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Salzmannstraße

Hammerbrook (1913): Gotthilf Salzmann (1.6.1744 Sömmerda -31.10.1811 Schnepfenthal, heute Waltershausen), Pädagoge, gründete die Erziehungsanstalt Schnepfenthal.


In Wikipedia heißt es über Salzmann: „Salzmann war Sohn des Pfarrers Johann Christian Salzmann.“ 1) Über seine Mutter erfährt man nichts. Sie hieß Rahel Sybille Margarethe, geb. Braun und war die Tochter eines Apothekers. 2)

Nicht nur der Vater, auch die Mutter hatte großen Einfluss auf Gotthilf Salzmanns Bildung. Anette Müller schreibt in ihrer wissenschaftlichen Arbeit: „Die Mutter war eine gebildete Frau, die sich besonders in der Geschichte auskannte. Sie brachte ihm früh das Lesen bei. Bereits mit fünf Jahren konnte er fließend lesen. Sie gab ihm das ‚Nürnberger Abc-Buch‘ und ließ ihn daraus Verse lernen, die bestimmte Sittenregeln enthielten. Hatte er gegen eine Regel verstoßen, musste er sie aufsagen (…). Kurze Zeit später unterrichtete ihn sein Vater in lateinischer Sprache. (…) Die Mutter nahm an diesem Unterricht regen Anteil und ermunterte ihren Sohn immer wieder aufs Neue. ‚Denn sie saß immer dabei, wenn ich meine Lektion hersagte. Wann ich dies nun recht fertig konnte, so lächelte sie mir Beifall zu, auf den ich einen so großen Wert setzte, dass ich alle Kräfte anspannte ihn zu verdienen‘. (…)“ 2)

Salzmann studierte Theologie und wurde 1768 Pastor. „Als Pfarrer kam Salzmann mit dem ganzen Ausmaß des Elends der Menschen unmittelbar in Berührung. Die Begegnung mit dem Leid am Ende des Siebenjährigen Krieges muss ein Schock für den jungen Mann gewesen sein. Der brillante und populäre Prediger war nicht nur Seelsorger für die von Hungersnot und Seuchen heimgesuchten Menschen am Rande der Gesellschaft, sondern leistete seinen pastoralen Dienst auch in den Krankenhäusern und Gefängnissen der Stadt. Mehr und mehr wurde die Bekämpfung der Not zu seinem zentralen Thema. Seine neu gewonnene Überzeugung, wonach ‚die vorzüglichste Ursache von dem vielen Jammer und Elend in der Welt (...) in der fehlerhaften Erziehung des Menschen zu suchen‘ sei, bestimmte den weiteren Lebensweg.

Salzmanns Vorgesetzte in den Gremien der Kirche beobachteten sein Tun mit Argwohn. Als er seine Schrift ‚Ueber die wirksamsten Mittel Kindern Religion beyzubringen‘ veröffentlichte, kam es zum Eklat. Zwar war unter Experten der Beifall für Salzmanns Thesen groß und sein Rang als Religionspädagoge bestätigt, die Kirchenoberen aber schäumten. Seine Arbeit wurde gerade auch von den Erfurter Geistlichen als ‚ketzerisch, als ein Buch (...), das die Grundfeste der Religion umzustürzen suche‘, diffamiert - ein Diktum, das Salzmann zutiefst verletzte. Damit war für den 37jährigen das Band zu seinen Amtsbrüdern durchschnitten. In dieser Situation erschien ihm der Ruf an das berühmte, von J.B. Basedow 1774 gegründete ‚Dessauer Philantropin‘ als ‚gnädiger Wink Gottes nach einer Freistatt gegen alle Verfolgungen‘. Der Wechsel nach Dessau war für Salzmann die Befreiung von kirchlich lehrhafter Gebundenheit und orthodoxer Bevormundung.“ 3)

