Stegerwaldring
Horn (1964): Adam Stegerwald (14.12.1874 Greußenheim/Würzburg – 3.12.1945 Würzburg), Gewerkschaftsführer, Reichsminister.
Adam Stegerwald war der Sohn von Franziska Stegerwald, geb. Staab und des Kleinbauern Martin Stegerwald. Adam Stegerwald hatte noch sieben Geschwister. In der Neuen Deutschen Biographie heißt es zum Werdegang von Adam Stegerwald: „S. absolvierte eine Schreinerlehre und ging nach seinen Wanderjahren 1894 nach München, wo er an Kursen der kath. Arbeitervereine teilnahm und 1900–02 Gasthörer an der Universität u. a. bei Lujo Brentano war. 1899 war er Mitbegründer des ‚Christlichen Holzarbeiterverbandes‘, später Generalsekretär (1903–20) bzw. Vorsitzender (1920–29) des ‚Gesamtverbandes der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands‘. Obwohl er selbst von der kath. Soziallehre wesentlich geprägt war, verteidigte er im ‚Gewerkschaftsstreit‘ innerhalb des dt. Katholizismus (1900–12) die Unabhängigkeit der Christlichen Gewerkschaften erfolgreich gegen Bestrebungen einzelner Bischöfe, sie der kirchlichen Autorität zu unterstellen. Während des 1. Weltkriegs ordnete er die Christlichen Gewerkschaften in den ‚nationalen Burgfrieden‘ ein,“ 1)
In Wikipedia ist über Stegerwalds politische Ausrichtung zu lesen: „In der Konzeption der Gewerkschaftspolitik steuerte er einen antisozialistischen, kaisertreuen und die deutsche Kolonialpolitik unterstützenden Kurs und versuchte durch Zusammenschluss mit weiteren Organisationen (Deutschnationaler Handlungsgehilfen-Verband, evangelische und katholische Arbeitervereine) zu einem Deutschen Arbeiterkongress zu gelangen, um ein Gegengewicht zu den freien Gewerkschaften zu schaffen. Er unterstützte den Kriegskurs der Regierung und wurde von 1916 bis 1919 Vorstandsmitglied des Kriegsernährungsamts. (…).“ 2)
Über Stegerwalds politische Laufbahn ab 1917 schreibt Bernhard Forster 2013 in der Neuen Deutschen Biographie: „1917 als einziger Arbeitervertreter in das Preuß. Herrenhaus berufen. S. war überzeugter Monarchist, verteidigte nach der Revolution aber die Republik gegen Umsturzversuche der radikalen Parteien. 1918/19 initiierte er den ‚Deutschen Gewerkschaftsbund‘ (DGB), einen Zusammenschluß der Christlichen Gewerkschaften mit mehreren nichtsozialistischen Angestellten- und Beamtenverbänden, dem er – ebenso wie dem ‚Gesamtverband der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands‘ – bis 1929 vorstand. Mit dieser Hausmacht im Rücken übernahm S. höchste politische Ämter für die Deutsche Zentrumspartei: 1919 wurde er in die Nationalversammlung und in die Preuß. Landesversammlung gewählt, 1919–21 amtierte er als Preuß. Volkswohlfahrtsminister, 1921 kurzzeitig als Ministerpräsident. Als Reichstagsabgeordneter (1920–33) und wichtigster Vertreter des Arbeiterflügels des Zentrums prägte er die Sozialgesetze der Weimarer Republik mit. Sein gesellschaftliches Ideal war die ‚Volksgemeinschaft‘ aller demokratischen Kräfte von der SPD bis zur DNVP. Um die Zersplitterung des dt. Parteiwesens zu überwinden, rief er 1920 im ‚Essener Programm‘ – vergeblich – zur Gründung einer interkonfessionellen christlichen Volkspartei auf. Seine Ämterhäufung in Politik und Arbeiterbewegung sowie sein Eintreten für eine Zusammenarbeit des Zentrums mit den konservativen Parteien DVP und DNVP provozierten jedoch erhebliche Widerstände in den eigenen Reihen. 1928 scheiterte er als Kandidat für den Vorsitz seiner Partei, 1929 legte er seine Ämter in der Arbeiterbewegung nieder. Nach einem Intermezzo als Zentrums-Fraktionsvorsitzender im Reichstag (1929) und Reichsverkehrsminister (1929 /30) war er 1930–32 als Arbeitsminister im Kabinett seines früheren persönlichen Referenten Heinrich Brüning (1885–1970) für die Sozialpolitik des Reiches unter den Bedingungen der Weltwirtschaftskrise verantwortlich. Die Deflationspolitik Brünings trug er mit, weigerte sich aber, den Sozialstaat insgesamt zu beseitigen. 1933 stimmte S. mit seiner Fraktion dem Ermächtigungsgesetz Hitlers zu, wurde jedoch wenig später aus sämtlichen öffentlichen Funktionen verdrängt. Anschließend zog er sich ins Privatleben zurück und beschäftigte sich in schriftlichen Exposés mit der Frage, ob eine Annäherung der kath. Kirche an den Nationalsozialismus möglich sei, was er bejahte.“ 1)
In Wikipedia heißt es über Stegerwalds Wirken in der NS-Zeit: „Von 1934 bis 1935 übte er die Funktion eines Hausvogts von zwei Frauenklöstern in und bei Berlin aus. 1935 erwarb er eine Beteiligung an einer Torfverwertungsgesellschaft. 1937 kaufte er ein Mietshaus zur Alterssicherung aus nachgezahlten Übergangsgeldern seiner Ministerzeit. In Briefen mit Eugen Bolz, Thomas Esser und Jean Albert Schwarz setzte er sich mit dem Nationalsozialismus auseinander. Er plädierte für ein Abrücken der katholischen deutschen Bischöfe von ihrem strikt ablehnenden Kurs gegenüber dem Regime, da er andernfalls mit einer weiteren Radikalisierung der NS-Politik und einer zwangsweisen Zerschlagung der Kirchen rechnete.
Bis Ende 1938 erhielt er Mittel aus dem Bezug des Übergangsgelds aus seiner Ministertätigkeit. Im Juni 1939 wurde er in der SD-Übersicht Erfassung führender Männer der Systemzeit (Konfessionelle Parteien) aufgeführt. (…).“ 2)
Adam Stegerwald wurde nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 einige Wochen inhaftiert. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus war er an der Gründung von CDU und CSU beteiligt und außerdem der von den US-Behörden eingesetzte Regierungspräsident von Unterfranken.
„S.s wichtigste Ziele waren die politisch-gesellschaftliche Gleichberechtigung der Arbeiter und der Ausgleich zwischen Kapitalismus und Sozialismus, der später in die Soziale Marktwirtschaft einging.“1)
Stegerwald war seit 1902 verheiratet mit Crescentia Humpel (1879-1951). Das Paar hatte fünf Söhne und eine Tochter (geboren: 1903, 1904, 1905, 1909, 1911, 1916). In all der Zeit, in der die Kinder geboren und großgezogen wurden, konnte Stegerwald ohne Einschränkung, dank der Erziehungsarbeit, die seine Ehefrau übernommen hatte, seiner gewerkschaftlichen und politischen Arbeit nachgehen.