Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Rodeweg

Billstedt (1970): Friedrich Gottlieb Theodor Rode (21.7.1855 Hamburg -14.6.1923 Hamburg), Hauptpastor an der St. Petrikirche.


Über Friedrich Rode schreibt Rainer Hering: „Friedrich Rode galt nicht nur als eine der markantesten Predigergestalten in der Hansestadt. Er nahm auch als Politiker eine einflussreiche Rolle ein. Er verband theologischen Liberalismus und soziales Engagement mit politischem Konservatismus, ohne jedoch eine Veränderung der damaligen gesellschaftlichen Strukturen anzustreben.“ 1)

Rode war der Sohn von Charlotte Josepha de Chabert und des Krämers Friedrich Rode.
Nach dem Abitur am Johanneum studierte Rode Theologie und Philosophie und promovierte 1877 zum Dr. phil..1880 wurde er an der St. Petrikirche in Hamburg ordiniert und im selben Jahr dort zum 3. Diakonus ernannt.

1881 heiratete der damals 26-Jährige die damals 25-jährige Gutsbesitzertochter Alice Stauffer (8.5.1856 Steinwehr – 27.5.1937 Hamburg). Ein Jahr später kam das erste von insgesamt acht Kindern auf die Welt.

Während Alice Rode innerhalb von elf Jahren acht Kinder bekam (geboren: 1882, 1883, 1885, 1887, 1888, 1889, 1891 und 1893) und damit schwer zu tun hatte – neben Schwangerschaften auch noch kleine Kinder zu betreuen und großzuziehen – machte ihr Gatte sowohl auf kirchlichem als auch auf politischem Gebiet Karriere.

1885 wurde er Pastor im Nebenamt am Gast- und Krankenhaus in Hamburg und 1894 zum Hauptpastor an St. Petri gewählt. „Seit 1910 war Rode Mitglied des Kirchenrates, daneben gehörte er der Synode an und hatte ab dem 27. Oktober 1920 das Amt des Seniors der Landeskirche inne; von 1919 bis 1921 war er Mitglied des deutschen Evangelischen Kirchentages. Rode wollte die Entfremdung der einfachen Leute und die Loslösung der gebildeten von der Kirche überwinden. Kennzeichnend für ihn waren sein starkes soziales Engagement, sein Interesse an der Hebung der Schulbildung und an der Verbesserung der Wohnverhältnisse der einfachen Bevölkerung. Er war Vorsitzender der Pestalozzi-Stiftung sowie des ‚Wohltätigen Schulvereins zu Hamburg‘,“ 2) schreibt Rainer Hering.

Aber damit nicht genug, Rode verblieb nicht nur im sozialen und kirchlichen Engagement, er ging auch in die Politik. So wurde der damals achtfache Vater von Kindern im Alter von 13 bis zu zwei Jahren 1895 als Abgeordneter in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt. Er gehörte der Fraktion der Rechten an, die sich 1916 in Fraktion der Nationalliberalen Partei umbenannte. Ab 1919 fungierte Rode als Fraktionsvorsitzender der Deutschen Volkspartei in der Bürgerschaft, der er bis 1923 angehörte. Zuvor hatten er und seine Frau drei Söhne durch Tod verloren. Sie waren damals 30, 29 und 25 Jahre alt und waren als Soldaten im Ersten Weltkrieg getötet worden.

„Rode engagierte sich politisch vor allem in Bildungsfragen und sozialen Angelegenheiten. Seit 1892 war er Mitglied der Oberschulbehörde und gehörte in dieser Eigenschaft ab 1897 der Kommission für das Allgemeine Vorlesungswesen an, wo er seitdem Theologie lehrte. (…) . Von 1914 bis 1917 leitete er eine gemischte Kommission aus Vertretern der Oberschulbehörde und der Schulsynode, die über reformpädagogische Schulversuche beriet. Von November 1918 bis Januar 1919 gehörte Rode zu einer Kommission der Oberschulbehörde, die sich mit den Forderungen des revolutionären Lehrerrates befassen sollte. Seine Schulpolitik war auf die Erhaltung der Einheitlichkeit des Schulwesens im Sinne der christlichen Simultanschule des Kaiserreichs ausgerichtet. Weiterhin gehörte er unter anderem dem Bürgerausschuss, der Behörde für öffentliche Jugendfürsorge, dem Waisenhauskollegium, der Kommission für das Museum für Hamburgische Geschichte und dem Kuratorium des Schwesternverbandes der Hamburgischen Staatskrankenanstalten an.“ 3)

