Schottweg
Hohenfelde (1979): Gerhard Schott (16.4.1641 Hamburg -25.10.1702 Hamburg), Senator, Mitbegründer der Hamburger Oper am Gänsemarkt, Besitzer dieser Oper.
Als 1678 die Oper am Gänsemarkt, der so genannte Opernhof, östlich des Gänsemarktes als erste feststehende Bühne in Deutschland gebaut wurde, bedeutete das einen wichtigen Einschnitt in der Geschichte des deutschen Theaters, das bis dahin seinen Platz an Höfen oder auf Straßen und in Jahrmarktsbuden gehabt hatte.
Eröffnet wurde das Opernhaus mit dem Singspiel „Adam und Eva oder der erschaffene, gefallene und aufgerichtete Mensch“ von Johann Thiele.
Als bürgerliches Unternehmen hatte die Hamburger Oper anders als die Hoftheater bürgerliche Träger und war auf Profiterwirtschaftung angewiesen. Einer der Initiatoren der Oper und erster Opernbesitzer und -direktor war der Jurist und spätere Senator Gerhard Schott. Über ihn heißt es in der Datenbank „Hamburger Persönlichkeiten“: „Nach Jurastudium in Heidelberg, Helmstedt und Basel 1665 Promotion zum Licentiaten beider Rechte. Danach umfangreiche Bildungsreise durch Westeuropa, seitdem als Advokat in Hamburg ansässig und 1693 Senator. Vermählt 2.10.1671 mit Anna Caecilia von Spreckelsen. 1677 Mitbegründer der Hamburger Oper am Gänsemarkt und bald ihr alleiniger Inhaber; Auftraggeber des Hamburger Modells des Salomonischen Tempels.“ 1)
Und in Wikipedia steht u. a. über ihn: „Schott war der Sohn des Kaufmanns Arnold Reinhold Schott und der Maria Arens. (…) Obwohl erst sein Großvater sich in Hamburg niedergelassen hatte, wurde Schott 1682 als Aktuar am Niedergericht und 1693 in den Rat berufen. Die guten Kontakte der Familien und seine Heirat 1671 mit Anna Caecilia von Spreckelsen, die aus einer alten Hamburger Familie stammte, trugen zur Förderung seiner Karriere wesentlich bei. Aus der Ehe gingen zwei Söhne und drei Töchter hervor.“ 2)
Aber zurück zur Oper als Schott Direktor war: Mit dem biblischen Stoff: einer Adam- und Eva-Oper sollten: „die einflussreichen Hamburger Persönlichkeiten mit dem neuen musikalischen Medium vertraut [gemacht werden] (…), denn in Hamburg gab es viele und heftige Vorbehalte gegen die Oper.“3) Die Hauptkritikpunkte waren – ganz kaufmännisch gedacht – die hohen Kosten für Opernaufführungen, „zum zweiten waren sie höfischer Herkunft, was die bürgerliche Skepsis gegen alles Aristokratische heraufbeschwor, und zum dritten waren sie ungewohnt und seltsam, denn kein Mensch unterhielt sich im normalen Leben mit dem Gesprächspartner singend.“ 4)
Besonders heftig reagierte aber die Hamburger Geistlichkeit auf die Oper. Dabei gab es auch hier zwei Lager. „Die eine Seite ließ die Oper unter bestimmten Bedingungen gelten und verfasste sogar selbst manche Libretti, die Gegenseite verteufelte die Oper und verlangte vom Rat ein Verbot. Hier beruhigend einzuwirken, war vermutlich der Sinn der ‚geistlichen‘ Voreröffnung mit Theiles Adam- und-Eva-Oper (…).“ 5)
