Stauffenbergstraße
Nienstedten (1963): Claus Schenk Graf von Stauffenberg (15.11.1907 Schloss Jettingen, Bayern – 21.7.1944 Berlin), Oberst im Generalstab, Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
Der katholisch erzogene Claus Schenk Graf von Stauffenberg zeichnete sich schon in jungen Jahren durch ein großes Verantwortungsgefühl aus. Später wurde von Stauffenberg Offizier im Generalstab und galt als hochbegabter Soldat. Im Verlauf des Krieges durchschaute er jedoch den verbrecherischen Charakter der NS-Staatsführung. Allerdings gelang es ihm nur langsam, sich der Faszination zu entziehen, die der erfolgreiche Feldherr Adolf Hitler auf ihn ausübte. Nachdem er schwer verwundet wurde, versetzte man von Stauffenberg im September 1943 als Stabschef in das Allgemeine Heeresamt. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits ein Mitglied des Widerstandskreises, der sich unter hochrangigen Wehrmachtsoffizieren gebildet hatte. Nachdem 1943 erneut Attentatspläne gescheitert waren, fasste von Stauffenberg Anfang Juli 1944 den Entschluss, in eigener Regie einen Anschlag auf Hitler zu wagen. Am 20. Juli 1944 platzierte er ein Sprengstoffpaket im stark gesicherten „Führerhauptquartier Wolfschanze“ in Ostpreußen. Die Bombe detonierte, doch Hitler überlebte den Anschlag, nur leicht verletzt. Am selben Tag nach Berlin zurückgekehrt, versuchte von Stauffenberg weitere hohe Offiziere für den Umsturz zu gewinnen. Doch der Putschversuch misslang. Noch in derselben Nacht wurde Claus Schenk Graf von Stauffenberg mit seinen Mitverschwörern im Hof des Bendlerblocks erschossen.
Claus Schenk Graf von Stauffenberg war seit September 1933 mit Nina, geb. Freiin von Lerchenfeld (27.8.1913 Kowno – 2.4.2006 Kirchlauter), verheiratet. Das Paar hatte fünf Kinder (geboren: 1934, 1936, 1938, 1940, Januar 1945). „Für Nina von Stauffenberg bestand die Rolle im Widerstand ‚praktisch darin, meinem Mann den Rückhalt zu bieten, nicht als Klotz an seinem Bein zu hängen, sondern meine Aufgabe zu erfüllen, nicht im Wege zu stehen und ihn nicht zu belasten‘“, zitiert die Journalistin Ariane Barth in ihrem Spiegel-Artikel „Wie ein Damoklesschwert. Über die Witwen des 20. Juli, Spiegel 29 vom 18.7.1995 aus dem Buch von Dorothee von Meding „Mit dem Mut des Herzens. Die Frauen des 20. Juli“, das 1992 herauskam und für das die Witwen des 20. Juli interviewt wurden. Nina von Stauffenberg „wußte von der Bombe, (…). Was sie aber nicht wußte, war, ‚daß er es selber machen würde‘. So wurde der 20. Juli für die mit ihrem fünften Kind schwangere Frau des Attentäters Stauffenberg ein ganz normaler Ferientag in der Sommerfrische, bis ein Mädchen aus dem Haus gerannt kam und die Radionachricht von dem Attentat überbrachte. Stauffenberg, sein Adjutant Haeften sowie die Mitverschworenen General Friedrich Olbricht und Oberst Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim wurden noch am selben Abend im Hof des Bendlerblocks, dem Sitz des Oberkommandos des Heeres, erschossen. Auf Anweisung von Himmler wurden die Leichen mit Ritterkreuz wieder ausgegraben und verbrannt, die Asche in die Felder gestreut. Der Familie Stauffenberg schwor er Rache ‚bis ins letzte Glied‘. Da die Häscher sie in der Sommerfrische erst am dritten Tag nach dem ‚ungeheuren Einschnitt‘ fanden, hatte Nina von Stauffenberg zwei Tage als ‚Geschenk des Himmels‘, um ‚mit mir ins reine zu kommen‘ und im Sinne ihres Mannes zu handeln: ‚Er hatte mir verboten, loyal zu ihm zu stehen.‘ Um ihre Kinder zu schützen, ihre ältesten Jungen Berthold und Heimeran waren zehn und acht Jahre alt, sagte sie ihnen, ihr Vater habe sich geirrt: ‚Die Vorsehung schützte unseren lieben Führer.‘“ 1)
Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg wurde nach dem Attentat auf Hitler mit ihren Kindern von der Gestapo in „Sippenhaft“ genommen. Die Kinder wurden in ein Kinderheim verschleppt, die schwangere Nina von Stauffenberg musste ihr fünftes Kind in einem Frauenentbindungsheim der Nationalsozialisten gebären. Danach kamen sie und auch andere Familienmitglieder in verschiedene Konzentrationslager, wo sie als Sondergefangene bis Kriegsende bleiben mussten.
