Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Lornsenplatz

Altona-Altstadt (1889): Uwe Jens Lornsen (18.11.1793 Keitum auf Sylt – 11./12.1838 Collonge -Bellerive/Genfer See), Landvogt aus Schleswig-Holstein, Patriot, setzte sich für die Unabhängigkeit der Herzogtümer Schleswig und Holsteins ein.


Siehe auch: Lornsenstraße
Siehe auch: Uwestraße

Uwe Jens Lornsen war der Sohn von Kressen Lornsen, geborene Ufen und des Kapitäns und Ratsmanns Jürgen Jens Lornsen.

Wie Alexander Scharff in seiner Biografie über Uwe Lornsen schreibt, wollte dieser gerne so wie sein Vater Seemann werden, „doch verhinderte der Krieg zwischen Dänemark und England die Ausführung seines Vorhabens“. 1)

Lornsen studierte ab 1816 Rechtswissenschaften. „er war Mitgl. der Kieler Burschenschaft, in der sich damals der deutsche Nationalgedanke durchzusetzen begann.“ 2)

Von den Ideen der Burschenschaften und denen der deutschen Einheit war Lornsen begeistert. Werner Junge schreibt in seiner für die Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte verfassten Biografie über Uwe Lornsen: „Er schwärmte, all dies habe seinem Leben eine ‚ganz andere und höhere Tendenz‘ gegeben. Uwe Jens Lornsen wollte in Haiti und Griechenland für ‚Freiheit und Menschlichkeit‘ kämpfen. Sein Vater stoppte ihn. Er war Maßstab seines Handels und riet ihm energisch, künftig alles ‚romanhafte‘ zu unterlassen. Er fügte sich und ging 1822 nach Kopenhagen, obwohl er davor wenig Interesse gezeigt hatte, ‚die Laufbahn des Beamten fortzukriechen‘.“3) So wurde Lornsen Beamter in der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Kanzlei in Kopenhagen, wo er ab 1826 als Kontorchef und Kanzleirat amtierte. 1830 wurde der zeit seines Lebens ledig gebliebene Lornsen Landvogt auf der Insel Sylt. Auf diese Stelle hatte er sich beworben, denn er wollte fortan: „Ruhe (..) finden, um wissenschaftlich arbeiten zu können. Er wolle sich damit – wie er einem Freund schrieb – auf eine schriftstellerische Tätigkeit vorbereiten, die ‚für eine größere Sphäre, als unsere Herzogtümer darbieten, von Bedeutung werden kann‘. Gegen den Willen seines Vaters bekam er die Stelle.“ 4)

Lornsens politisches Ziel war die Durchsetzung von Verwaltungsreformen und eine die Herzogtümer Schleswig und Holstein verbindende Verfassung, damit ein Gesamt „‘Schleswigholstein‘ eine neue Eigenständigkeit im dänischen Gesamtstaat“ 5) erhalte.

Dies wollte er mittels eines Petitionssturms erreichen. Dafür ließ er eine von ihm verfasste Flugschrift mit dem Titel „Ueber das Verfassungswerk in Schleswigholstein“ in einer Auflage von 9000 Exemplaren drucken und verteilen, in der Hoffnung, dass die Bürger in Kiel und Flensburg die Petition unterschreiben würden. Doch dem war nicht so. Es unterschrieben nur Wenige. Der Kieler Bürgermeister „sprach von ‚Unkunde der bestehenden Verhältnisse, Neuerungssucht und unreifen Ideen eines jungen Mannes‘. Der Rat lehnte es daraufhin ab, die Petition weiterzuleiten. Dem Beispiel folgten die Flensburger.“6)

