Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Ruselerweg

Bergedorf/Lohbrügge (1949): Georg Ruseler (11.1.1866 Obenstrohe -6.3.1920 Oldenburg), Schriftsteller.


Vor 1949 hieß die Straße Wiesenweg. Bereits in der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Ruselerweg umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen kam. Bedingt durch den Krieg kam es nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1949 bei Wiesenweg. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)

Über Ruselers Herkunft und beruflichen Werdegang heißt es in Wikipedia: „Ruseler wurde in Obenstrohe in der damaligen Gemeinde Varel-Land als Sohn des Neuköters Friedrich Ruseler und seiner 2. Ehefrau Sophie, geb. Janssen, geboren. (…).

Nach seiner Schulzeit besuchte er von 1880 bis 1884 das Evangelische Lehrerseminar in Oldenburg. Er unterrichtete zunächst an verschiedenen kleinen Dorfschulen, bis er 1886 an der Heiligengeistschule und später ab 1889 bis 1899 an der Stadtknabenschule A in Oldenburg tätig wurde. Zuletzt wechselte er zur Stadtknabenschule B in Oldenburg.“ 1)

August Hinrichs (1879-1956), ein Freund Ruselers, schreibt über Ruselers schriftstellerisches Schaffen: „Schon als Volksschüler waren Shakespeare und Schiller seine Lieblinge; der zwölfjährige Dorfjunge versuchte sich bereits an Gedichten und Theaterstücken. Kaum vom Lehrerseminar entlassen, schrieb er mit 22 Jahren das wuchtige Volksstück ‚Die Stedinger‘, das im Oldenburger Hoftheater mit beispiellosem Erfolg aufgeführt wurde und seinen Namen durch ganz Deutschland trug.“ 2) Dieses historische Trauerspiel spielt vor dem Hintergrund des Stedingeraufstands im 13. Jhd. in der heutigen Wesermarsch. Mit diesem Werk stand Ruseler: „Der Weg zu Ruhm und Erfolg (…) offen, aber das Schicksal warf ihm Unglück, Not und Sorge in den Weg und sein Leben wurde eine erschütternde Tragödie.

Die ‚Stedinger‘, (…) wurden vom Publikum bejubelt, aber die Kritik fiel über den jungen Dichter her, der es wagte, sich im kleinstädtischen Anzuge auf der Bühne zu zeigen. Da zuckte er zurück vom öffentlichen Leben, vergrub sich in seine Schreibstube und schuf in rascher Folge eine Reihe von historischen Dramen (…). Aber trotz der grüblerischen Durchdringung der geschichtlichen Stoffe vermochte sich keins dieser Werke auf der Bühne dauernd zu behaupten, zu weltfremd stand der Dichter dem wirklichen Leben gegenüber. Wohl errang er mit einem Band Gedichte den Augsburger Schillerpreis, aber jetzt klopfte die Sorge an seine Tür; schwere Krankheit überfiel seine junge, blühende Frau, und es hieß gebieterisch, mit dem Dichten Geld zu verdienen. So mußte er die Volljahre seines Lebens mit schwerer Fronarbeit verbringen, die sprudelnden Kräfte seines Geistes vergeuden in zeilenweis bezahlter Arbeit für Zeitungen, nur um drückende Schuldenlasten zu tilgen.“ 3)

1895 hatte der damals 29-Jährige, der damals Rektor der Stadtknabenschule B in Oldenburg war, die damals 18-jährige Anna Helms geheiratet. Das Paar bekam zwei Kinder. Für diese und auch für seine Schüler schrieb Ruseler den Märchenband „Heiner im Storchennest“ (1914). Über eine halbe Millionen Exemplare wurden verkauft. Und nach Ruselers Tod wurde das Buch immer wieder gern gelesen.

Ruselers Freund August Hinrichs berichtet über Ruselers Lebensweg, der aus Sorge um seine kranke Frau und einem wirtschaftlichen Auf und Ab bestand: „Aber die Sorge gab ihn nicht frei – die Krankheit seiner Frau artete aus in unheilbares Siechtum und ein jahrelanges, kostspieliges Krankenlager. Dennoch schuf er das gedankentiefe Märchenspiel ‚Die Schuhe der Prinzessin‘ und versuchte seine Kraft an Lustspielen. Aber auch hier waltete eine seltsame Tragik: kaum hatte er das Lustspiel ‚Der Eisbär‘, dessen Handlung sich um die als unmöglich gedachte Entdeckung des Nordpols rankte, vollendet, da traf die Nachricht ein, daß der Nordpol wirklich entdeckt sei, und das Stück konnte in den Ofen wandern. (…)

Gegen Ende des Krieges erlöste der Tod seine Frau, der er viele tiefempfundene Gedichte gewidmet hat. Er konnte wirtschaftlich aufatmen. (…) Er machte sich frei von seinem Beruf; ungehindert wollte er schaffen. Und nun sprudelte der Quell in schier unerschöpflicher Fülle. Was er im Laufe eines einzigen Jahres vollendete, ist fast ein Lebenswerk.

Zunächst entstanden ein paar Streitschriften für die Freiheit der Schule, eine neue Fassung des Lustspiels ‚Seine frühere Frau‘, (…) und weiter in rascher Folge der umfangreiche Roman ‚Das Haus im See‘, die plattdeutsche Komödie ‚De dulle Deern‘ und ein ganzer Band plattdeutscher Gedichte neben Skizzen und Entwürfen zu zahlreichen weiteten großen Arbeiten. Unbegrenzt war seine Schaffenskraft – und seine Hoffnung.

Aber nur ein einziger kurzer Sommer war ihm beschieden. Bittere Enttäuschung folgte. Wirtschaftliche Schwierigkeiten zwangen ihn in das Joch des Berufes zurück; eine tückische Krankheit [Ruseler hatte TBC, R. B.] warf ihn nieder und zog ihn ins Grab, mitten aus kühnsten Plänen und Entwürfen heraus. Erst auf seinem Sterbebett durfte er das Glück empfinden, einen verstehenden Verleger für seine Schriften gefunden zu haben. (…).“4)

In Wikipedia wird auch auf Ruselers politische Haltung eingegangen: „Ruseler war ein scharfer Kritiker des konservativen Evangelischen Schulkollegiums. Politisch liberal orientiert, jedoch nie Mitglied einer Partei (…) Er war (…) sehr aktiv im Oldenburgischen Landeslehrerverein, der um Reformen im Schulwesen bemüht war.“5)