Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Meyerhofstraße

Osdorf (1949): Prof. Dr. Otto Meyerhof (12.4.1884 Hannover – 6.10.1951 Philadelphia/Pennsylvania), Biochemiker, Nobelpreisträger für Medizin.


Vor 1928 hieß die Straße Sedanstraße, Schlacht bei Sedan am 2.9.1870 zwischen deutschen und französischen Truppen.1928 wurde sie umbenannt in Lothringer Straße. In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Egidystraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1949 bei Lothringer Straße und wurde dann in Meyerhofstraße umbenannt. Die Benennung erfolgte noch zu Lebzeiten Meyerhofs. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)

Otto Fritz Meyerhof war der Sohn von Bettina Meyerhof, geborene May, einer Kaufmannstochter aus Hamburg und des Textilkaufmanns Felix Meyerhof. Otto Meyerhof machte sein Abitur in Berlin, wohin die Familie gezogen war. Dann studierte er Medizin.

In der Neuen Deutschen Biographie heißt es über Meyerhofs wissenschaftlichen Werdegang: „1909 wurde er in Heidelberg mit der Dissertation ‚Beiträge zur psychologischen Theorie der Geistesstörungen‘ promoviert. Sie erschien, wie auch der Aufsatz ‚Über Goethes Methode der Naturforschung‘ in den ‚Abhandlungen der Fries’schen Schule‘, deren Mitherausgeber er bis 1937 war.“ 1), Diese Abhandlungen waren von dem Philosophen Leonard Nelson wiederbegründet worden. Um ihn hatte sich ein Freundskreis gebildet, zu dem auch die Mathematikstudentin und Malerin Hedwig Schallenberg (1891-1954) gehörte. Meyerhof und Hedwig Schallenberg heirateten 1914. Doch zuvor wurde Meyerhof 1910 Assistent bei Ludolf v. Krehl in der Heidelberger Medizinischen Klinik, „wo sich die entscheidende Wendung seines Lebens vollzog und er sich unter dem Einfluß von Otto Warburg der Zellphysiologie und Biochemie zuwandte. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Zoologischen Station in Neapel ging er 1912 an das Physiologische Institut der Univ. Kiel, wo er sich 1913 habilitierte. Dort setzte er in den ersten Jahren die Arbeiten über den Mechanismus der Zellatmung fort und fand weitere Beziehungen zwischen Atmung und Gärung.“ 2) Inzwischen waren auch schon zwei Kinder geboren. Der Vater zweier kleiner Kinder, geboren 1916 und 1918, wurde 1918 Professor und führte „wegweisende Untersuchungen über die chemische und energetische Kopplung der einzelnen Reaktionen innerhalb einer biologischen Reaktionskette [durch]. Als Objekt verwendete er vor allem isolierte Muskeln des Frosches, die ein bequem zugängliches Gewebe bilden und sowohl unter aeroben wie anaeroben Bedingungen arbeiten. Kalorimetrische Messungen der Umwandlung von Kohlenhydraten in Milchsäure führten zur Einführung des ‚Meyerhof-Quotienten‘ (Äquivalente aerob verschwundener Milchsäure dividiert durch Äquivalente oxidierter Milchsäure), wonach bei der Muskelkontraktion vier Fünftel der aus Glucose gebildeten Milchsäure wieder zu Glucose umgewandelt werden und ein Fünftel energieliefernd verbrannt wird. Weitere Untersuchungen ergaben einen für alle Lebewesen annähernd gleichen Wert und bildeten damit einen wichtigen Hinweis auf prinzipiell gleichartige Lebensvorgänge. Darauf aufbauend ließ sich die Energetik der Muskelkontraktion mit dem Milchsäureumsatz koppeln.“ 3)

1922, im Jahr als das dritte Kind geboren wurde, erhielten Meyerhof und Hill den Nobelpreis für Medizin. „M. war damit der erste deutsche Medizinnobelpreisträger nach dem 1. Weltkrieg. Vier Jahre intensiver Tätigkeit als Privatdozent in der Position eines Assistenten, ohne Mitarbeiter und unter beengten Verhältnissen, reichten zwar aus, um Weltgeltung zu erlangen, genügten aber nicht für die Berufung auf den 1922 neugegründeten Lehrstuhl für Physiologische Chemie in Kiel, wo ihn die Fakultät aus Antisemitismus ablehnte. Vermutlich auf Anraten Otto Warburgs berief ihn die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft 1924 zum Abteilungsleiter an das Dahlemer Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Biologie, (…). Allein durch die beiden jeweils relativ kleinen Abteilungen von M. und Warburg am KWI für Biologie, in denen an den molekularen Abläufen entscheidender Zellvorgänge gearbeitet wurde, und dem von C. Neuberg geleiteten KWI für Biochemie entstand in Berlin-Dahlem ein international bedeutsames Zentrum der molekularen Biochemie, das auf junge Wissenschaftler große Anziehung ausübte. (…). 1929 erhielt M. die Leitung des Instituts für Physiologie am neugegründeten KWI für medizinische Forschung in Heidelberg, wohin ihm die meisten der Dahlemer Mitarbeiter folgten.“ 4) Hier in Heidelberg gelangten Meyerhof noch weitere bahnbrechende Entdeckungen.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Meyerhof 1935 „aus rassistischen Gründen seine seit 1929 bestehende Honorarprofessur entzogen. 1937 erfolgte der Austritt aus der Akademie (…).“ 4)

„1938 flüchtete M. [natürlich mit seiner Familie, R. B.] mit Hilfe seines ehemaligen Schülers A. v. Muralt in die Schweiz und ging von dort aus als ‚Directeur de Recherches‘ an das ‚Institut de Biologie Physico-Chimique‘ nach Paris. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris gelang es ihm 1940, über Spanien und Portugal in die USA zu emigrieren. Durch die Rockefeller Foundation erhielt er eine Forschungsprofessur an der Universität von Pennsylvania in Philadelphia. Dort gingen aus M.s Laboratorium weiterhin grundlegende Beiträge hervor, auch wenn sie nicht an jene heranreichten, die in Kiel, Berlin und Heidelberg entstanden waren.“ 5).

Meyerhof starb 1951 im Alter von 67 Jahren nach einem Herzanfall. Seine sieben Jahre jüngere Frau überlebte ihn um drei Jahre. Ihr hatte Meyerhof über 40 Jahre lang immer wieder „formvollendete liebevolle Gedichte gewidmet, die nach Hedwig Meyerhofs Tod gefunden wurden“. 6) Wenige Monate vor seinem Tod schrieb Meyerhof Ostern 1951 an seine Frau:

„Wars mir vergönnt, auch einen Faden nur
Klar zu erschaun an Gottes Mantels Saume,
So bleibt ein Hauch von meiner Erdenspur
Unlösbar ausgestreut im Sternenraume.
Und alle Liebe, die wir uns geschenkt
In Stunden voller Angst, in Glück und Sehnen
Ward in des Weltalls Tiefe eingesenkt
Und glänzt vor Ihm wie eines Engels Tränen.
So sei getrost, dass nimmer wir vergehn,
Auch wenn wir lösen uns vom Erdenstaube.
Die Seele sucht ein reines Auferstehn
Des Wissens Stückwerk überwölbt der Glaube.“ 7)