Stoeckhardtstraße
Hamm (1877): Adolf Stoeckhardt (4.1.1809 Röhrsdorf bei Meißen – 1.6.1886 Tharandt), Agrikulturchemiker. Prof. an der Akademie für Land- und Forstwirte zu Tharandt.
Siehe auch: Liebigstraße
Adolf Stoeckhardt war der Sohn von M. Caroline Stoeckhardt, geborene Rudolphi und des Pfarrers Christian Gottlieb Stoeckhardt. Im Alter von 15 Jahren begann er eine Ausbildung in einer Apotheke. Bildete sich dann weiter zum examinierten Apotheker, unternahm längere Reisen – auch ins Ausland - um chemische Lehrinstitute und auch die chemische Industrie kennen zu lernen. Zwei Jahre arbeitete er im Laboratorium der Mineralwasserfabrik von Struve in Dresden und wurde Sekretär des Dresdner Gewerbevereins. Schließlich erwarb er den Doktorgrad an der philosophischen Fakultät und 1838 eine Professur an der Staatgewerbeschule in Chemnitz.1) Zwei Jahre später heiratete er 1840 im Alter von 31 Jahren die damals 26 Jahre alte Rosalie Liebster (1814 Imnitz/Sachsen-18.3.1872). Sie war auf einem Rittergut aufgewachsen, das ihr Vater erworben hatte und das sie nach dem Tod ihres Vaters mit ihrer Mutter und ihrer Schwester erbte.
Rosalie und Adolf Stoeckhardt bekamen vier Kinder (geboren: 1842, 1844, 1848, 1852), und Stoeckhardt Karriere schritt weiterhin voran.
In der Neuen Deutschen Biographie heißt es über den weiteren Karriereweg des vierfachen Vaters: An der Gewerbeschule übernahm er: „die (..) Ausbildung von Landwirten (…); gleichzeitig beriet er Maschinenbau- und Textilbetriebe bei der Umstellung von Hand- auf Dampfmaschinenantrieb. 1847 [nun Vater von zwei kleinen Kindern, R. B.] wurde er auf den ersten dt. Lehrstuhl für Agrikulturchemie und landwirtschaftliche Technik an der Akademie für Forst- und Landwirte in Tharandt bei Dresden berufen, wo er die praktische Anwendbarkeit der agrikulturchemischen Lehren Justus v. Liebigs (1803–73) [siehe: Liebigstraße] erforschte (em. 1883).
S. war v. a. Lehrer und Vermittler zwischen Wissenschaft und Praxis. Seine ‚Schule der Chemie‘ (…), zahlr. Überss., u. a. niederl. 1847, engl. 1850, japan. 1861) war eine didaktisch herausragende Einführung in die Chemie mit vielen praxisnahen Versuchen, (…). S. erläuterte seine stark von Liebig geprägten Ansichten über den Wuchs der Kulturpflanzen und deren Düngung auf über 500 Treffen landwirtschaftlicher Vereine und auf den Versammlungen dt. Land- und Forstwirte und publizierte sie als ‚Chemische Feldpredigten für deutsche Landwirthe‘ (2 T., 1851/53, 1857). (…) 1850–54 gab er mit dem Tharandter Professor für Landwirtschaft, Hugo E. Schober (1820–82), die ‚Zeitschrift für deutsche Landwirthe‘ heraus, der 1855–75 die Zeitschrift ‚Der chemische Ackersmann, Naturkundliches Zeitblatt für deutsche Landwirthe‘ folgte, in der vierteljährlich über Agrikulturchemie, Bodenkunde, Pflanzenwuchs, Düngemittel, Tierernährung, Futtermittel sowie technische Fragen berichtet wurde. S. schuf in Tharandt ein agrikulturchemisches Laboratorium nebst Versuchsfeld, das nicht nur der Forschung und studentischen Ausbildung diente, sondern den Landwirten ermöglichte, unentgeltlich Bodenproben, Dünge- und Futtermittel untersuchen und die Ergebnisse interpretieren zu lassen. (…) .“ 2)
„Als Erster untersuchte er das Waldsterben durch Abgase von Hüttenwerken und initiierte Debatten zu einem umweltbewussteren Leben.“ 3)
Karl-Otto Henseling, Wissenschaftlicher Oberrat im Umweltbundesamt und Gesellschafter des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), geht in seiner Publikation „Ursprünge des industriellen Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur“ auch auf Stoeckhardts Forschungen zur Wirkung von Schadstoffen auf Mensch und Natur ein. So wurde Stoeckhardt z. B. als Gutachter bestellt, „als es 1846 zwischen den königlich-sächsischen Hüttenwerken in Freiberg und Nachbargemeinden zu Auseinandersetzungen um Rauchschäden kam. Die Gemeinden führten Klage, weil Obst und Gemüse in den Gärten der Bewohner unter der Einwirkung des Hüttenrauchs verkümmerten. STÖCKHARDTs Gutachten ‚Über die Einwirkungen des Rauches der Silberhütten auf die benachbarte Vegetation‘ gilt als Beginn der Rauchschadensforschung in Deutschland. (…).“ 4) Damals wurden Fichten ein Zeit lang mehrmals am Tag beräuchert „und die übrige Zeit unter normalen Lebensbedingungen gehalten“ 5) und dabei festgestellt, dass bereits nach einigen Wochen Krankheitserscheinungen auftraten. „STÖCKHARDT sträubte sich bereits in dem Gutachten aus dem Jahr 1850 gegen die Festlegung einer Unschädlichkeitsgrenze. Er war der Auffassung, ‚daß schädliche Stoffe selbst bei einer sehr bedeutenden Verdünnung schließlich eine verderbliche Wirkung auszuüben vermögen, wenn die Einwirkung eine lang anhaltende oder massenhafte ist.‘
Trotz derartiger Bedenken setzte sich der Bau hoher Schornsteine als Mittel zur Abwehr der schädlichen Wirkungen von Rauchgasen allgemein durch und bestimmte bis in neuere Zeit den Stand der Technik. Umweltschäden wurden so zwar nur verlagert, die Verursacher konnten jedoch - zumal bei mehreren benachbarten Emittenten - nicht mehr eindeutig festgestellt und damit auch nicht haftbar gemacht werden,“ 6) schreibt Karl Otto Henseling 2008.