Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Silcherstraße

Bahrenfeld (1950): Philipp Friedrich Silcher (27.6.1789 Schnait – 26.8.1860 Tübingen), Komponist.


Die Silcherstraße hat vor ihrer Benennung 1950 verschiedene Namen gehabt: 1885 Lindenstraße; 1881 Beethovenstraße; 1940: Cubastraße und seit 1950 nun Silcherstraße.

Silcher komponierte z. B. das Lied für einen Männerchor: „Aufs Wohl der Frauen“ (Füllt noch einmal die Gläser voll) und für einen Frauenchor: „Mei Schatz ist a Reiter.“

Silchers Mutter war Hedwig Henrica, geb. Sprecher (1766-1820), sein Vater, der Lehrer Carl Silcher (1755–95). Dieser starb, als Philipp Friedrich Silcher sechs Jahre alt war. Seine Mutter heiratete den Nachfolger ihres verstorbenen Mannes – also erneut einen Lehrer – der Silchers Stiefvater wurde. Dieser: „nahm sich der Erziehung des aufgeweckten Jungen in väterlicher Weise an und pflegte insbesondere die frühzeitig zu Tage tretende musikalische Begabung desselben, (…),“ 1) heißt es in der Allgemeinen Deutschen Biographie.

Silcher wurde Lehrer, zuerst Hauslehrer, dann Mädchenschullehrer und bildete sich musikalisch weiter, nahm Klavier- und Kompositionsunterricht. Schließlich ging er 1815 als Privatschullehrer nach Stuttgart und avancierte 1817 zum ersten Universitätsmusikdirektor und Musiklehrer am Ev. Stift und am Kath. Wilhelmstift in Tübingen.

Silcher setzte sich „für die Förderung der Kirchen- und Schulmusik sowie für die musikalische Volksbildung in Württemberg ein und gründete in Tübingen 1829 die Akademische Liedertafel und 1839 den Oratorienverein. Über seinen großen Freundes- und Schülerkreis, (…) übte er nicht zuletzt in seiner Haltung als liberaler Demokrat nachhaltigen Einfluß auf die bürgerliche Musikkultur über den dt.sprachigen Raum hinaus aus“. 2)

Silcher verfasste über 1000 Werke. „ (…) als Mitherausgeber des ‚Allgemeinen Deutschen Commersbuches‘ (1858) neben Wilhelm v. Zuccalmaglio (1803–69) und Ludwig Erk (1807–83) gilt S. (…) mit seinen etwa 320 dt. und ausländische Lieder enthaltenden Anthologien (1826–60) als einer der bedeutendsten Liedsammler und als erfolgreichster Komponist von Liedmelodien im 19. Jh. (…). Nicht nur seine gesammelten und bearbeiteten, sondern auch die im Sinne des Volkstons erfundenen Liedvertonungen wurden selbst zu international bekannten Volksliedern, darunter die für Julie Hausmanns 1862 gedichtetes Trauungslied ‚So nimm denn meine Hände‘ verwendete Melodie (1842), das ‚Ännchen von Tharau‘ (1827), Heinrich Heines ‚Loreley‘ (1838) oder Wilhelm Müllers ‚Am Brunnen vor dem Tore‘ (nach Franz Schubert, 1846),“ 3) ist in der Neuen Deutschen Biographie nachzulesen.

1822, als Silcher 31 Jahre alt war und in Tübingen als Universitätsmusikdirektor tätig war, heiratete er die 18-jährige Kaufmannstochter Luise Rosine Enßlin (6.9.1804 Tübingen - 17.6. 1871 Tübingen). Das Paar bekam drei Kinder.

In der NS-Zeit wurde Silcher vereinnahmt zur Stabilisierung der NS-Kultur. So ließ der NSDAP-Kreisleiter von Schorndorf Hans Rauschnabel (1895-1957) in Schnait ein Silcher-Museum einrichten. Martin Ulmer schreibt: „Als er im Sommer 1937 zum Kreisleiter des erweiterten Kreises Tübingen (u.a. Rottenburg) aufstieg, sah er in der engagierten Pflege des Silcherkults für NS-Staat und Volk eine zentrale Aufgabe. (…).

Rauschnabel hob die Bedeutung Silchers und sein deutsch-nationales und männlich geprägtes Liedgut für den Nationalsozialismus in Abgrenzung zu undeutscher internationaler Politik und der früheren liberalistische Zeit hervor (…).“4)

Auf Betreiben von Hans Rauschnabel wurde 1939 in Tübingen der Grundstein für ein Silcherdenkmal gesetzt.

Im Januar 2020 wurde das 1941 von den Nationalsozialisten aufgestellte Silcher-Denkmal in ein Mahnmal gegen die Vereinnahmung der Künste durch rassistische und nationalistische Kräfte umgewidmet. Dieses Denkmal zeigt einen überlebensgroßen Silcher, aus dessen: „Rücken Figuren aus seinen Liedern herauswachsen. Es finden sich Soldaten mit Stahlhelm, ein abschiedsnehmendes Liebespaar und ein Putto mit geschultertem Gewehr, der eine kriegsbegeisterte Jugend verkörpert“. 5)

Die Aktion der Umwidmung wurde vom Kollektiv „Neue Dringlichkeit“ „im Rahmen der Arbeit an der Stückentwicklung ‚Der Widerspruch – Ein Volkslied‘ am Institut für Theatrale Zukunftsforschung organisiert“ 5).