Einige von Lornsens artikulierten Forderungen wurden durchgesetzt, so zum Beispiel die Trennung von Justiz und Verwaltung und die Schaffung eines Oberappellationsgerichts für Schleswig, Holstein und Lauenburg in Kiel. Für seine Courage musste Lornsen allerdings büßen: Er kam im November 1830 in Haft und wurde im Mai 1831 zu Amtsenthebung und einer Festungshaft auf ein Jahr verurteilt.
Schleswig-Holstein sah er nun: „in engem Zusammenhang mit der deutschen und europäischen Freiheitsbewegung; die höchste Stufe war für ihn die Gründung eines deutschen Staates unter der Führung Preußens, dessen König Kaiser von Deutschland werden sollte.“ 7)

Gesundheitlich ging es Lornsen nicht gut. Nach seiner Haftentlassung ging er nicht mehr seiner beruflichen Tätigkeit nach, sondern flüchtete nach Rio de Janeiro, wo er sich durch das dortige Klima und die dortigen Schwefelquellen Heilung von seiner vermeintlichen Hauterkrankung erhoffte. „Er litt unter dem Wahn, er leide an übel riechenden Hautausschlägen, die ihn für seine Umwelt unerträglich machten. (…). Doch auch dort wurde er aus seinem wohl manisch-depressiven Leiden nicht erlöst.“ 8) 1837 kehrte er nach Europa zurück und lebte bei Genf. Dort schrieb er noch sein Werk „Die Unions-Verfassung Dänemarks und Schleswigholsteins“. Doch er litt weiterhin unter seiner Schwermut. Als dann seine Schwester sich das Leben nahm, die ebenfalls schwermütig war, erschoss er sich am Ufer des Genfer Sees.

Werner Junge resümiert in seinem Lornsen Artikel für die Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte: „Schon sein Freitod 1838 wurde von seinen politischen Weggefährten heroisiert. Für seine Freunde war kein schwerkranker Mann gestorben, sondern ein Held des Vaterlandes. Auch während der schleswig-holsteinischen Erhebung wurde Lornsen als Vorkämpfer für ein freies und deutsches Schleswig-Holstein gefeiert. Doch weder seine Flugschrift von 1830 noch seine Hinterlassenschaft aus dem selbstgewählten Exil in Brasilien fanden Eingang in die weiteren Verfassungsdebatten. Dies, obwohl er seiner Zeit voraus gewesen war und schon 1832 überlegt hatte, ob es nicht sinnvoll sei, das Herzogtum Schleswig nach deutscher und dänischer Nationalität zu teilen. In dem von der konstituierenden Landesversammlung 1848 verabschiedeten ‚Staatsgrundgesetz‘ fanden sich seine Ideen kaum wieder. Trotzdem beeinflußte er das Denken, wurde stilisiert zum ‚treudeutschen und kernfriesischen Freiheitskämpfer gegen das dänische Joch‘. Derart missverstanden überlebte sein Nachruhm auch die preußische Annexion. Denkmäler erinnern an ihn, Schulen und Straßen wurden nach ihm benannt. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde er als einer von dessen Vorkämpfern gefeiert. (…)

Lornsen hatte nie gefordert, Schleswig-Holstein von Dänemark zu trennen. Da er stark beeindruckt war von der deutschen Einheitsbewegung, ist zu überlegen, ob sein Vaterlandsbegriff vor allem die Deutsche Nation betrifft oder doch nicht eher friesisch und schleswigholsteinisch zu verstehen ist. Unabhängig davon, wie der Mythos Lornsen nach dessen Tod gewirkt hat, war er einer der weniger Reformern, deren Ideen unmittelbar gewirkt haben. Unstrittig ist nämlich, dass seine Kritik umfangreiche Umbauten im dänischen Gesamtstaat ausgelöst haben. Die kamen freilich zu spät und konnten das Streben nach Nationalstaatlichkeit nicht mehr aufhalten. Er selber hat sein Wirken bescheiden und dabei durchaus zutreffend eingeschätzt. In einem Brief aus der Rendsburger Festungshaft schrieb er: ‚Ich bin nichts weiter gewesen als die Fliege, welche sich auf dem Gipfel des Schneebergs niedergesetzt und damit eine Lawine in Gang gebracht hat.‘“ 9)