Georg-Elser-Platz
Neustadt, 2020, Johann Georg E. (4.1.1903 Hermaringen /Württemberg – 9.4. 1945 KZ Dachau), Kunstschreiner, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Er führte am 8.11.1939 im Münchener Bürgerbräukeller ein Bombenattentat auf Adolf Hitler und die nahezu gesamte nationalsozialistische Führungsspitze aus, das knapp scheiterte. Nach seiner Festnahme, fünf Jahre in Haft im Konzentrationslager ohne Gerichtsverfahren, zunächst in Sachsenhausen, dann in Dachau. Kurz vor Kriegsende dort 1945 erschossen.
Über Georg Elsers Herkunft heißt es in Wikipedia: „Georg Elser war das nichteheliche Kind von Maria Müller, Tochter eines Wagners und Landwirts. Ein Jahr nach seiner Geburt heiratete sie den Holzhändler und Landwirt Ludwig Elser aus Königsbronn. Durch diese Eheschließung wurde Georg Elser als Sohn von Ludwig Elser legitimiert. Ludwig Elser betrieb einen Holzhandelsbetrieb in Königsbronn bei Heidenheim in Württemberg, wo Georg mit seinen Geschwistern aufwuchs. (…). Seine Kindheit war geprägt durch frühes Arbeiten am elterlichen Hofe und die Alkoholkrankheit seines Stiefvaters.“1) Als ältester Sohn musste Georg Elser auch oft auf die jüngeren Geschwister aufpassen, denn die Hauptlast der Landwirtschaft, die neben der Holzhandlung betrieben wurde. lag auf den Schultern der Mutter. Sie war es, die hauptsächlich für das Auskommen der in Armut lebenden Familie aufkommen musste. Und sie war es auch, die von ihrem Mann geschlagen wurde. Sie trennte sich zwar kurz von ihm, kehrte aber wieder zu ihm zurück.
„Nach dem Besuch der Volksschule in Königsbronn 1910 bis 1917 begann [Georg Elser] eine Lehre als Eisendreher in den ehemaligen Königlichen Hüttenwerken Königsbronn. 1919 brach er die Lehre aus gesundheitlichen Gründen ab und begann eine Lehre als Schreiner. Nach Bestehen der Gesellenprüfung als Jahrgangsbester 1922 arbeitete er bis 1925 in verschiedenen Schreinereien in Königsbronn, Aalen und Heidenheim als Bau- und Möbeltischler. (…)“ 1)
1928/29 wurde Georg Elser Mitglied im Roten Frontkämpferbund. Er war auch Mitglied eines Trachten- und eines Abstinentenvereins.
In Konstanz, wo Elser längere Zeit arbeitete, lernte er 1928 die Kellnerin Mathilde Niedermann kennen, die 1930 von ihm schwanger wurde. Beide wollten einen Schwangerschaftsabbruch, doch die von ihnen aufgesuchten Ärzte verweigerten den Abbruch, weil die Schwangerschaft schon zu weit fortgeschritten war. Mathilde Niedermann gebar einen Sohn, für den Georg Elser Alimente bezahlte. Sie heiratete später einen Mann, der den Sohn adoptierte.
1932 kehrte Georg Elser nach Hause zurück, weil der Vater durch seine Alkoholerkrankung nicht mehr erwerbsfähig war, und half fortan dem Vater in der Holzhandlung und der Mutter in der Landwirtschaft. Daneben baute er sich eine kleine Tischlerei auf. Doch durch die Alkoholerkrankung seines Vaters verschuldete sich die Holzhandlung immer mehr, so dass sie schließlich verkauft werden musste, ebenso zur Tilgung der Schulden auch das Haus und das Grundstück. Die Mutter zog zu ihrer verheirateten Tochter, Georg Elser mietete sich 1936, nachdem der neue Besitzer das Haus beanspruchte, bei Elsa Härlen (1911-1994), die er 1933 auf einer Wanderung kennengelernt hatte, und ihrem Mann ein.
