Repgowstieg
Lokstedt (1948): Eike von Repgow (13. Jhd.), Ritter, verfasste den Sachsenspiegel.
Vor 1948 hieß die Straße Mozartweg. Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Repgowweg umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1948 bei Mozartweg. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Eike von Repgow verfasste den Sachsenspiegel und prägte mit diesem Buch die deutsche Rechtsgeschichte.
Prof. Dr. Andreas Roth schreibt über Eike von Repgow: „Über die Person und das Leben von Eike von Repgow, dem Verfasser des Sachsenspiegels, sind nur wenige verläßliche Angaben zu machen. Diese stammen aus Urkunden aus der Zeit zwischen 1209 und 1233. Aus diesen geht lediglich hervor, daß er bei Rechtshandlungen im Grafengericht auftrat.
Geboren wurde er vermutlich 1180 im anhaltischen Dorf Reppichau bei Dessau. Unter anderem wird aus der Tatsache, daß Eike von Repgow das Recht der schöffenbar-edelfreien Leute besonders intensiv wiedergibt, geschlossen, daß er selbst und seine Familie aus dieser Gruppe stammt.
Über seine Schulbildung läßt sich nur wenig sagen, da sichere Beweise hierüber fehlen. Eike war nicht gelehrt, aber gebildet. Er war Dienstmann des Grafen Heinrich von Anhalt und Lehnsmann des Stiftsvogts von Quedlinburg, des Grafen Hoyer von Falkenstein.“ 1)
Und in Wikipedia steht: „Eike von Repgow blieb auf Grund seiner ländlichen Herkunft dem städtischen Leben fremd. Er reiste im Gefolge adliger Herren und lernte dadurch das höfische Leben kennen. Eine besondere Freundschaft verband ihn mit Graf Hoyer von Falkenstein, der zugleich Stiftsvogt von Quedlinburg und vermutlich Lehnsherr von Eike von Repgow war. (…) Seine umfassende Rechtskunde erhielt er als Teilnehmer an Beurkundungen, Verhandlungen und Gerichtstagen beim Grafen Hoyer von Falkenstein. Höchstwahrscheinlich war Eike von Repgow standesgemäß als Schöffe tätig. (…).
Nach 1233 verliert sich die Spur von Eike von Repgow. Sein Todesdatum wie seine Grablege sind unbekannt.“ 2)
Der Sachsenspiegel
„Der Sachsenspiegel war das erste deutsche Rechtsbuch und auch eines der ersten deutschen Prosawerke. Es ist der Versuch, das Recht der Sachsen aufzuzeichnen, zu systematisieren und zu vereinheitlichen. Darin liegt auch die große Leistung Eike von Repgows, denn bis dahin war Land- und Lehnrecht nicht kodifiziert und von Region zu Region aus dem Gewohnheitsrecht heraus unterschiedlich. Entstanden ist das Werk zwischen 1220 und 1230. (…).“ 3)
Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Osnabrück schreibt über den Sachsenspiegel: „ (…) der Sachsenspiegel (…) [galt] nur lokal und nicht, wie beispielsweise das Corpus Iuris Civilis, global. Trotzdem erlangte er in Europa eine Vorbildfunktion für weitere Rechtsschriften. (…) In Teilen Europas erlangte er mit der Zeit die Anerkennung als Gesetzbuch.
Das im Sachsenspiegel überlieferte Recht bestand über einige Jahrhunderte fort und wurde zum Beispiel erst 1794 im Königreich Preußen durch das ‚Allgemeine Landrecht‘, in Thüringen und Anhalt sogar erst 1900 vom ‚Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich‘ abgelöst. (…) .
Zusammenfassend wurden im Sachsenspiegel vorrangig das mündlich überlieferte Gewohnheitsrecht, jedoch auch Teile des römischen und kanonischen Rechts festgehalten. Des Weiteren sind aber auch kirchenrechtliche Einflüsse vorhanden. Insgesamt umfasst er neben dem Vorwort zwei Rechtsbereiche, das Landrecht und das Lehnsrecht. (…).“ 4)
Zur Stellung der Frau im Sachsenspiegel
Jochen Barte widmete sich dem wichtigen Thema der Rechtsstellung der Frau im Sachsenspiegel und schreibt dazu u. a.: „Zur Entstehungszeit des Sachsenspiegels, dem bedeutendsten Rechtsbuch des Mittelalters in deutscher Sprache, wäre es (…) undenkbar gewesen, dass eine Frau selbstständig vor Gericht auftritt und sich artikuliert. Ganz gleich in welchem prozessrechtlichen Verhältnis, sie hätte dazu eines Prozessvormunds, einer Munt, bedurft.“ 5)
Generell stand die Frau stets unter Vormundschaft eines Mannes, sei es als Kind (unter dem Vater, Onkel etc.) oder als Ehefrau (unter dem Ehemann). Dadurch verfügte der männliche Vormund auch über das Vermögen der Frau, auch dann, wenn beide gemeinsam etwas erwirtschaftet hatten.
