Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Steubenstraße

Horn (1930): Friedrich Wilhelm von Steuben (17.9.1730 Magdeburg – 28.11.1794 Steuben USA), preußischer General. Freimaurer.


Wegen des Gerüchts, dass Steuben „Beziehungen zu Knaben unterhalten haben“ soll, war seine Karriere in Preußen beendet. „Steuben war zeitlebens Junggeselle; die Möglichkeit, eine reiche Frau zu heiraten, nutzte er nicht. ‚Stattdessen fühlte er sich dem anakreontischen Freundschaftsleben verbunden‘. In Amerika umgab er sich mit einer Reihe junger Soldaten, als Adjutanten, Privatsekretären und Adoptivsöhnen; am Ende seines Lebens wurde er von einem dieser Söhne betreut; ein anderer ließ für Steuben einen Gedächtnishain anlegen. Es gilt heute als gesichert, dass Steuben homosexuell war“, schreiben Bernhard Rosenkranz und Gottfried Lorenz in ihrem Buch „Hamburg auf anderen Wegen. Die Geschichte des schwulen Lebens in der Hansestadt.“ 1)

Heute verbinden wohl die meisten Menschen den Namen Steuben mit der erstmals 1957 von Deutschamerikanern durchgeführten und seitdem jährlich im September stattfindenden Steuben Parade auf der Fifth Avenue in New York City.

Mit der Parade wollen die Deutschamerikanerinnen und –amerikaner an ihre Heimat erinnern und benannten die Parade deshalb nach Steuben, weil dieser ein „hochdekorierter preußischer Offizier [gewesen war], der in seiner zweiten Karriere als US-amerikanischer General die Kontinentalarmee erneuerte und zum Helden des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges unter dem Oberbefehl George Washingtons [siehe: Washingtonallee, Washingtonring] wurde.“ 2)

In der Neuen Deutschen Biographie steht über die Herkunft von Friedrich Wilhelm von Steuben: Seine Mutter war Maria von Steuben, geb. von Jagow (1808-1780), sein Vater Wilhelm Augustin (1699–1783), ein preußischer Major.3)

Die Allgemeine Deutsche Biographie berichtet über den weiteren Werdegang von Friedrich Wilhelm von Steuben: Er „wurde am 15. November 1730 zu Magdeburg, wo sein Vater, welcher damals preußischer Ingenieurhauptmann war, in Garnison stand, geboren. Als dieser einige Jahre später, bei Beginn des polnischen Thronfolgekrieges, in das russische Heer trat, (…), nahm er seine Familie mit, so daß der Sohn seine Kinderzeit theilweise im Feldlager verlebte. (…) Den Schulunterricht genoß der Sohn fortan in den Städten, in denen der Vater seinen dienstlichen Aufenthalt zu nehmen hatte; (…). Unter diesen Verhältnissen war selbstverständlich, daß er ebenfalls Soldat wurde.“ 4)

Im Wikipedia-Eintrag zu Steuben heißt es zum weiteren Lebensweg Steubens: „Von den großen Erfolgen Friedrichs II. begeistert, trat Steuben 1747 in das Regiment von Lestwitz ein und wurde 1753 Leutnant. Am Siebenjährigen Krieg nahm er (…) teil (…). 1759 [wurde Steuben] als Quartiermeister-Leutnant ins Große Hauptquartier Friedrich des Großen versetzt. 1761 geriet er als Adjutant des Generalmajors von Knobloch bei der Kapitulation von Kolberg in russische Kriegsgefangenschaft. Nach der Thronbesteigung Peters III. wurde er sofort freigelassen.

Als Auszeichnung für seine Verdienste im Krieg nahm ihn Friedrich der Große als Hauptmann in die von ihm selbst geleitete Sonderklasse zum Erlernen der Kriegskunst auf. (…) 1762 nahm Steuben als hoch dekorierter Stabskapitän Friedrichs seinen Abschied aus der preußischen Armee. 1764 wurde er Hofmarschall des Fürsten Josef Friedrich Wilhelm von Hohenzollern-Hechingen. (…).“ 5)

In der Neuen Deutschen Biographie wird weiter berichtet: „Trotz seines hohen Rangs bekam S. weder seine persönlichen Finanzen noch die seines überschuldeten Dienstherrn unter Kontrolle. Projekte zur Verbesserung der Haushaltslage, wie eine zeitweilige Auflösung der Hofhaltung (…), erwiesen sich als Fehlschläge. Überdies wurde S. wegen angeblicher pädophiler Neigungen denunziert, so daß seine Stellung in Hechingen unhaltbar wurde.

