Alemannenweg
Hamm-Süd (1938), germanischer Volksstamm
Die Verkehrsfläche wurde in der NS-Zeit benannt. In der NS-Zeit wurden noch weitere Verkehrsflächen nach Volksstämmen benannt.
„Im 20. Jahrhundert übertrafen die Nationalsozialisten alle Vorgänger auf der Suche nach einer urdeutschen Geschichte. Sie klaubten alles zusammen, was sie für nützlich hielten, und konstruierten für ihren völkischen Wahnsinn mit Hilfe von Symbolen und Mythen verschiedener Kulturen ein neues nationalsozialistisches Trugbild der deutschen Volksgeschichte.“ 1) In der Zeit des Nationalsozialismus wurde eine „rassische“ Überlegenheit der Germanen postuliert. Auch im heutigen Rechtsextremismus wird ein Germanenmythos präsent.
Prof. Dr. Dieter Geuenich erklärt in „Archaeologie online“ (Stand: 2001) was Alemannen sind:
„Da wir für die ersten Jahrhunderte der Geschichte der Alemannen kein schriftliches Selbstzeugnis dieses Volkes, sondern nur Fremdzeugnisse römischer Autoren besitzen, haben wir als Alamanni notgedrungen diejenigen anzusehen, die von den Römern als solche bezeichnet wurden. Wir haben aber keine Sicherheit, dass die Menschen, die von den römischen Schriftstellern unter dem gemeinsamen Namen Alamanni zusammengefasst wurden, sich selbst als solche betrachtet, dass sie sich überhaupt als zusammengehörig angesehen haben; und erst recht fehlt jeder Hinweis darauf, dass die in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts in das zuvor von den Römern beherrschte rechtsrheinische Gebiet eingedrungenen Germanenscharen einem 'Volk' angehörten oder gar als ‚Stamm‘ (im Sinne einer Abstammungsgemeinschaft) zu bezeichnen sind. Denn es gibt aus den ersten Jahrhunderten nach der Erstnennung ihres Namens keinerlei Indizien für ein gemeinsames Stammesbewusstsein, für Mythen gemeinsamer Abstammung oder auch für sprachliche Gemeinsamkeiten. (…).
In Ermangelung früher Sprachzeugnisse vermag die Sprachwissenschaft keine Aussagen über die Herkunft der Alemannen zu machen. Da auch die schriftliche Überlieferung der römischen Autoren nichts über die Provenienz der Alamanni berichtet, sind wir auf archäologische Zeugnisse angewiesen. Signifikante Übereinstimmungen im frühesten Fundgut aus südwestdeutschen Gräbern einerseits und aus Gräbern des Elb-Saale-Gebietes andererseits erlauben die Aussage, dass ein großer Teil der neuen Bevölkerung, die sich vom 3. Jahrhundert ab im Gebiet des heutigen Baden-Württemberg archäologisch nachweisen lässt, mit dem als ‚elbgermanisch‘ bezeichneten Kulturkreis in Beziehung stand. Da sich aber keine einheitliche, ethnisch-spezifische ‚alemannische‘, ‚semnonische‘, ‚suebische‘* oder ‚elbgermanische‘ Bestattungs- oder Beigabensitte erkennen lässt, und zwar weder im vermuteten Herkunftsgebiet noch im neuen Siedlungsgebiet, ist die in der Literatur immer wieder anzutreffende Vermutung, der Stamm der Alemannen habe sich bereits vor der Völkerwanderung ‚im Innern Germaniens‘ gebildet auch mit archäologischen Mitteln nicht nachweisbar.
