Scheffelstraße
Winterhude (1891): Josef Viktor von Scheffel (16.2.1826 Karlsruhe - 9.4.1886 Karlsruhe), Dichter.
2022 mitbenannt nach Scheffels Mutter Maria Josepha Scheffel, genannt Josephine (1805-1865), geb. Krederer, Malerin, Schriftstellerin und Salonnière.
Joseph Victor Scheffel war der Sohn der Malerin, Dichterin, Schriftstellerin und Salonière Josephine Scheffel (22.10.1805 Oberndorf am Neckar – 5.2.1865 Karlsruhe) und des Ingenieurs, badischen Baurats und Majors Philipp Jakob Scheffel. Seine Mutter zog neben diesen Sohn noch zwei weitere Kinder groß.
Josephine Scheffel, die als Maria Josepha Krederer geboren wurde, war die Tochter von Katharina Krederer, geb. Eggstein und des Kaufmanns und Stadtschultheißen Franz Joseph Krederer. Ihren zukünftigen Ehemann lernte sie bei ihrer Tante in Gengenbach kennen, „als dieser bei seinen (…) Eltern zu Besuch war. Er war Ingenieur und stand als Hauptmann in badischen Diensten. Am 8. Juni 1824 heirateten die beiden und hatten bis zum Tod Josephines über 40 Jahre später eine insgesamt harmonische Ehe“, heißt es im Wikipedia Eintrag zu Josephine Scheffel. 1)
Ihr Sohn Josef Viktor, der Namensgeber dieser Straße in Hamburg-Winterhude, soll durch seine Mutter stark geprägt worden sein. Deshalb soll er einmal gesagt haben: „Wenn Sie meine dichterische Art begreifen wollen, müssen Sie den Grund nicht in meinem Leben suchen; das ist sehr einfach verlaufen. Es kam alles von innen heraus. Meine Mutter hätten Sie kennen müssen: was ich Poetisches in mir habe, habe ich von ihr.“2) „Der zweite Sohn des Ehepaars, Karl (1827 -1879), war geistig und körperlich behindert. Die einzige Tochter Marie (27. Juni 1829 in Karlsruhe -18. Februar 1857 in München) war als freischaffende Landschaftszeichnerin tätig und gehörte dem Künstlerinnenkreis um Alexandra von Berckholtz an, war aber unglücklich verlobt und starb früh.“ 3)
Josephine Scheffel führte in ihrem Wohnhaus in der Karlsruher Stefanienstraße 18 einen Salon, in dem Künstlerinnen und Künstler sowie Literatinnen und Literaten verkehrten. Obwohl Josephine Scheffel es war, die den Salon ins Leben rief und ihn führte, wurde der Salon bekannt als „Salon der Frau Majorin Scheffel“. Josephine Scheffel wurde also, wie es damals in der patriarchalen Gesellschaft überaus üblich war, über den Beruf ihres Ehegatten definiert.
„Josephine Scheffel selbst war in erster Linie literarisch tätig; sie dichtete, teilweise auf Latein oder auch in schwäbischer Mundart, zu verschiedenen festlichen Gelegenheiten und schrieb lokal aufgeführte Schauspiele und Märchen, die über den Nachlass ihres älteren Sohnes erhalten geblieben sind. (…) Die überlieferten Gedichte decken ebenfalls ein breites Themenspektrum an; sie behandeln verschiedenste Motive aus der Zeitgeschichte, der Kunst (zum Beispiel ‚Zuruf an Liszt‘) und dem persönlichen Bereich (…).1892 erschien postum eine Sammlung einiger Gedichte Josephine Scheffels, die von ihrem Enkel Victor von Scheffel junior herausgegeben wurde. Alberta von Freydorf gab 1886, ebenfalls erst einige Jahre nach dem Tod der ‚Frau Majorin‘ Scheffel, eine Märchensammlung unter dem Titel ‚In der Geißblattlaube‘ heraus. Drei der darin enthaltenen Texte stammten von der Verstorbenen (‚Der ausgetretene Kinderschuh‘, ‚Strifriffel‘, ‚Märchen vom Hirsebrei‘), (…).“ 4)
Über Josephine Scheffels gesellschaftspolitisches Engagement steht in Wikipedia, sie „war eine bekennende Patriotin, gläubige Katholikin und nach den Verhältnissen ihrer Zeit emanzipierte Ehefrau. (…) Besonders engagierte sie sich in der Karlsruher Frauenbewegung.
Nach der Deutschen Revolution, bei deren Ausbruch soziale Missstände eine zentrale Rolle gespielt hatten, initiierte Scheffel die am 1. Mai 1848 erfolgende Gründung des karitativen ‚Elisabethenvereins‘.Unter der offiziellen Bezeichnung ‚Jungfrauenverein zur Unterstützung bedrängter Arbeiterfamilien‘ veranstaltete dieser wohltätige kulturelle Veranstaltungen zur Unterstützung der Unterschicht. (…) Über einen langen Zeitraum hinweg stand Scheffel als Präsidentin dem Elisabethenverein und dem ‚Comite‘, seinem zentralen Organisationsgremium, vor. Unterstützt wurden durch die Arbeit der Organisation arbeitsunfähige und kranke Arbeitnehmer der Stadt, unabhängig von ihrem religiösen Bekenntnis. (…)
Daneben war Scheffel aktives Mitglied des bereits seit 1831 bestehenden Sophien-Frauenvereins Karlsruhe, der sich ebenfalls der Unterstützung armer Arbeiterfamilien verschrieben hatte. (…).“5)
1859 war Josephine Scheffel Mitbegründerin des Badischen Frauenvereins, der sich unter Vorsitz der Großherzogin Luise gegründet hatte.