In der Allgemeinen Deutschen Biografie heißt es über Salzmanns weiteren Werdegang: „Nachdem S. hier drei Jahre gewirkt hatte, verließ er 1784 die Anstalt, da die dortigen Verhältnisse ihn nicht befriedigten, indem innere Zwistigkeiten ein einheitliches Wirken nach seinem Sinne störten. Nun faßte er den Plan, selbst eine ebenfalls nach philanthropischen Grundsätzen eingerichtete Erziehungsanstalt für Knaben aus höheren Ständen zu gründen; zu dem Zwecke kaufte er das Gut Schnepfenthal bei Gotha an, bei welchem Unternehmen er durch den Herzog von Gotha mit 4000 Thalern unterstützt wurde; hier suchte nun S. sein Ideal von philanthropischer Erziehung in reinerer Durchführung zu verwirklichen, als er dies in Dessau gefunden hatte; (…) Die Erziehungserfolge, die vortrefflichen, besonders auch die körperliche Ausbildung durch zweckmäßige Beschäftigung und Bewegung im Freien fördernden Einrichtungen, dann auch einige von S. veröffentlichte Schriften wie sein „‘moralisches Elementarbuch‘ und sein 1797 herausgegebener ‚Himmel auf Erden‘ gewannen der Anstalt bald das allgemeine Vertrauen, sodaß sie bald Zöglinge aus ganz Deutschland und den meisten sonstigen europäischen Ländern in stets wachsender Zunahme zählte. (…)

In der Schnepfenthaler Anstalt waltete als Grundzug der Geist eines großen geregelten Familienkreises, welcher Salzmann’s Familie, die Lehrer und Zöglinge eng und innig umfaßte und zusammenhielt. – Zwölf Lehrer ertheilten Unterricht in den alten und neuen Sprachen, in der alten und neuen Literatur, in den Realien, die mit besonderer Betonung und in weitem Umfang betrieben wurden. Neben dem Unterricht zur Pflege des Verstandes wurde auch Zeichnen, Musik und (…) Leibesübungen, Reiten, Tanzen, sowie (…) allerlei Handfertigkeiten und Gartenarbeiten gepflegt. Die körperliche Ausbildung der Zöglinge fand eine besondere Förderung in der gesunden Lage des Ortes. Die musterhafte Reinlichkeit im Institute, die einfache, angemessene Kost, die gesunden Schlafsäle, die regelmäßige dreimal täglich wiederkehrende Bewegung im Freien, die sonstigen gymnastischen Uebungen, die öfteren Ausflüge in den nahen Thüringer Wald sowie einzelne größere Reisen in den Ferien waren alles höchst geeignete Mittel, die Zöglinge zu gesunden und kräftigen Jünglingen heranzubilden. (…).“4)

Wichtig war für Salzmann, dass sich die Erzieher kritisch hinterfragten: „‘Von allen Fehlern und Untugenden seiner Zöglinge muß der Erzieher den Grund in sich selbst suchen.‘ (…)

Dies bedeutet, dass jeder Fehler, den ein Kind macht, von seinen Erziehern (Eltern, Lehrer, Betreuer, etc.) herrührt und es deren Aufgabe ist, bei sich selbst herauszufinden, warum dies so ist. Salzmann dementiert anschließend gleich, dass die Erzieher immer die Verantwortung für inkorrektes Verhalten haben, sondern lediglich lernen sollen, Fehler in sich zu suchen, um ‚ein guter Erzieher zu werden‘ (…). Die Schuld für Fehlbetragen nicht den Kindern selbst zu zuschieben, sondern sein eigenes Tun und Handeln als Erzieher zu reflektieren, war ein völlig neuer Ansatz in der Pädagogik des 18. Jahrhunderts,“ 5) schreibt Julia Drafz.

„Salzmann beschäftigte sich auch mit der geschlechtlichen Unterweisung und Aufklärung. Im Jahre 1785 legte Salzmann die erste Monographie zu diesem Thema vor: Über die heimlichen Sünden der Jugend.

Salzmann stellte 1787 eine Preisfrage (literarische Auseinandersetzung) ‚Welchen Einfluss hat der Gebrauch der Schnürbrust?.‘ (Schnürbrust = Korsett)“ 6) Darauf antworteten der Arzt, Thomas von Sömmering und der Schriftsteller und Naturforscher Georg Forster, indem sie die Schädlichkeit der Schürbrust für die Frauen hervorhoben, da durch das Tragen dieses Korsetts die Rippen gequetscht, der Unterleib zusammengepresst wird. Salzmann selbst benutzte den Begriff der Schnürbrust im übertragenen Sinne in seiner sozialkritischen Monographie „Carl von Carlsberg oder über das menschliche Elend“. Hier heißt es: „Die ganze Einrichtung unserer Gesellschaft ist unnatürlich, und ist den Neigungen und Forderungen unserer Natur eben so wenig angemessen als eine Schnürbrust dem Bau eines flinken Mädchens, das zur Fröhlichkeit und zum Kindergebären bestimmt ist. In derselben werden unsere Neigungen ebenso gepreßt wie in jener die Adern und Muskeln des Mädchens. Wir sind gezwungen, die heißesten Wünsche zu unterdrücken, die unschuldigsten Neigungen zu bestreiten und oft von alledem das Gegenteil zu tun, was die Natur mit lauter Stimme fordert, wenn uns die menschliche Gesellschaft dulden soll.“ 7)

