Gert-Marcus-Straße
Groß-Borstel, seit 2017, benannt nach Gert Olof Marcus (10.11.1914 Hamburg-Groß Borstel – 23.12.2008 Stockholm), Maler, einer der wichtigsten schwedischen Bildhauer, emigrierte Anfang der 1930er Jahre nach Schweden, Verfolgter des Nationalsozialismus.
Im Wikipedia Eintrag zu Gert Marcus heißt es: „Gert Marcus wurde in Deutschland als Sohn des deutschen Anwalts Paul Marcus und der schwedischen Hilda Maria Dahl geboren.“ 1)
Hans H. Nölke schreibt in seinem Beitrag über Gert Marcus, der auf der Seite des „Kommunal-Verein von 1889 in Groß-Borstel R. V.“ erschienen ist: „Als Sohn eines deutsch-jüdischen Vaters und einer schwedischen Mutter floh er 1933 nach Schweden. Schon früh im Elternhaus sowie in der Lichtwark-Schule für die schönen Künste begeistert und gefördert, setzte sich der Schüler Gert in Hamburger Kunstmuseen, später dann in Stockholm und weiter auf seinen Reisen nach Paris und Amsterdam mit dem Kunstgeschehen seiner Zeit auseinander. Der Schritt, sich selbst autodidaktisch als Künstler zu entwickeln, entsprach seinem Anspruch und wurde seine Lebensaufgabe. Er selbst erklärt dazu: ‚ … In den Schulen wurde erwartet, das zu lernen, was in der Vergangenheit alles geschaffen wurde. Meine Besuche in den Museen, Ausstellungen und Ateliers der Künstler lehrten mich etwas ganz anderes: die Aufgabe eines Künstlers besteht darin, selbst etwas kreativ zu schaffen. Und das heißt, etwas zu schaffen, das es vorher noch nicht gab.‘
Besonders das Studium der Werke von Cézanne beeinflusste die frühe Periode seiner künstlerischen Entwicklung. Olle Granath, Kunsthistoriker und ehemaliger Direktor von Stockholms Museum für Moderne Kunst, erläuterte dazu: ‚Aber es genügte ihm nicht, dem großen Maler nur in seinen Fußstapfen zu folgen,(…). 1949 verspürte Gert Marcus, dass ‚er im tiefsten Innern nicht zufrieden war, dass es ihm zwar leicht fiel, den Pinsel zu führen und Landschaften, Stillleben und Porträts zu malen. Die Tönungen der gemischten Farben gelangen wie gewünscht, aber die Reinheit der Farben war unterdrückt.‘ (…).
Marcus entdeckte den Einfluss der Farben aufeinander und die Bedeutung des Lichts für das Farbenerlebnis im Raum. Eine seiner zentralen Erkenntnisse aus dieser Zeit wurde zu seiner Überzeugung: die Farbe entwickelt die Form. Der Schritt aus dem Zweidimensionalen in die Dreidimensionalität und in die Welt der Skulptur war damit für ihn folgerichtig und konsequent. (…)
Seine Arbeit mit Stein ermöglichte ihm, seine Faszination für die Wirkung reiner Farben bei Seite zu schieben und sich stattdessen dem dynamischen Kontrast von Schwarz und Weiß zu widmen. (…)
Für Gert Marcus war selbstverständlich, seine Kunst in den öffentlichen Raum zu stellen, denn er betrachtete seine Werke als soziale Wirkung/Handlung. Ansprache, Gestaltung und Farbgebung von Plätzen, wo sich Menschen in ihrem Alltag begegnen, waren für ihn ein wesentlicher Aspekt seiner künstlerischen Berufung. (…)
Marcus lässt sich schwer einer bestimmten Künstlergruppe zuordnen. Er folgte nie einem Manifest. Um 1950 herum wurde er Mitglied in der Künstlergruppe ‚Groupe Espace‘, einer Vereinigung von Künstlern unter der Leitung des französischen Architekten und Künstlers André Bloc. Die Groupe Espace vertrat eine der umfassendsten Ideen des Konstruktivismus und verstand Architektur, Malerei und Skulptur als ein und dieselbe Kunstgattung. Trotz dieser Kontakte ging Gert Marcus bewusst seinen eigenen Weg und entwickelte früh eine persönliche und abstrakte Formensprache, die viele Berührungspunkte mit der konkreten Kunst hat. Ihn interessierten Kugel, Würfel, Rechteck und Quadrat, die er oft zum Ausgangspunkt seines Schaffens machte. (…).“ 2)
Seit 1975 war Marcus mit der französischen Bildhauerin Françoise Ribeyrolles-Marcus (geb. 7.3.1944) verheiratet, die er 1973 kennengelernt hatte. Françoise Ribeyrolles-Marcus hatte an der Akademie der bildenden Künste in Grenoble studiert und 1967 begonnen, in Lyon als Textildesignerin zu arbeiten. 1972 zog sie nach Paris und arbeitete mit dem Kunstverlag Joseph Foret zusammen. Nach der Heirat zog sie zu ihrem Mann nach Schweden.
„1975 bis 1998 arbeiteten beide Künstler gemeinsam jeden Sommer in Massa-Carrara (Italien). Allerdings verwandte Ribeyrolles-Marcus weniger den weißen Marmor aus Carrara, sondern eher graue und schwarze Steine. Diese Vorliebe für die dunklen Steine ist der Tatsache geschuldet, dass sie behäbiger und weniger elegant aussehen; die dunklen Skulpturen scheinen ein ‚Mysterium‘ zu bergen. Es zu entdecken, erfordert eine genaue Untersuchung. Das veranlasste Ribeyrolles-Marcus, sich den Phänomenen des Lichts zu widmen: vom breiten Spektrum der Farben bis zu winzigen Lichtpunkten. Ihre Skulpturen sind suggestiv und nicht gegenständlich.
In den letzten Jahren waren ihre Einzelausstellungen in Schweden u.a. in Stockholm und Göteborg und in der Crypte de la cathédrale in Lund (2014) zu sehen sowie außerhalb Schwedens in Florenz und Melegnano (Lo) (2004). Ihre Werke wurden außerdem in Gruppenausstellungen in Deutschland gezeigt, u.a. in Chemnitz (2006), Erfurt (2007), Schwerin (2008), Chemnitz (2009).“ 3)
„2017 gründeten die Einwohner von Groß Borstel eine neue Gesellschaft, ‚Initiative Marcus und Dahl‘, mit dem Ziel, das Interesse an der Arbeit von Gert Marcus und Ingolf Dahl sowie anderen Künstlern, die in Groß-Borstel leben oder arbeiten oder gelebt oder gearbeitet haben, wiederzubeleben. Im November 2017 benannte der Hamburger Senat die neue Gert-Marcus-Straße in der Nähe des Familienhauses aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg nach ihm. Dabei wurde Gert Marcus als einer der wichtigsten schwedischen Bildhauer bezeichnet und als Verfolgter des Nationalsozialismus, der in den 1930er Jahren nach Schweden immigriert war.“ 4)