Kopernikusstraße
Rahlstedt (1931): Nikolaus Kopernikus (19.2.1473 Thorn – 24.5.1543 Frauenburg/Fromborg/Polen), Astronom.
Nikolaus Kopernikus (latiniert), eigentlich Niklas Koppernigk, war ein bedeutender Astronom, aber auch Arzt und Domherr des Fürstentums Ermland in Preußen. „In seinem Hauptwerk De revolutionibus orbium coelestium von 1543 beschreibt er ein heliozentrisches Weltbild, nach dem die Erde ein Planet sei, sich um ihre eigene Achse drehe und sich zudem wie die anderen Planeten um die Sonne bewege. Die Rezeption des Werkes führte zu dem Umbruch, der als ‚kopernikanische Wende‘ bezeichnet wird und in der Geschichtswissenschaft eine der Zäsuren darstellt, die den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit markieren.“ 1)
Nikolaus Kopernikus war der Sohn von Barbara Koppernigk, geborene Watzenrode und des Kupferhändlers und Schöffen in Thorn, Niklas Koppernigk. Dieser starb, als Nikolaus zehn Jahre alt war. Sein Onkel, der Fürstbischof von Ermland, Lucas Watzenrode, nahm Nikolaus und dessen ältesten Bruder Andreas auf und kümmerte sich um ihre Ausbildung. Die beiden Schwestern von Nikolaus Kopernicus kamen nicht in den Genuss einer Ausbildung durch den Onkel. Nikolaus Schwester Barbara Koppernigk (geboren zwischen 1464 und 1470 in Thorn - nach 1517 Kulm) wurde 1499 Äbtissin im Kloster von Kulm. Die andere Schwester Katharina heiratete einen Kaufmann.
Nikolaus Kopernikus besuchte die Pfarrschule Sankt Johann in Thor, danach ging er mit fünfzehn Jahren auf eine höhere Schule. Zwischen 1491 und 1494 studierte Kopernikus an der Universität in Krakau, machte dort aber keinen Abschluss. Er besuchte dann die Universität Bologna, wo er auch Astronomie studierte. Dort wurde er in die Theorien zur Bewegung der Planeten unterwiesen. Im Jahr 1500 ging Kopernikus nach Rom und studierte ab 1501 an der Universität Padua Medizin und Jura
„Zum Doktor des Kirchenrechts (…) wurde Kopernikus am 31. Mai 1503 an der Universität Ferrara promoviert. Einen akademischen Grad in der Medizin erwarb er nicht.
1503 kehrte er ins Ermland zurück und begann zunächst als Sekretär und Arzt für seinen Onkel Lucas Watzenrode, den Fürstbischof des Ermlandes, zu arbeiten. Kopernikus wurde Arzt und bekam durch seinen Onkel eine Stelle im ermländischen Domkapitel in Frauenburg, (…).“ 2)
In der Neuen Deutschen Biographie schreibt Hans Schmauch über Kopernikus‘ weiteren Lebensweg ab 1510: „Als residierendem Domherrn oblagen ihm (…) gewisse Verpflichtungen; neben der Teilnahme am täglichen Chorgebet und an gelegentlichen Kapitelsitzungen nahm ihn auch die Verwaltung der Ämter in Anspruch, die das Kapitel ihm übertragen hatte. (…) Vor allem lag vom November 1516 bis dahin 1519 in seinen Händen die Verwaltung des weltlichen Herrschaftsgebietes, das dem ermländischen Domkapitel unterstand. Als Kapitels-Administrator oder Landpropst residierte er dazumal in der stark befestigten Kapitelsburg zu Allenstein. Von hier aus gebot er sozusagen als Landesherr über die Kammerämter Mehlsack und Allenstein mit den beiden gleichnamigen Städten, rund 120 Bauerndörfern und zahlreichen Gütern, mit ihren Domänen, Seen und Wäldern samt dem dafür erforderlichen Personal. (…)“ 3)
Neben seinen vielen Verwaltungsarbeiten, die Kpernikus zu erledigen hatte, widmete er sich der Wissenschaft und Forschung.
„In seinem unveröffentlichten Commentariolus stellte Kopernikus seine Theorie vom Umlauf der Planeten um die Sonne und der durch die Drehung der Erde bedingten scheinbaren Bewegung der Fixsterne auf. Kurz vor seinem Tode im Jahre 1543 veröffentlichte er seine Schrift De revolutionibus orbium coelestium, in der er die Präzession des Frühlingspunktes durch eine langsame Bewegung der Erddachse erklärte. (…).“4)
Kopernikus und Frauen
Kopernikus hatte wie alle Domherren des Frauenbürger Kapitels die „niederen Weihen“ erhalten und damit auch das Keuschheitsgelübde abgelegt. Wer aber sorgte für ihn? Diese überlebensnotwendige Arbeit besorgte eine Haushälterin, namens Anna Schilling. Dadurch geriet Kopernikus ins Visier der Moralapostel, die die Frau per se als Verführerin des Mannes betrachteten.