1793 übersetzte Salzmann die Schrift der Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft „Rettung der Rechte des Weibes mit Bemerkungen über politische und moralische Gegenstände“ vom Englischen ins Deutsche und schrieb dazu ein Vorwort sowie Anmerkungen. Daraus soll im Folgenden ausführlich zitiert werden, denn hier zeigt sich Salzmanns Frauen- und Männerbild, das in bestimmten Facetten auch heute noch das Geschlechterverhältnis bestimmt.

Salzmann trat zwar für mehr Bildung für Frauen ein, hatte aber klare Vorstellungen von der Rolle der Frau, die ganz ausgerichtet war auf Hausfrau, Ehefrau, Mutter und treue Gehilfin des Ehemannes. Ebenso hatte er ein klares Bild von der Rolle des Mannes, den er im Folgenden allerdings eher als passiv und dem Weib ausgesetzt beschreibt, denn ist sie nicht tugendhaft, ist er es auch nicht, ist sie nicht gesund, wird auch er krank etc. So formuliert Sazmann: „Welches ist unsere erste Nahrung? Die Milch des Weibes (möchte ich doch sagen dürfen der Mutter!) Wer besorgt unsere erste Verpflegung? Wer macht zuerst unsere Denkkraft rege? Wer flößt uns die ersten Ideen ein? Das Weib. Sind seine Säfte unverdorben: so saugen wir mit seiner Milch Gesundheit und Kraft ein; Gift hingegen wird unsere Nahrung, wenn die Person ungesund ist, an deren Busen wir saugen. Bringen wir unsere ersten Lebenstage unter den Augen eines verständigen Weibes zu: so wächst unsere Vollkommenheit mit jedem Tage (…). Hingegen werden wir krank, schwächlich, (…) oder ein Raub des Todes; werden dumm, roh, eigensinnig, boshaft, die Gesichtszüge werden verzerret, wann wir das Unglück haben von einem unvernünftigen Weibe unsere erste Erziehung zu bekommen.

Treten die Jahre ein, in welchen wir anfangen Liebe zu fühlen: so wird wieder unsere ganze Handlungsart durch das Mädchen bestimmt, auf welches unsere Neigung gefallen ist. Was keine Ermahnung, keine Drohung, keine Versprechung, keine Predigt vermag, das bewirkt oft die Geliebte durch einen Blick oder einen Händedruck.

Fällt nun unsere Neigung auf ein Mädchen, dessen Verstand und Herz ausgebildet ist: so wird, durch den Umgang mit ihm, bey uns jeder Keim zum Gurren genährt und gepflegt, und jede rauhe Seite abgeschliffen, haben wir hingegen das Unglück eine Thörinn, eine Lasterhafte zu lieben: so sind wir in der größten Gefahr zu Thorheiten und Ausschreitungen verleitet zu werden, die uns auf unser ganzes Leben unglücklich machen können.

Mit wem verbinden wir uns endlich am genauesten? Mit einem Weibe. Mit ihm leben wir in der engsten Vertraulichkeit, seinem Schooße vertrauen wir den Keim unserer Nachkommenschaft an, ihm überlassen wir die Verwaltung des Geldes, welches unser Fleiß erwarb, die Aufsicht über das Gesinde, die erste Verpflegung und Ausbildung unserer Kinder. Wohl dem Manne, der mit einem Weibe sich verbindet, auf welches er sich, in jeder Rücksicht, verlassen kann; der mit der Überzeugung an sein Tagewerk geht, dass während seiner Thätigkeit sein Vermögen weislich verwaltet, sein Haus gut regiert wird, seine Kinder vernünftig verpfleget und erzogen werden, der nun, nach vollendetem Tagewerk in seines Weibes Zimmer tritt, allenthalben Spuren von Ordnung, Fleiss, Bestreben ihm zu gefallen, entdeckt, gesunde, freundliche, gut erzogene Kinder an seine Brust drücken kann, in den Armen seines Weibes nicht bloß sinnlichen, sondern auch geistigen Genuss findet, mit ihm sich über Haushaltung, Kinderzucht (…) Angelegenheiten der Menschheit, sich unterhalten kann; der im Kummer von ihm Trost, in Verlegenheit guten Rath finden kann! (…)

