Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Philipp-Reis-Weg

Volksdorf (1950): Philipp Reis (7.1.1834 Gelnhausen – 14.1.1874 Friedrichsdorf), Physiker, Erfinder des Telefons.


Vorher hieß die Verkehrsfläche Reisweg.

„Philipp Reis kam als Sohn des Gelnhausener Bürgers und Bäckermeister Karl Sigismund Reis (1807–1843) und der Marie Katharine geb. Glöckner (1813–1835) zur Welt (…) Ein Jahr nach seiner Geburt starb die Mutter, 1843 verlor er seinen Vater. Durch den frühen Tod der Eltern wurde für die Waise der Patenonkel und Namensgeber Philipp Bremer (1808–1863) zum Vormund bestellt. Reis kam zu seiner Großmutter Susanne Maria Fischer (1769–1847) ,“ 1) heißt es in Wikipedia.

2127 Johann Philipp Reis
Johann Philipp Reis; Quelle: via Wikimedia Commons

Und in der Neuen Deutschen Biographie steht über Philipp Reis‘ weiteren Werdegang: „R. kam mit elf Jahren an das Knabeninstitut Garnier in Friedrichsdorf und 1848 an das Hassel’sche Institut in Frankfurt/M. Zwei Jahre später trat er eine kaufmännische Lehre in einer Frankfurter Farbwarenhandlung an. Nebenher bildete er sich durch Privatunterricht in Mathematik sowie an der Gewerbeschule in Mechanik weiter und erlernte auch das Drechseln. Nach einem Jahr an der Polytechnischen Vorschule von Poppe führte er seine Studien selbst weiter, bis er 1855 bei den hess. Jägern in Kassel seine Militärpflicht ableistete. Reisen und naturwiss. Studien in verschiedenen Laboratorien schlossen sich an. Im Frühjahr 1858 erhielt R. eine Stelle als Lehrer im Knabeninstitut Garnier, wo er zunächst Französisch, dann auch Mathematik sowie Physik und Chemie unterrichtete. Als begeisterter Bastler und Experimentator erfand und entwickelte er diverse Geräte, u. a. Rollschlittschuhe und ein Veloziped, das über Hebel mit den Händen in Bewegung zu setzen war. Schließlich wurde das Problem der elektrischen Sprachübertragung bei R. zur Obsession.“ 2)

Auf diesem Gebiet gelang ihm Großes. Oskar Blumtritt beschreibt dies in der Neuen Deutschen Biographie: „Wie andere vor ihm scheiterte er anfänglich, bis ihm 1860 durch das Studium von physiologischen und physikalischen Schriften, u. a. von Hermann v. Helmholtz, der Durchbruch gelang. Auf der Grundlage der Anatomie des Ohrs und der Erkenntnisse über Tonempfindungen konstruierte er 1861-64 verschiedene Formen eines Apparats, den er – in Anlehnung an den Telegraphen – ‚Telephon‘ nannte. Dieses funktionierte nach dem Relaisprinzip, d. h. durch Änderung des Kontaktwiderstands zwischen einem Platinplättchen und einem Platindraht, wobei der Strom in einem geschlossenen Stromkreis analog zu den Tonschwingungen variierte. Dieses Prinzip fand später beim Kohlemikrophon weite Verbreitung.“ 3)

Doch der Durchbruch gelang Philipp Reis mit seiner Erfindung nicht. Dafür gab es mehrere Gründe „Bei R.s Konstruktion waren jedoch Sender und Empfänger so schlecht aneinander angepaßt, daß Musik zwar relativ gut, Sprache aber nur bedingt übertragen werden konnte. R. ließ seinen Apparat in vielen Ländern von renommierten Instrumentenbauern produzieren und vertreiben und machte ihn so international bekannt. Weder dadurch noch durch seine eher laienhaften Vorträge bei naturwissenschaftlichen Gesellschaften erlangte er die von ihm gewünschte Anerkennung. R. dachte zwar an eine technische Weiterentwicklung und an eine industrielle Verwertung seiner Apparate, forcierte sie aber nicht. Auch bekundeten damals weder Telegraphenverwaltungen noch -hersteller Interesse an einem zusätzlichen Nachrichtenmittel. Nach 1864 beschäftigte sich R. nur noch sporadisch mit Verbesserungen seines Telephons. Zwei Jahre nach seinem Tod meldeten in den USA Alexander Graham Bell (1847–1922) und Elisha Gray von ihnen entwickelte Telephone zum Patent an, welche nach anderen Prinzipien funktionierten. Obwohl Bell stets bestritt, daß R.s Telephon ihn beeinflußt habe, ist es doch wahrscheinlich, daß er es zumindest gekannt hat.“ 4)

Philipp Reis starb bereits im Alter von 40 Jahren. Er war an Tuberkulose erkrankt gewesen.