Elsa Härlen war mit einem Mann verheiratet, der ebenfalls Alkoholiker war. Auch sie wurde von ihrem Mann geschlagen und musste als Textilhilfsarbeiterin für sich und die Kinder den Lebensunterhalt verdienen. Georg Elser, der solch eine Situation durch sein Elternhaus kannte, hatte für Elsa Härten Verständnis und gab ihr seelische Unterstützung. Beide verliebten sich ineinander, was wiederum zu nachbarschaftlichem Klatsch führte. 1938 ließ sich Elsa Härlen von ihrem Mann scheiden. Zuvor hatte Elsas Mann das Verhältnis zwischen seiner Frau und Georg Elser mitbekommen, so dass Georg Elser aus der Unterkunft ausziehen musste. Er zog zurück zu seinen Eltern, die immer mal wieder getrennt voneinander lebten. Georg Elsers Mutter verdingte sich als Tagelöhnerin und bestritt damit den Lebensunterhalt für sich und ihren Mann. Zwischen Georg Elser und seiner Familie kam es schließlich zu Unstimmigkeiten, so dass Georg Elser seine Familie verließ.
Über Elsers Planungen ein Attentat auf Hitler auszuüben, sprach er mit Elsa Härlen kein Wort. Sie wäre wohl gern von Elser geheiratet worden, doch dieser schrieb ihr, als er nach München gezogen war, nicht mehr. Sie heiratete dann 1939 einen anderen Mann. Doch dieser wurde bereits 1942 als Soldat getötet. 2)
Nach dem missglückten Attentat auf Hitler durch Georg Elser wurde auch Elsa Härlen von der Gestapo verhört.
In Wikipedia heißt es weiter über Georg Elser: „(…) Elser war früh ein Gegner des Nationalsozialismus. (…). In der frühen Phase war der Hauptgrund seiner Abneigung, wie er in einem späteren Gestapo-Verhör angab, die Verschlechterung der Lebensbedingungen nach 1933: (…)
Etwa ab 1938 prägte ein anderes Motiv seine Abneigung. Elser erkannte die Kriegsvorbereitungen und das Nachgeben der Westmächte bezüglich territorialer Forderungen des Deutschen Reichs. (…) Elser wollte die führenden politischen Personen des NS-Staates mit einer Zeitbombe ausschalten und so den etwa zwei Monate zuvor von Deutschland ausgelösten Krieg gegen Polen , der sich zum Zweiten Weltkrieg ausgeweitet hatte, im Alleingang stoppen. (…)
Die Heimatgemeinde Königsbronn wurde nach dem Attentat durch die Gestapo durchforscht, Elsers Eltern wurden vier Monate lang inhaftiert, der in Stuttgart lebende Neffe Franz Hirth kam ins Waisenhaus. Über Elser wurde in seiner Familie 50 Jahre lang nicht gesprochen. Sein Schicksal blieb für die Familie unbekannt, ein Grab gab es nicht. 1950 wurde er offiziell für tot erklärt. Elsers Mutter war den Vorwürfen ausgesetzt, ihr Sohn sei ein NS-Werkzeug gewesen. Die Familie erhielt Entschädigungen.
Nach dem Krieg verbreiteten der als Vertreter der Bekennenden Kirche im KZ Sachsenhausen inhaftierte Martin NIemöller und später auch der KZ-Aufseher Walter Usslepp das Gerücht, Elser sei SS-Unterscharführer gewesen. Der britische Agent des Secret Intelligence Service (SIS) Sigismund Payne Best behauptete, von Elser selbst erfahren zu haben, dieser habe vor dem Attentat im KZ Dachau eingesessen und sei dort für die Tat angeworben worden. Historiker weigerten sich lange Zeit beharrlich, sich mit Elser als Widerständler zu beschäftigen, weil sich das Gerücht hielt, er sei eine Marionette der Nationalsozialisten gewesen.
1959 stellte der Journalist und Historiker Günter Peis sich mit seiner achtteiligen Reportage Zieh’ dich aus, Georg Elser! gegen die damals herrschende Meinung der Geschichtsforschung. Mit systematischen Befragungen von Zeitzeugen kam er zum Ergebnis, dass Elser ein Einzeltäter war. (…)
Im Gegensatz zu den Verschwörern des 20. Juli 1944 wurde Georg Elser in der offiziellen Gedenkkultur der Bundesrepublik bis in die 1990er Jahre kaum gewürdigt. (…)
Für den Historiker Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin, ist Georg Elser ein Beispiel dafür, dass die Unterwerfung unter die Nazi-Diktatur auch für so genannte ‚einfache Menschen‘ nicht alternativlos war. (…).“ 1)
Siehe über Georg Elser und auch die Forschung über ihn, unter: www.georg-elser-arbeitskreis.de und unter: www.georg-elser.de
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte in seiner Rede am 4. November 2019 anlässlich der Einweihung eines Denkmales für Georg Elser in dessen Geburtsort Hermaringen: „ (…) Der Einzelne, der klüger ist, sich verweigert und entzieht, fasziniert uns, er beschämt uns auch – wie im Fall Georg Elsers. Eine mindestens ebenso große, erschreckende Faszination aber geht von dem Phänomen der massenhaften Gefolgschaft Adolf Hitlers aus, der Bewunderung, Verehrung für ihn und schließlich der Komplizenschaft mit einem Massenmörder. Wir lernen in der Beschäftigung mit der Geschichte Georg Elsers vor allem viel über die vielen anderen, die Verführten, die Mitläufer, und damit möglicherweise auch etwas über uns.