Das Bild von der Wanderung des alemannischen Volksstammes als mehr oder weniger geschlossene Einheit von der Elbe an den Oberrhein sollte, da es weder von den Aussagen der schriftlichen Quellen, noch von sprachwissenschaftlichen Argumenten gestützt, noch durch die archäologisch fassbaren Hinterlassenschaften begründet wird, aufgegeben werden. Stattdessen ist von einem über einen längeren Zeitraum sich erstreckenden Prozess des Eindringens von unterschiedlichen Personenverbänden in den von den Römern preisgegebenen Raum östlich des Oberrheins und nördlich des Hochrheins auszugehen, der im 3. und 4. Jahrhundert eine gewisse Sogwirkung ausgeübt haben dürfte. (…)
Zur Bedeutung des Namens hat sich der byzantinische Schriftsteller Agathias im 6. Jahrhundert geäußert. Er behauptet, Asinius Quadratus, ein Autor des 3. Jahrhunderts, habe 'Alama noí als ‚zusammengespülte und vermengte Menschen‘ erklärt, ‚und dies drückt auch ihre Benennung aus‘. Obgleich diese Deutung des Volksnamens eher abschätzig gemeint ist, entspricht sie doch weitgehend der Worterklärung, die heutige Sprachwissenschaftler geben: ‚Menschen insgesamt, Menschen irgend-welcher Art‘; denn der erste Bestandteil des Namens, *al(a) meint stets ‚eine Gesamtheit von Individuen‘. Diese Erklärung passt vorzüglich zu der neuerdings vertretenen Vorstellung einer Ethnogenese der Alemannen aus verschiedenen, ethnisch unterschiedlichen Personengruppen, wenngleich die Frage, wie, wann, warum und durch wen diese Benennung aufgekommen ist, unbeantwortet bleiben muss. Dafür, dass der Name Alamanni schon vor der Mitte des 3. Jahrhunderts bestanden hat, gibt es kein Zeugnis. Insofern spricht nichts dagegen, die Ethnogenese und Namengebung ins 3. Jahrhundert und damit in den Zusammenhang der Konfrontation mit den Römern zu datieren.“ 2)
Zur rechtlichen Stellung der Frau
Über die rechtliche Stellung der Witwe heißt es in der Lex Alamannorum Tit. 54: „Ist der Ehemann verstorben, ohne Söhne und Töchter zu hinterlassen, so folgt der Witwe bei Wiederverheiratung die gesetzliche Ehegabe bzw. das, was mit den Verwandten darüber ausgemacht worden ist. Diese Ehegabe (…) durfte 400 Schillinge in Gold oder Silber, Unfreien oder anderen Gegenständen fahrender Habe nicht übersteigen. Wurde die Rechtmäßigkeit der Ehegabe, welche die Frau beanspruchte, von den Verwandten des Verstorbenen aber bestritten, so muß sie sich durch Eid von 5 von ihr benannten Gewährsmännern oder durch Zweikampf reinigen.“ 3)
Zur Raubehe:
„Verbot der Raubehe im alemannischen Volksrecht, um 725
§ 51,1. Wenn ein Freier eines anderen Ehefrau wider das Gesetz raubt, gebe er sie zurück und büße mit 80 Schillingen. Wenn er sie aber nicht zurückgeben will, büße er sie mit 400 Schillingen, wenn dies auch der frühere Ehegatte will. Und wenn sie vorher stirbt, bevor ihr Ehegatte sie fordert, büße er mit 400 Schillingen.
§ 52, 1. Wenn jemand eines anderen Vermählte wider das Gesetz nimmt, gebe er sie zurück und büße mit 200 Schillingen.
§ 52,2. Wenn er sie aber nicht zurückgeben will, löse er sie mit 400 Schillingen, auch wenn sie bei ihm gestorben ist.
§ 54,1. Wenn jemand sich die ihm nicht anvermählte Tochter eines anderen zur Ehefrau nimmt, gebe er sie, wenn der Vater sie zurückfordert, zurück und büße sie mit 40 Schillingen.
§ 54,2. Wenn aber diese Frau bei jenem Mann stirbt, bevor er die Vormundschaft über sie vom Vater erwarb, löse er sie bei ihrem Vater mit 400 Schillingen. ( ... )
zitiert nach: Eckhardt: Die Gesetze des Karolingerreiches (288), Bd. 2, S. 35-37.“ 4)
Zur Ehescheidung:
„(152) Ehescheidung in der alemannischen Einigung, 613/25
§ 34,3. Wenn sie sich freiwillig scheiden wollen, sollen sie nehmen, was jedem nach dem Gesetz zufällt. Die Bettsachen sollen sie gleich teilen.
§ 35, 1. Wenn ein Ehegatte seine Ehefrau entlässt, büße er selbst 40 Schillinge und habe kraft seiner Vormundschaft keine Macht (mehr) und gebe ihr alles zurück, was ihr nach dem Gesetz zufällt.
zitiert nach: Eckhardt: Leges Alamannorum 1 (289), S. 141-143.“ 4)
Totschlag von Frauen und Männern:
„(172) Bußen für den Totschlag an Männern und Frauen im alemannischen Volksrecht, 613/25
§ 49,1. Wenn jemand einen Mann tötet, wozu die Alemannen Mord sagen, löse er ihn mit 9 Manngeldern und was er von ihm an Waffen oder Kleidung nahm, büße er alles wie Gestohlenes.
2. Bei Frauen aber, wenn es sich so ereignet, büße er doppelt wie für jeden Mann; Kleider oder was er von ihr nahm, büße er wie Gestohlenes.
zitiert nach: Eckhardt: Die Gesetze des Karolingerreiches (288), Bd. 2, S. 35.“ 4)
Über die rechtliche Stellung der Frau in den Volksrechten erfahren wir unter arsfemina: „Das Recht des Frühmittelalters war Stammesrecht, das, basierend auf alttradiertem Gewohnheitsrecht, im Zeitraum von 475-802/3 aufgezeichnet wurde. Je nach Entstehungszeitpunkt und -ort sowie dem Grad des damit verbundenen römischen bzw. christlichen Einflusses weisen die Rechte der verschiedenen Stämme z. T. recht erhebliche Unterschiede auf. Auch wenn die schriftlich fixierten Stammesrechte in der nachkarolingischen Zeit in Vergessenheit gerieten, so blieben die in ihnen enthaltenen Rechtsgrundsätze bis in das 13. Jahrhundert bestimmend.