Wie unbeschreiblich elend lebt ein anderer, den sein Schicksal mit einem Weibe verband, bey welchem des Körpers, des Verstandes oder Herzens (…) vernachlässigt wurde! (…) Gewöhnlich bemerkt er nicht die geringste Anstalt zu seiner Aufheiterung, allenthalben hingegen Unordnung und Spuren der Unwissenheit, Nachlässigkeit, Eigensinns und Bosheit der Person, deren vorzüglichste Bestimmung ist, seine Gehülfin, Freundin und Rathgeberin zu seyn. (…)

Verbindet aber einen Mann, der selbst vernünftig, geschickt und rechtschaffen ist, mit einem wohl ausgebildeten Weibe, und er wird sich, (…) ein Paradies erschaffen.

Und gleichwohl trifft man doch zuerst wenig Anstalten an, das Weib zu veredeln. Misstress Wollstonecraft machte mir daher mit ihrem Buche, in welchem sie die Rechte ihres Geschlechts zu retten versucht, ein sehr angenehmes Geschenk (…). Freylich kann ich ihr nicht in allen ihren Behauptungen beystimmen. (…) Schlüsslich wünsche ich, dass das Lesen dieser Schrift, bey vielen Weibern und Mädchen, Gefühl ihrer Würde wirken, und sie zu dem Entschlusse bringen mögen, die ehrenvolle Stufe zu behaupten, zu welcher sie der Schöpfer bestimmt hat, Freundinnen, Rathgeberinnen, Freudengeberinnen, dem Manne, kluge Wirthinnen ihrem Hause, Erzieherinnen und Muster ihren Kindern zu seyn.“ 8)

Solch eine Ehefrau scheint Salzmann gefunden zu haben. In all seiner Entwicklung wurde er unterstützt von seiner Frau Sophie Magdalene, geb. Schnell (11.1.1756 Schloßvippach - 15.12.1810 Schnepfenthal), einer Pfarrerstochter, die er 1770 geheiratet hatte, als er 24 Jahre und sie 14 Jahre alt war. Das Paar bekam 15 Kinder. Das erste Kind wurde geboren, als Sophie Magdalene 15 Jahre alt war. Dann folgten jährlich bzw. in Abständen von zwei Jahren weitere 14 Kinder. Als das letzte Kind geboren wurde, war Sophie Magdalene 42 Jahre alt.

Über Sophie Magdalene heißt es ausführlich auf der Website der Stadt Rohrborn: „Hier wuchs sie als ein einfaches, liebes Landmädchen auf. Salzmann hatte sie im Hause ihres Vaters, mit dem er, wie mit den anderen Predigern der Nachbarschaft, im freundlichen Verkehr stand, kennen gelernt, und sie gefiel ihm ihrer Häuslichkeit und ihres frommen Sinnes wegen so wohl, daß er sich um ihre Hand bewarb, die er auch erhielt. Die junge Braut war kaum vierzehn Jahre alt, aber an Körper und Geist ihrem Alter weit voraus. Den Eltern machte es große Freude, ihr teures Kind den Händen eines so allgemein geachteten Mannes zu übergeben; sie nahmen daher keine Rücksicht auf die noch sehr geringe Einnahme des letzteren, wohl wissend, daß der Segen frommer Elternherzen das beste Heiratsgut ist, und so wurde denn am 15. Mai 1770 das auf herzliche Zuneigung und gegenseitige Achtung gegründete Ehebündnis eingesegnet. (…)