Georg Elser war ein einfacher Mann, ein guter Handwerker und Zitherspieler, ein geselliger und beliebter Mensch. Er war einer unter uns. Ein Hermaringer. Einer, der nicht auffiel.
Doch in seinem Handeln, in seiner Bereitschaft, Verantwortung für sein Tun zu übernehmen und für seine Taten einzustehen, war Georg Elser ein großer Mann. Einer unter uns, ja. Aber einer, der herausragt. Eine Ausnahmeerscheinung.
Was Georg Elser von seinen Zeitgenossen unterschied, waren sein waches Auge und sein ebenso waches Herz.
Georg Elser war ein besonderer Mensch, kein Durchschnittsbürger. Der große liberale Politiker und Soziologe Ralf Dahrendorf klagte noch lange nach dem Ende der NS-Diktatur einmal, unter deutschen Bürgern herrsche eine große Ruhe. Man errege sich nicht, schon gar nicht über Unmenschlichkeiten in der eigenen Welt. ‚Man sieht sie erst gar nicht. Man schließt die Augen. Man nimmt sie nicht zur Kenntnis.‘
Aus dieser Momentaufnahme Dahrendorfs sprach 1965 – zwei Jahrzehnte nach Kriegsende – nicht wenig Bitterkeit. Was er uns Deutschen da ins Stammbuch schrieb, galt nicht für Georg Elser. Er war die Ausnahme von der Regel. Elser hat genau hingesehen und wahrgenommen, nicht nur, was sich ereignete, sondern auch, was sich vorbereitete. (…)
Und Georg Elser sah nicht nur aufmerksam hin, er handelte auch so. Er handelte wie ein guter, umsichtiger Handwerker, nach einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan, vorausschauend und mit großer Präzision.
Dass der Plan scheiterte, Adolf Hitler aufzuhalten, war ein Unglück. Dass der Diktator, dass das Regime seinen Krieg weiterführen und unser Land, unseren Kontinent, ja die halbe Welt mit sich in den Abgrund reißen konnte, war eine Katastrophe. (…)
Elser handelte schon zwei Monate nach Beginn dieses Krieges. Georg Elser hätte mit seiner Tat, wäre sie geglückt, mit hoher Wahrscheinlichkeit erreicht, was er beabsichtigte: Er wollte diesen Krieg und das Unrecht des nationalsozialistischen Regimes beenden. Er wollte Adolf Hitler töten. Sein Anschlag galt aber auch der gesamten Spitze des Nazi-Regimes: Auch Himmler, Heß, Goebbels und viele andere waren damals im Bürgerbräukeller. Der von den Nationalsozialisten gekaperte Staat wäre im Wortsinn führerlos gewesen.
Was darauf gefolgt wäre, wissen wir nicht. Wir kennen nur die Motive Georg Elsers und die Folgen seiner Tat. Vor allem aber wissen wir um die Folgen seines Scheiterns. Acht Menschen starben. Hitler dagegen lebte und mit ihm auch seine Entourage. Die Folgen ihres Überlebens waren furchtbar.
Georg Elser wurde noch am selben Tag verhaftet. Es ist ihm vieles angedichtet und vieles vorgeworfen worden: Er habe nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Auftrag des britischen Geheimdienstes gehandelt. Er sei SS-Mitglied gewesen und habe mit seiner Tat dem Mythos der Vorsehung und der Unverwundbarkeit Hitlers Vorschub leisten sollen.
Die Verhörprotokolle offenbaren etwas anderes. Wer sie liest, kommt zu der Überzeugung, dass es weder an der alleinigen Verantwortung Elsers für seine Tat noch an der Lauterkeit seiner Motive einen Zweifel geben kann. Dass manche ihm trotzdem – auch in jüngster Zeit noch – die moralische Legitimation für seine Tat absprechen, sollte uns nicht irritieren. (…).“3)