Übereinstimmend beschränkten die Stammesrechte die Rechts- und Handlungsfähigkeit der Frauen, indem diese der Geschlechts- bzw. Ehevormundschaft unterworfen wurden (137). Sie blieben von allen öffentlichen Funktionen ausgeschlossen, wie sie auch vor Gericht nicht selbständig erscheinen konnten, sondern der Vertretung durch den Mann bedurften. Der Inhaber der Muntgewalt war bei unverheirateten Frauen der Vater, bei verheirateten Frauen der Ehemann, falls diese verstorben waren, wurde die Muntgewalt auf den nächsten männlichen Verwandten der männlichen Linie übertragen (138). In privatrechtlicher Hinsicht umfasste die Muntgewalt das Verfügungs- und Nutzungsrecht über das Vermögen der Frau (137), das Recht, die Frau nach eigenem Gutdünken zu verheiraten (142) sowie die Strafgewalt über die Frau (139, 151, 158). Das Recht, die Frau in Notfällen zu verkaufen (140) oder im Rahmen der Strafgewalt zu töten (139, 158), macht deutlich, dass die Geschlechtsvormundschaft kein reines Schutzverhältnis aufgrund der mangelnden Wehrfähigkeit der Frauen (170, 171) bildete, sondern sich aus der patriarchalischen Gewalt des Hausherrn herleitete. (…)
Die Muntehe, als die von der weiteren Entwicklung her wichtigste Form der Eheschließung, beruhte auf einem Vertrag, dem Verlobungsvertrag, der den Muntwalt der Frau verpflichtete, dem Bräutigam die Braut und die Munt über diese zu übergeben, den Bräutigam hingegen zur Zahlung des Muntschatzes an den Muntwalt sowie zur Heimführung der Braut und der Begründung der Ehe mit ihr (147). Nach Abschluss des Verlobungsvertrages war die Braut zu strikter sexueller Enthaltsamkeit verpflichtet (148). Eine entsprechende Anforderung an den Bräutigam gab es nicht. Am Abschluss des Vertrages wurde die Braut nicht beteiligt, da sie als Gegenstand des Vertrages angesehen wurde. Einer unerwünschten Ehe konnte sie sich nicht entziehen (142, 149), es sei denn, sie ging in ein Kloster oder sie nahm ihre Enterbung in Kauf und schloss mit einem Mann eigenmächtig eine Ehe (150). (…)
Die Volksrechte sahen in der einmal eingegangenen Ehe keinesfalls eine unauflösliche Institution. Eine Scheidung konnte aufgrund beiderseitiger Übereinkunft (152, 153) wie auch aufgrund einseitiger Auflösung durch den Mann, sofern er hierfür konkrete Gründe anführen konnte (139, 154, 155), erfolgen. Eine unrechtmäßige Verstoßung der Frau durch den Mann dürfte im allgemeinen eine Familienfehde zur Folge gehabt haben. (…)
Gegenüber diesem weltlichen Scheidungsrecht bestand die Kirche auf der Unauflöslichkeit der Ehe. Seit dem 8. Jahrhundert verstärkte sie ihren Einfluss auf die weltliche Gesetzgebung und setzte schließlich ihre Vorstellungen weitgehend durch (156, 157).
Das persönliche Verhältnis der Ehepartner zueinander wurde in rechtlicher Hinsicht aufgrund der eheherrlichen Munt durch die Unterordnung der Frau geprägt. Den Ehebruch kannten die Stammesrechte nur durch die Frau als strafbares Vergehen. Die auf frischer Tat ertappte ehebrecherische Frau konnte der Mann nach eigenem Gutdünken bestrafen (158), da durch den Ehebruch in seine Herrschaftsrechte eingegriffen wurde, was sich besonders deutlich in einer angelsächsischen Rechtssatzung zeigt (159). Dieser Strafgewalt des Ehemannes stand in den früheren Rechten eine Schutzpflicht der weiblichen Sippe gegenüber, die die Frau vor einem Missbrauch der eheherrlichen Munt schützte (139, 140). Die Verfügungsrechte der Frau über ihr Eigentum, das im wesentlichen aus der Mitgift, der Morgengabe und dem Wittum bestand, waren in den einzelnen Rechten unterschiedlich geregelt. (…)
Das Strafrecht behandelte Frauen und Männer im allgemeinen gleich. An Frauen begangene Straftaten wurden häufig härter als an Männern begangene bestraft, was mit der Wehrlosigkeit der Frauen begründet wurde (170). Entsprechend wurden bestimmte Delikte nur Männern zugeschrieben (171). Das für den Totschlag zu zahlende Wergeld lag bei der Tötung von Frauen meist über dem der Männer, wobei häufig nach der Gebärfähigkeit der Frau abgestuft wurde (172).“ 4)