Auch Sophie war durch eine eigene Schickung schon frühzeitig auf ihren künftigen Beruf vorbereitet worden. Mit dem zwölften Jahre bekam sie die Pocken in der heftigsten Weise, so daß sie dem Tode nahe war, und ihr so blühendes, schönes Gesicht voll Flecken und etwas narbig wurde. Währenddem wurde der einzige Sohn den trauernden Eltern durch jene bösartige Krankheit entrissen. (…). Der Tod des Brüderchens und das Bewußtsein der eigenen überstandenen Gefahr machten einen tiefen Eindruck auf das zarte Gemüt des Kindes. Kaum so kräftig, daß sie wieder allein fortwanken konnte, trug die Genesene ihre Puppen und all ihr Spielzeug hinweg, und nie kam es ihr wieder in den Sinn, sich mit diesem ihr sonst so werten Zeitvertreibe zu belustigen. Die Mutter bei Führung der Wirtschaft zu unterstützen, den Vater beim Glasschleifen, wofür er eine große Liebhaberei hatte, an die Hand zu gehen, und ihre jüngere Schwester zu beaufsichtigen: dies waren jetzt ihre Hauptbeschäftigungen. Sie selbst hatte sich, trotz ihrer Jugend, eine solche Geschicklichkeit im Schleifen von Brillengläsern für verschieden Augen erworben, daß nach ihres Vaters Tode die durch seine Güte bis dahin mit Brillen versorgten Leute ihre Zuflucht zu ihr nahmen, und sie half, wo sie konnte, ungeachtet ihrer vielen Geschäfte. Ja sie schliff Mikroskoplinsen und Ferngläser zu ihrem Vergnügen.

Fast ein Jahr verstrich dem jungen Paare in ungetrübter Heiterkeit, da aber erkrankte Salzmann. Unvermögend, sich selbst zu helfen, oftmals ohne Besinnung, lag er mehrere Wochen hart darnieder. Ärztlicher Rat war bei der Entfernung des nächsten Städtchens, Sömmerda, nicht sogleich zu erhalten, und an erfahrenem Beistande fehlte es im Dörfchen selbst gänzlich. So lag die Sorge für ihren todkranken Mann der jungen Frau, die ihrer Niederkunft entgegen sah, fast allein ob. Doch die Liebe half tragen. Tag und Nacht wich die Gattin nicht vom Bette des Kranken, vergessend die Sorge für das eigene Leben.

Ihre braven Eltern und Schwiegereltern suchten zwar ihr Schicksal zu erleichtern, und ihre gute Mutter brachte wohl abwechselnd einen Tag oder eine Nacht in dem Krankenhause zu, um die hartbedrängte Tochter durch ihren Beistand zu unterstützen, allein auf längere Zeit ihr eigenes Hauswesen zu verlassen, war ihr nicht möglich, und so fand die junge Frau schon jetzt Gelegenheit, Beweise jener Kraft und Ausdauer an den Tag zu legen, die man in späteren Jahren an ihr bewundern mußte, wo sie einem Haushalte von sechzig bis achtzig Personen vorzustehen hatte. (…)

Im Frühjahr 1771 beschenkte Sophie ihren Gatten mit einem Sohne, der nach dem Großvater Salzmann Christian genannt wurde. (…). ihr kleiner Liebling begann zu kränkeln und nach wenigen Monaten war er still entschlafen. Grenzenlos war der Schmerz der zärtlichen Mutter, die nur die trostreichen, ruhig teilnehmenden Worte des trauernden Vaters zu beschwichtigen vermochten, der schon damals gewohnt war, alles als Fügung einer höheren Hand zu betrachten und sich bei den ihn treffenden Schicksalen nicht ganz seinen Empfingungen hinzugeben, sondern vielmehr über den Grund und über Vermeidung des Unglücks nachzudenken.

So lenkte der schmerzliche Todesfall seine Aufmerksamkeit auf die Behandlung der Kinder in ihren ersten Lebenstagen und enthüllte ihm eine Anzahl Mängel, die man sich damals noch bei der Behandlung derselben zu schulden kommen ließ.

Die durch das Nachdenken gewonnenen Grundsätze und die Erfahrungen über die körperliche Erziehung kleiner Kinder, welche Salzmann beim Heranwachsen seiner eigenen machte, deren ihm seine Gattin noch vierzehn gebar und die alle körperlich wie geistig gediehen, und von denen nur noch eins vor den Eltern von der Erde schied, veröffentlichte er zu Nutz und Frommen seiner Landsleute in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift ‚Der Bote aus Thüringen‘ (…)“. 9)