Seine Ehefrau: Margarethe Reis und das Eheleben
Nachdem Philipp Reis 1858 Lehrer in Friedrichdorf geworden war, heiratete er im selben Jahr Margarethe Schmidt (7.1.1836 –11.1.1895), die Tochter von Susanne Schmidt, geb. Ball und des Schneidermeisters Christian Schmidt. Beide kannten sich schon seit Kindertagen, denn Margarethes Vater war später der Vormund von Philipp Reis geworden. „Doch bevor der Tüftler um ihre Hand anhielt, nahm er Maß, ob seine Auserwählte auch in den Größenverhältnissen zu ihm passe. Denn wäre die Braut nur eine Strohhalmsbreite größer gewesen, hätte er nicht um sie geworben, erklärte Reis später oft im Scherz (…).“ 5)

Margarethe Reis brachte beste Voraussetzungen für eine Ehe im damaligen Sinne mit. Nach dem Tod ihrer Mutter – damals war Margarethe sechszehn Jahre alt gewesen und der Wiederverheiratung ihres Vater - wurde sie in die Erziehung ihrer nachgeborenen Stiefschwestern einbezogen.

Gleich nach der Hochzeit erwarb Philipp Reis, der durch das Erbe, das er von seiner Großmutter erhalten hatte, über ein kleines Vermögen verfügte, ein Haus in Friedrichsdorf.

„In der ersten Zeit der Ehe war ‚Gretchen‘, wie Reis liebevoll seine Frau nannte, sehr krank, dem Tode nahe. Philipp half, wo er nur konnte, stellte ein Dienstmädchen an und ersann Erleichterungen für den Alltag. So konstruierte er direkt vor dem Fenster ihres Zimmers im ersten Stock eine Klappe. Seine Frau brauchte nunmehr nur daraufzutreten und die darunter liegende schwere Tür öffnete sich wie von selbst, wenn jemand schellte,“ 6) heißt es auf der Seite des Magistrats der Stadt Friedrichsdorf, der in der Rubrik "Persönlichkeiten" auch Margarethe Reis eine Seite gewidmet hat.

1860 wurde das erste Kind geboren, das allerdings tot zur Welt kam. Ein Jahr später gebar Margarethe Reis die Tochter Elise und zwei Jahre danach den Sohn Karl. Ein viertes Kind starb 1866 ebenfalls unter der Geburt.

Philipp Reis widmete sich seinen Kindern, indem er mit ihnen durch den Taunus wanderte, Spielzeug bastelte, ihnen Geschichten erzählte.

„Margarethe lernte ihren Mann zu besänftigen und mit Liebe zu umsorgen. Rückblickend schrieb später ihr Sohn Charles: ‚Während Reis außer seinem trockenem Humor doch eigentlich ernst veranlagt war, so war seine Frau gerade das Gegenteil. Mit ihrem stets kindlich heiterem Gemüt gewann sie allen Lebenslagen und Verhältnissen die gute Seite ab und erfrischte den ermüdeten, oft verstimmten, von anstrengender Geistesarbeit heimkehrenden Gatten durch muntere Worte.‘“ 7)

Nach dem Tod Philipp Reis‘ ging es der Familie finanziell schlecht, denn „Philipp Reis war kein examinierter Lehrer gewesen und daher seine Witwe auch nicht pensionsberechtigt. Dies zwang die Familie, Räume im Haus (…) zu vermieten, (…). Erst 14 Jahre nach Reis’ Tod, am 1. April 1888, erhielt Margarethe endlich eine Anerkennung für die Verdienste ihres Mannes. Ein Telegramm verkündete: ‚Seine Majestät der Kaiser haben allergnädigst geruht auf Antrag Ihres verstorbenen Mannes mittels allerhöchster Ordre vom 28. März eine fortlaufende Beihülfe von 1000 Mark jährlich aus dem allerhöchsten Dispositionsfond bei der Reichshauptkasse vom 1. April 1888 ab zu bewilligen. Staatssekretär von Stephan.‘ Dies waren die ‚Lichtstrahlen ihres Witwenstandes [...], dass ihr Gatte in der Welt der Gelehrten auch in dem großen Publikum schließlich doch noch diejenige Anerkennung seiner Forscherrechte und Forscherlehre gefunden hat, die ihm jenseits des Oceans Gelehrtenneid und Eigennutz verkümmern wollten.‘“8)