Der Beirat zur Überprüfung Düsseldorfer Straßen- und Platzbenennungen schreibt in seinem Abschlussbericht über die Düsseldorfer Graf-von-Stauffenberg-Straße: „Claus Schenk Graf von Stauffenberg ist als die wohl bedeutendste Symbolfigur des deutschen Widerstands in die Erinnerungskultur des 20. Jahrhunderts eingegangen und wird bis heute als ‚Bewahrer der nationalen Ehre‘ (Mommsen, S. 252) geehrt. Während seine Beteiligung am Umsturzversuch des 20. Juli 1944 hinreichend dokumentiert ist, sind seine Motive bis heute Gegenstand zahlreicher Spekulationen und werden sowohl im gesellschaftspolitischen Diskurs als auch in der Forschung wiederholt in Frage gestellt. Dabei resultieren die zum Teil konträren Einschätzungen führender Fachhistoriker nicht zuletzt aus der posthumen ideologischen Instrumentalisierung des Wehrmachtsangehörigen. Nachdem Stauffenberg bis in die 1950er Jahre als Verräter diffamiert worden war, setzte erst allmählich die Einsicht ein, ‚dass es sich bei dem Attentat [...] um eine politisch und moralisch legitime Widerstandshandlung gegen ein verbrecherisches Regime gehandelt hatte‘ (Wette, S. 73). Nach wie vor streitet sich die historische Forschung um die Beweggründe, die Claus Schenk Graf von Stauffenberg an Adolf Hitler zweifeln ließen und ihn schließlich in den Widerstand führten. Fest steht, dass er als junger patriotischer und nationalkonservativ gesinnter Leutnant die ‚Machtergreifung‘ der Nationalsozialisten und ihre Revisionspolitik begrüßt hatte, sich weder am Führerprinzip noch an der Abschaffung der Demokratie störte und wohl auch die antisemitischen Ausschreitungen tolerierte. Über den Zeitpunkt und die Motivlage der inneren Abkehr existieren dementsprechend unterschiedliche Aussagen und Meinungen. Während einige Historiker bereits ab Mitte der 1930er Jahre eine Distanzierung feststellen wollen, gehen andere von der Unterstützung Stauffenbergs für das NS-Regime bis in den Zweiten Weltkrieg aus. Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Frage, ob der Offizier sich letztendlich aus ethisch-moralischen oder staatspolitischen Gründen für den aktiven Widerstand entschied. In diesem Zusammenhang muss zwangsläufig sein militärisches Selbstverständnis berücksichtigt werden, sah er sich doch ‚bei allem ihm eigenen politischen Denken in erster Linie als Soldat‘ (Neitzel, S. 223), der auch in einem autoritären Staatsgefüge seine Pflicht zu erfüllen hatte. Dementsprechend diente Stauffenberg trotz seiner wachsenden Zweifel lange Zeit loyal in der Wehrmacht und teilte die Euphorie über die deutschen Siege in Polen und Frankreich. Seine ‚Entwicklung zum Regimegegner war also ein mehrere Jahre dauernder Prozess, in dem er verschiedene Grauzonen zwischen Zustimmung und Ablehnung durchschritt.‘ (Metzger, S. 73) Spätestens mit dem Überfall auf die Sowjetunion, den damit einhergehenden Kriegsverbrechen und Verlusten der Wehrmacht setzte ein widerständiges Denken ein, das ihn schließlich von der Notwendigkeit eines politischen Umsturzes überzeugte. Über das entscheidende Motiv für das Attentat am 20. Juli 1944 herrscht bis heute Uneinigkeit; während einige Historiker davon ausgehen, dass weniger die Verbrechen gegen die Menschlichkeit als vielmehr die Sorgen um den Kriegsverlauf und den Bestand Deutschlands im Vordergrund standen, sehen andere in den Vorbereitungen des Staatsstreichs einen ‚Aufstand des Gewissens‘ (Neitzel, S. 225). Es gilt als unbestritten, dass Claus Schenk Graf von Stauffenberg in seiner Funktion als Generalstabsoffizier der Wehrmacht das NS-Unrechtssystem über Jahre mitgetragen hat und aus heutiger Sicht sicherlich nicht als überzeugter Demokrat gelten kann. Dennoch ‚traute er sich, Verantwortung zu übernehmen, obwohl und weil [er] wusste, dass Diktaturen immer schuldig machen.‘ (Steinbach, S. 111) Sein entschlossener und selbstloser Einsatz für den Widerstand sollte dementsprechend gewürdigt werden.“ 2)