Der Schwesternverband hatte sich 1895 gegründet. Damit sollte die Grundlage für eine bessere Ausbildung des Pflegepersonals sowie dessen soziale Absicherung geschaffen werden. Schon seit langem wünschten sich Ärzte wie Kommunalpolitikerinnen und -politiker eine qualifizierte Ausbildung für die Wärterinnen im Krankenhaus – wie sie bereits in anderen deutschen Städten üblich war. Die im Hamburger Krankenhauswesen beschäftigten Pflegekräfte, die hauptsächlich aus der Arbeiterschaft kamen und meist nur über eine dürftige Schulbildung verfügten, erhielten bei Antritt ihrer Tätigkeit im Krankenhaus nur eine kurze Einweisung – was für die zu verrichtenden Tätigkeiten überhaupt nicht ausreichte. Aus diesem Grunde und weil die Erinnerung an die Hamburger Cholera-Epidemie des Jahres 1892 noch sehr gegenwärtig war, bemühten sich die Verantwortlichen um gut ausgebildete und konfessionell nicht gebundene Krankenschwestern in den Krankenhäusern. Dies war das Signal für die Gründung des Schwestern-Vereins. Als am 1.4.1895 der Schwestern-Verein seine Arbeit aufnahm, waren sein Wirkungskreis sowie die Absicherung seiner Mitglieder durch seine Statuten und die Beschlüsse von Bürgerschaft und Senat eindeutig festgeschrieben. Das zum Eppendorfer Krankenhaus gehörende Erica-Haus wurde dem Verein als Wohnung für die Oberin und die auszubildenden Schülerinnen überlassen. Die Stadt Hamburg verpflichtete sich zur Zahlung eines festgelegten Zuschusses zum Pensionsfonds des Schwestern-Vereins. Außerdem wurde der jährlich dem Verein aus der Stiftung zukommende Betrag auf fünf Jahre im Voraus festgelegt. 1897 erhielten die Schwestern ein weiteres Betätigungsfeld: Die Arbeit in der Entbindungsanstalt, die sich damals noch in der Pastorenstraße befand und 1899 zum Krankenhaus Eppendorf verlegt wurde. Als Oberschwester Elise Dietrich am 1.2.1900 mit 19 Schwestern die Versorgung des Allgemeinen Krankenhauses St. Georg übernahm, arbeiteten nun sowohl im AK St. Georg als auch im Krankenhaus Eppendorf auf allen Bereichen Schwestern. Dies hieß auch, dass nur noch wenige Männerstationen von Wärtern betreut wurden. Diese Tatsache führte Anfang des 20. Jahrhunderts dazu, dass in der Öffentlichkeit über das sittliche Verhalten der Schwestern diskutiert wurde. So schrieb Johannes Stangenberger in einem Pamphlet mit dem Titel: „Unter dem Mantel der Barmherzigkeit. Die Schwesternpflege in den Krankenhäusern. Ein Mahnwort an Eltern und Vormünder“: „Hütet Eure Pflegebefohlenen! Hütet Eure Töchter vor der Krankenpflege, und können sie wirklich dem inneren Drange nicht widerstehen, so gebt nicht zu, dass sie in andere als religiöse Schwesternschaften eintreten; ist es ihnen wirklich Ernst mit der Wahl dieses Berufes, so werden sie nur hier wahre, innere Befriedigung finden. Lasst Euch nicht bestechen durch hochklingende Namen von Oberinnen, die in den meisten Fällen um selbstsüchtige und ehrgeizige Bestrebungen willen die Werbetrommel rühren und unter der Firma ‚Nächstenliebe‘ eine ekelhafte Reklame für sich und ihren Verein betreiben (…) In welcher moralischen Verfassung hofft Ihr da Euer Kind wiederzusehen? Glaubt Ihr, dass die Infektionsstoffe der Unsittlichkeit an einem Mädchen nicht haften geblieben sind, das tagtäglich zu den unweiblichsten Verrichtungen herangezogen, missbraucht worden ist? Hinweg daher mit der schrankenlosen Mädchenpflege bei Männern, die auf das Schuldkonto der modernen Frauenemanzipation zu setzen ist, von der ein Moralprediger nicht mit Unrecht gesagt hat, dass sie die grosse Heerstraße geworden sei, auf der die zunehmende Unsittlichkeit die Marksteine aufgerichtet habe. Einer dieser Marksteine ist die grauenhafte Mädchenschändung, wie sie hinter den Krankenhausmauern unter dem Deckmantel der Barmherzigkeit betrieben wird (…).“ Die Schwestern wurden als kalt kalkulierende Frauen beschrieben, die den Schwesternberuf nur aufgenommen hätten, um eine „gute Partie“ zu machen, sprich um einen Arzt oder gutsituierten Patienten zu heiraten. Der Ericaverein führte daraufhin eine Verleumdungsklage gegen den Verfasser – das Verfahren wurde aber nach dem ersten Gerichtstermin wegen Verjährung des Verhandlungsgegenstandes eingestellt.

Alice Rode überlebte ihren Mann um 14 Jahre. In ihrer Zeit als Witwe musste sie auch noch den Tod ihres vierten Kindes, das 1931 starb, verkraften.