Die Befriedung gelang, doch 1681 brach der Streit erneut heftig auf. So verlangte der Pietist Anton Reiser [1628–1686], Pastor an St. Jacobi, in seiner gedruckten Schrift „Theatromania oder die Werke der Finsterniß in den öffentlichen Schauspielen, von den alten Kirchenlehrern und etlichen heidnischen Scribenten verdammet“ ein Verbot von Oper und Theater. „Der Pietismus setzte sich in diesen Jahren intensiv mit dem Einfluss der Künste auf die Menschen und ihr Seelenheil auseinander, da er begriffen hatte, dass die Künste – selbst in kirchlichem Zusammenhang – eine ästhetische Eigenqualität entfalteten, die die Sinne der Betrachter und Zuhörer von den dadurch vermittelten geistlichen und moralischen Wahrheiten ablenkte, und speziell die Musik mit ihrem berauschenden Zauber galt als unheilig.“ 6)
Gegen diese Schrift wurden mehrere Gegenschriften veröffentlicht, so dass schließlich wieder Ruhe einkehrte. Doch diese war nur von einiger Dauer. „Mit dem ersten Höhepunkt der innerpolitischen Hamburger Auseinandersetzungen 1685/86 geriet jedoch auch die Oper wieder zwischen die feindlichen Fronten und musste auf Beschluss der Bürgerschaft für mehr als ein Jahr den Betrieb einstellen. Als Gerhard Schott schließlich auf Wunsch der Residenten der auswärtigen Mächte am 14. April 1687 die Opernaufführungen wieder aufnahm, brach der Sturm der Entrüstung seitens der inzwischen verstärkten pietistischen Partei der Geistlichkeit los. Schott versuchte, durch eine Unterschriftenaktion an der Börse, den Opernbetrieb zu retten, doch der geringe Erfolg zwang ihn, die Oper erneut zu schließen, während der Rat beim Geistlichen Ministerium eine Entscheidung einholte, ob das Theater den Status der theologischen ‚Adiaphora‘, also der ‚geistlichen Mitteldinge‘, die weder von sich aus gut noch von sich aus schlecht wären, für sich beanspruchen könnte. Die Geistlichen waren uneins, und Schott erreichte endlich beim Rat die Erlaubnis, wieder Opern spielen zu lassen, doch die Predigten gegen die Oper hörten nicht auf. Dadurch sah sich Schott veranlasst, sich in seinem Bemühen um die Oper der Meinung auswärtiger Autoritäten zu versichern, und holte gegen Ende des Jahres 1687 Gutachten von den theologischen und juristischen Fakultäten der Universitäten Jena, Rostock und Wittenberg und von dem gelehrten, musikliebenden und pietistenfeindlichen neuen Hamburger Jakobihauptpastor Johann Friedrich Mayer ein [1650–1712].“ 7)
Damit wurde dann wieder Ruhe erreicht. Doch es flammten in der Folgezeit immer wieder von Seiten der Kirche Proteste gegen die Oper auf, besonders dann, wenn in ihren Augen die gesellschaftspolitische Situation solch ein Vergnügen nicht zuließ, so in Zeiten von Unruhen, Kriegen und während des Ausbruchs der Pest.
Nach Schotts Tod 1702 übernahm seine damals 54-jährige Witwe Anna Caecilia Schott, geb. Von Spreckelsen (24.6.1648 Hamburg – 16.2.1718 Hamburg) die Geschäftsführung der Oper und führte die finanziellen Belange des Hauses weiter. Gespielt wurde an zwei bis drei Werktagen in der Woche, wobei die Vorstellungen, die am späten Nachmittag begannen, wegen der Umbaupausen vier bis sechs Stunden dauerten. In der Platzverteilung zeigte sich die soziale Struktur der Stadt: In den großen Logen saßen Adel und Kaufleute, in den oberen Logen Zuckerbäcker, Brauer, Kübler, Krämer, Goldschmiede, Schiffer, Maler und deren weibliche Angehörige, im Parterre Tagelöhner, Kutscher, Dienstboten, niedere Schreiber, Gesellen und Lehrlinge.