„Außerdem konnte der Ehemann alle Geschäftsabschlüsse wieder rückgängig machen (…)
Angenehm für den Ehemann war die Tatsache, dass er von der Ehefrau nicht verklagt werden konnte. Er war ja ihr Vormund. Umgekehrt war er aber seinerseits für die Frau haftungsrechtlich verantwortlich, da sie als Mündel seine Schutzbefohlene war. Bei Scheidung der Ehe oder bei Tod des Ehegatten fiel die Ehefrau dann wieder unter die Vormundschaft ihrer Familie bzw. sie erhielt einen Vormund aus der Familie ihres verstorbenen Mannes.“ 6)
Starb der Ehemann, dann „erbte sie erst dann, wenn kein Sohn, Vater oder Bruder des verstorbenen Ehemanns noch lebte. Allerdings durfte sie die ihr bestellten Nutzungsrechte an Grundstücken und Zubehör weiter ausüben. Auch durfte sie die Morgengabe, (…), das Geschenk des Ehemannes an die Ehefrau als Dank für deren körperliche Hingabe, behalten.“7)
Nach Peter Ketsch hatten ledige Frauen und Witwen mehr Rechte als verheiratete Frauen. „Der Vormund der ledigen Frau besaß insgesamt keine personenrechtliche Gewaltbefugnis über sein Mündel wie auch kein Nutzungsrecht am Vermögen der Frau mehr. Seine Aufgaben beschränkten sich weitgehend auf eine Vertretung der Frau vor Gericht, denn diese durfte dort nicht ohne ihren Vormund erscheinen.“ 8)
Ehebruch wurde strafrechtlich nur dann verfolgt, wenn er von einer Frau begangen wurde.
Peter Ketsch äußert auch: „Die Vergewaltigung einer Frau wurde als Kapitalverbrechen allgemein mit Enthauptung bestraft (…). Ausdrücklich schloß der Sachsenspiegel in die Strafdrohung auch die Vergewaltigung einer Prostituierten mit ein (…)." 9)
Repgow und Sklaverei
Im Sachsenspiegel wird, so Egon Flaig, Professor für Alte Geschichte an der Universität Rostock, in seinem Buch „Weltgeschichte der Sklaverei“: „die Leibeigenschaft und – a fortiori – die Sklaverei [verworfen] (…). Unfreiheit sei ein Unrecht, das durch Gewohnheit für Recht gehalten werde.“ 10)
Damals berief man sich auf den christlichen Glauben, wonach der Mensch Gottes Ebenbild sei, und deshalb auch nur Gott allein gehöre.
Professor Sabastian Jobs von der Freien Universität Berlin schreibt in seinen Aufsatz über „Sklaverei und Sklavenhandel“, nachzulesen auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung, dass die zu unterschiedlichen historischen Zeiten betriebene Sklaverei, auch wenn sie „auf den ersten Blick dasselbe Phänomen: das Ausnutzen unfreier Arbeit und, zu diesem Zwecke, die Freiheitsberaubung von Menschen“ 11) war, unterschiedlich zu betrachten sei. „Sklaverei im antiken Rom folgte anderen Regeln als Leibeigenschaft im kaiserlichen China oder Zwangsarbeit im stalinistischen Russland“ 12) oder der Sklaverei, „die mit den europäischen Entdeckungen und Expansionen im atlantischen und südostasiatischen Raum vom 16. bis 20. Jahrhundert verknüpft ist. Diese historische Konstellation brachte spezifische Akteure, Strukturen und Netzwerke hervor, durch die diese Kapitalisierung menschlicher Körper eng mit der globalen Geschichte des westlichen Kapitalismus, Rassismus, aber auch des Widerstands gegen Sklaverei verbunden ist.“13) Von letzterer Form der Sklaverei profitierten zahlreiche Hamburger Kaufleute, nach denen in Hamburg Straßen benannt sind.