Im Juni 1777 reiste er nach Paris, um sich dort um eine Offiziersstelle in der franz. Armee oder in der Kontinentalarmee der USA zu bewerben. Die amerik. Gesandten Benjamin Franklin und Silas Deane lehnten S.s Gesuch zunächst ab, boten ihm einige Wochen später jedoch freie Überfahrt nach Amerika an, falls er sich dort als Freiwilliger der Kontinentalarmee zur Verfügung stellen würde. Mit Empfehlungsschreiben an den Kontinentalkongreß und den Oberkommandierenden George Washington, die S. fälschlich als preuß. Generalleutnant auswiesen, schiffte er sich im Sept. 1777 in Marseille ein und erreichte im Febr. 1778 York (Pennsylvania). Der dort tagende Kontinentalkongreß schickte ihn in das Armeequartier nahe Philadelphia. (…)

Das 1778/79 von ihm verfaßte Handbuch (Regulations for the Order and Discipline of the Troops of the United States) blieb bis ins 19. Jh. grundlegend für die militärische Ausbildung in den USA. S.s Bemühungen um weiterreichende Befugnisse für die Stelle des Generalinspekteurs, stießen bei Washington und beim Kongreß auf Widerstand. Zwischen dem preuß.-obrigkeitsstaatlich geprägten S. und republikanischen US-amerik. Offizieren sowie Politikern kam es wiederholt zu Konflikten: (…). Nach der Kapitulation der brit. Armee bei Yorktown (Virginia) 1781 beteiligte sich S. an Planungen für die künftige US-Armee sowie an der Gründung einer Offiziersvereinigung, der ‚Society of the Cincinnati‘. Nachdem er im März 1784 seinen Abschied genommen hatte, lebte er als Privatmann in New York, wo er sich durch seinen aufwendigen Lebensstil hoch verschuldete. Im Mai 1790 bewilligte ihm der Kongreß auf Betreiben von Präsident Washington und Finanzminister Alexander Hamilton eine Pension, die sein weiteres Auskommen sicherte. (…)

Aufgrund seiner Verdienste im Unabhängigkeitskrieg wurde S. zu einer Symbolfigur der dt.-amerik. Freundschaft. Statuen, Orts- und Straßennamen auf beiden Seiten des Atlantiks zeigen dies (…).“ 6)

Zurückkommend zur am Anfang erwähnten Homosexualität Steubens soll im Folgenden aus dem Aufsatz „Der Held des Unabhängigkeitskrieges, der offen schwul war“ von Erin Blakemore zitiert werden: „Schwule Männer waren schon immer Teil des amerikanischen Militärs. In einer Ära vor der Homo-Ehe oder dem offenen Stolz verliebten sich Militärs, schlossen leidenschaftliche Freundschaften und hatten gleichgeschlechtliche Begegnungen. Aufgrund sozialer und offizieller Diskriminierung blieben die meisten ihrer Geschichten jedoch unerzählt. Aber bei einem der Gründungshelden des Militärs war Homosexualität immer Teil der Geschichte. (…)

Wie der Historiker William E. Benemann feststellt, gibt es keine historischen Beweise dafür, dass von Steuben ein Pädophiler war. Aber er war schwul, und Homosexualität wurde von vielen seiner Altersgenossen als kriminelle Verirrung angesehen. ‚Anstatt zu bleiben und zu verteidigen, anstatt seine Freunde anzurufen … um für seinen Ruf zu bürgen, entschied sich von Steuben, aus seiner Heimat zu fliehen‘, schreibt Benemann.

Franklin wusste wahrscheinlich von den Gerüchten (…). Das Privatleben von Steuben sah er jedoch nicht als relevant für seine militärische Qualifikation an. Auch George Washington, der von den Anschuldigungen wusste, von Steuben in seinem Lager willkommen hieß und Alexander Hamilton und John Laurens – die beide an einer von einigen Historikern als ‚romantische Freundschaft‘ bezeichneten – Beziehung beteiligt waren, als seine Helfer zuordnete.

Zu Lebzeiten von Steuben war das Konzept von Homoehe, Gay Pride oder Coming Out undenkbar und es gab keine Sprache oder offene Kultur der Homosexualität. Aber historische homosexuelle Beziehungen waren tatsächlich üblich.

Das bedeutet nicht, dass Homosexualität geduldet wurde: Sodomie war im kolonialen Amerika ein Verbrechen. Aber romantische Beziehungen zwischen Männern wurden bis ins 19. Jahrhundert weithin geduldet und erst Anfang des 20. Jahrhunderts begann das US-Militär offiziell Menschen zu diskriminieren, die verdächtigt wurden, schwul zu sein. (…).“7)