Der Kopernikus Biograph John Freely widmet sich diesem Teil von Kopernikus‘ Leben ausführlicher. Anna Schilling quittierte den Dienst bei Kopernikus, nachdem sie geheiratet hatte. Doch die Ehe hielt nicht. Nach ihrer Scheidung arbeitete sie bei einer Frau in Elblag. In moralische Schwierigkeiten geriet Kopernikus, als seine ehemalige Haushälterin mit ihrer neuen Arbeitgeberin einen Jahrmarkt besuchte und dabei bei Kopernikus vorbeikam und dort bei ihm im Hause bis zum nächsten Tag verblieb. Kopernikus wurde eine Liebschaft mit Anna Schilling unterstellt. Bischof Johannes Dantiscus (1485-1548) ermahnte Kopernikus „seine Beziehung zu Anna zu beenden, die ihn noch immer in seiner Curia, dem Stadthaus, besuchte. Kopernikus versprach dies, doch traf er Anna Schilling wohl weiterhin. Nachdem der Bischof Kopernikus erneut ermahnte, rechtfertigte sich Kopernikus ihm gegenüber im Dezember 1538 und begründete seine erneuten Treffen mit Anna Schilling damit, „dass er für seine Curia eine Haushälterin, vorzugsweise eine Verwandte brauche [doch] (…) ‚so war es (…) nicht leicht, unverzüglich eine geeignete Verwandte zu finden (…).‘ In einem weiteren Brief versicherte Kopernikus Mitte Januar 1539 dem Bischof, dass Anna nicht mehr seine Haushälterin sei und er die Beziehung zu ihr beendet habe (…).
Wie sich herausstellte, wohnte Anna allerdings noch in Frauenburg (…). Dantiscus hatte wohl so einen Verdacht gehegt (…).“5) und rügte Kopernikus erneut. Daraufhin nahmen die Domherren das Ganze in die Hand und verbannten Anna Schilling aus Frauenburg.
In den letzten Tagen seines Lebens versuchte Anna Schilling erneut, Kontakt mit Kopernikus aufzunehmen. In einem Brief vom 10. 11. 1543 fragten die Domherren des Ermländischen Kapitels Bischof Dantiscus um Rat, wie sie mit Anna Schilling umzugehen hätten: „Es ist durchaus bekannt, unter welchen Umständen Anna Schilling von hier verbannt wurde. Sie war zu Lebzeiten des ehrwürdigen Doktor Nikolaus dessen Haushälterin. Jetzt scheint sie von Zeit zu Zeit hierherzukommen und mehrere Tage zu bleiben, um sich um ihr Eigentum zu kümmern, (…), denn sie besitzt hier immer noch ein Haus, das sie angeblich gestern verkauft habe. Wir sind nicht sicher, ob es ihr von Rechts wegen untersagt werden kann, hierherzukommen, da das juristische Hindernis unwirksam geworden ist [Tod von Kopernikus, R. B.]. Denn mit der Ursache entfällt auch die Wirkung.‘“ 6)
Der Bischof empfahl, Anna Schilling, die Rückkehr nach Frauenburg zu verweigern. Sollten die Domherren sich aber entschließen, Anna Schilling die Rückkehr zu erlauben, dann sollten sie auf der Hut sein vor dieser Frau, die ihre Verführungskünste auch auf sie – wie sie es einst bei Kopernikus getan hatte - anwenden könnte. Deshalb schrieb der Bischof an die Domherren: „Sie, die aus unserem Herrschaftsbereich verbannt worden war, hat sich zu Euch begeben, meine Brüder. Ich sehe dies eher ungern, gleich aus welchen Gründen. Denn es steht zu befürchten, dass sie mit den Methoden, mit denen sie ihn verwirrte, der vor kurzem von den Lebenden schied, auch von einem von Euch, meine Brüder, Besitz ergreift. Aber wenn Ihr entschieden habt, sie unter Euren Leuten weilen zu lassen, so müsst Ihr darüber urteilen, meine Brüder. Nichtsdestotrotz würde ich es als besser erachten, die Ansteckungskraft dieser Krankheit lieber auf große Entfernung zu halten, anstatt sie einzulassen. (…).“7)