Kommen wir nun zum Sohn und Straßennamensgeber: Josef Viktor Scheffel musste auf Wunsch seines Vaters Rechtswissenschaften studieren. Daneben belegte er aber noch die Fächer Literatur und germanische Philologie und wurde Mitglied mehrerer Burschenschaften, so z. B. der Burschenschaft Teutonia. Nach seiner Promotion in Jura und einigen Jahren Tätigkeit im juristischen Bereich, wechselte er ins literarische und künstlerische Fach, versuchte sich einige Zeit als Maler, erkannte dann aber seine Begabung in der Dichtkunst.
Neben seiner Mutter spielte auch seine jüngere Schwester Marie eine wichtige Rolle in Scheffels Leben. Sie war den Künsten ebenso zugeneigt wie ihr Bruder; sie malte und dichtete. Doch sie infizierte sich im Alter von 27 Jahren mit Typhus und starb.
In Liebesdingen hatte Scheffel wenig Erfolg. Mit 18 Jahren verliebte er sich erstmals. Doch seine Angebetete, Julie Schlichtegroll, wusste davon nichts, weil er zu schüchtern war, ihr ein entsprechendes Zeichen seiner Zuneigung zu geben. Auch verliebte er sich mit 30 Jahren in Maria Nebel. Dieses Mal zeigte er seine Zuneigung und hielt um ihre Hand an. Doch Marias Vater war gegen diese Verbindung, da er seine Tochter nicht gut versorgt sah.
In seinen Veröffentlichungen verarbeitete Scheffel seine Erfahrungen in Liebesdingen, so z. B. in seinen Werken „Der Trompeter von Säckingen“ (1854) und „Ekkehard“ (1855). Damals hatte sich Scheffel in seine Cousine Emma Koch-Heim (1835-1910) verliebt und wollte sie heiraten – doch vergebens. Sie heiratete einen anderen, wurde aber mit diesem unglücklich. Als sie 1858 allein bei ihrem Vater in Freiburg weilte und Scheffel zu sich einlud, kam es zu einer Aussprache zwischen den beiden und Scheffel erfuhr, dass „sie bereue, nicht die Seine geworden zu sein. (…) Aber gleich darauf überkam ihn auch das Bewußtsein von dem, was er nach seinen Grundsätzen und denen des Elternhauses dem Seelenfrieden Emmas schuldig war. Er versuchte sie zu meiden. (…) und wollte [sich] durch die Verlobung mit einem jungen schönen Mädchen, das er schon länger kannte, (…) Julie Artaria, von dem Fluch der ‚Unsegensminne‘ für Emma (..) befreien. Er wußte sich in der Familie gern gesehen; aber es wiederholte sich zu seinem Unglück jetzt der Fall, daß das Herz der von ihm Erkorenen nicht mehr frei war.“ 6)
1864 lernte er Caroline Freiin von Malsen (1833-1904), Tochter des bayrischen Gesandten am badischen Hof kennen. „Gemeinschaftliche Beziehungen zur Münchner Kunst- und Künstlerwelt hatten die Annäherung bewirkt. Am 22. August erfolgte die Hochzeit im Hause der Braut. Die gleiche Liebe zur schönen Natur und zu ihrem Genuß in frischer Wanderung beseelte das Paar, (…).“ 7)
Doch die Ehe war nicht glücklich. „Bei der Geburt des einzigen Kindes Victor im Jahre 1867 lebten die Eltern schon nicht mehr zusammen.“ 8) Caroline hatte ihren Mann verlassen und das Kind mitgenommen. „1869 entführte Scheffel seinen Sohn von einem Spielplatz nahe Carolines Wohnung in München. Der Sohn wuchs beim Vater in Karlsruhe auf und ergriff später eine militärische Laufbahn.“ 9)
Wie ist das literarische Schaffen Josef Viktor von Scheffel einzuordnen. Heute kennt ihn kaum noch jemand, damals, als die Straße Ende des 19. Jahrhunderts benannt wurde, war das anders. Scheffel: „zählte am Ende des 19. Jahrhunderts zu den populärsten und erfolgreichsten Schriftstellern seiner Zeit. (…) Das hohe Ansehen Scheffels als Autor eines vornehmlich bürgerlichen Lesepublikums zeigt sich nicht zuletzt darin, daß seine Werke durchweg auch in Form von Prachtausgaben erschienen, (…). Scheffel kam den Bedürfnissen seiner Leser mit Schilderungen einer scheinbar ursprünglich-heilen Welt des Mittelalters, so im ‚Ekkehard‘, oder durch die Wahl sentimentaler Stoffe mit glücklichem Ausgang, etwa im ‚Trompeter von Säckingen‘, entgegen. (…) Der ‚Scheffelkult‘ erfuhr mit dem Ersten Weltkrieg eine deutliche Zäsur, auch wenn sich der 1924 gegründete ‚Deutsche Scheffelbund e.V.‘ um Fortsetzung bemühte und sich mit den Editionen der Scheffel-Briefe bleibende Verdienste erwarb. Scheffels literarische Bedeutung schien nun überschätzt; der einstmals gelobte, anheimelnde ‚Butzenscheibenstil‘ seiner Werke wich kritischer Beurteilung. Die Literaturwissenschaft tat ihn als trivial ab und so geriet der Dichter weitgehend in Vergessenheit.“ 10)
Politisch trug Scheffel viel zum deutschen Nationalgefühl bei. Scheffel nahm an der bürgerlichen Revolution von 1848 teil. Jedoch forderte er keine sozialen Reformen.