(…) obgleich die Frau ein sehr leeres und eitles Geschöpf ist, nichtsdestoweniger die Hauptschuld auf des Mannes Seite liegt. Ungezügelte Tyrannei und brutaler Jähzorn sind leider aus den Zügen des ‚gemütlichen‘ Dorfgeschichtendichters nicht zu tilgen‘ (27. Juni 1855: K.H., S. 140).“ 10) Und weiter schreibt Hettner über Auerbachs ausgeübte häusliche Gewalt: „‘Bei Auerbach sieht es traurig aus. Alle Tage Prügel und doch jedes Jahr ein Kind.‘ (9. Oktober 1856: K.H., S. 162.)“ 11)