Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Bürgerstraße

Barmbek-Süd (1868): nach den Bürgern, die sich hier ansiedeln sollten


Siehe auch: Bürgerweide

Wer durfte sich Bürger nennen?
Vor dem 15. Jahrhundert konnten nur wenige Einwohner Hamburgs Bürger werden. Den Bürgereid zu erwerben war nämlich eine kostspielige Angelegenheit, mussten doch mit dem Treueschwur an die Stadt auch bestimmte Pflichten übernommen werden wie Steuerzahlung und Stadtverteidigung. Darüber hinaus zählte nur das männliche Geschlecht!

Dafür gab es dann aber auch diverse Privilegien. Der Bürger durfte ein selbstständiges Geschäft betreiben, Grundeigentum erwerben, heiraten und die Bürgerschaft wählen.

Beeinflusst durch die Ideen der bürgerlichen Revolution von 1848 wollte nun auch ein Großteil derjenigen Einwohner Hamburgs Bürger werden, denen es bis zu dieser Zeit verwehrt worden war. 1860 kam es deshalb zur Verfassungsreform. Von nun an erhielten alle männlichen, über 25-jährigen Einkommensteuer zahlenden Bürger politische Rechte. Durch diese Regelung hoffte man, das soziale Missverhältnis zwischen denen, die im Parlament saßen und denen, die das Wahlvolk ausmachten, auszugleichen. Aber die Kluft war immer noch immens: Kaufleute, Juristen, Ärzte, Apotheker, Lehrer, gefolgt von wenigen kleinen Händlern und Handwerkern machten das Gros der Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft aus.

Durch die 1864 eingeführte Gewerbefreiheit konnte man, nun auch ohne das Bürgerrecht zu besitzen, selbstständig ein Gewerbe führen und ein Grundstück kaufen. Mit dem Bürgerrecht erkaufte sich ein einkommensteuerzahlender Mann nur noch den Vorteil des Wahlrechts. Das erschien vielen zu wenig. Und so sank die Zahl der Bürger und damit auch die der Wähler.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Gebühr für den Erwerb des Bürgerrechts abgeschafft. Aber das Wahlrecht blieb weiterhin an die individuelle wirtschaftliche Lage gekoppelt, denn Voraussetzung für den Erwerb des Bürgerrechts und damit des Wahlrechts war der Nachweis eines fünf Jahre hintereinander bestehenden jährlich zu versteuernden Einkommens von mindestens 1200 Mark.

Obwohl die wirtschaftliche Situation des Einzelnen immer noch ausschlaggebend für das Wahlrecht war, wollten dennoch auch Angehörige der Arbeiterschaft das Bürgerrecht erwerben. Damit hatten die „Reformatoren“ des Wahlrechts nicht gerechnet. Und so tat die Hamburger Führungsschicht alles, um den steigenden Einfluss der SPD zurückzudrängen. Denn sie war aufgeschreckt durch die (allgemeine) Reichstagswahl von 1890, bei der die Sozialdemokraten mit 58,7% der Stimmen in Hamburg alle drei Reichstagswahlkreise erobert hatten. In die hamburgische Bürgerschaft dagegen zog der erste Sozialdemokrat erst 1901 ein.
Erst 1919 erhielten alle volljährigen Hamburger und nun auch Hamburgerinnen das Wahlrecht und das daran gekoppelte Bürgerrecht wurde abgeschafft.

Frauen als Bürgerinnen?
Frauen war bis zum Ende des Deutschen Reiches 1919 das Bürgerrecht verwehrt gewesen. Das bewirkte z. B. auch, dass Frauen in Bürger-, aber auch in geselligen und kulturellen Vereinen meist nicht erwünscht waren, denn diese Organisationen nahmen nur Menschen auf, die das Bürgerrecht besaßen.
Auch Senat und Bürgerschaft bestanden jahrhundertelang ausschließlich aus Männern, da auch hier Voraussetzung für solche Posten der Besitz des Bürgerrechts war. Und die Bürgerschaft (eine Versammlung von Bürgern) durfte nur von Männern gewählt werden, die das Bürgerrecht der Stadt Hamburg besaßen.
In allen Fragen der rechtlichen Gleichstellung erwies sich das Bürgerrecht der Stadt Hamburg als der eigentliche Hemmschuh.

Erst nachdem die bürgerliche und proletarische Frauenbewegung lange Jahre für ein Frauenwahlrecht gekämpft hatte – Hamburg war damals eine Hochburg des Kampfes um das Frauenwahlrecht – , setzte sich die Einsicht durch, dass auch Frauen nicht von der politischen Teilhabe auszuschließen sind. Frauen der radikalen bürgerlichen Frauenbewegung wie die Hamburgerin Lida Gustava Heymann (siehe: Heymannstraße], ermöglichten mit ihrem Verein „Frauenwohl“ 1902 die Gründung des „Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht“. Und auch die gemäßigte bürgerliche sowie die proletarische Frauenbewegung verlangten konsequent die Zulassung der Frauen zum Bürgerrecht.

Als der Hamburger Senat im November 1918 endlich eine Vorlage zur Änderung des Bürgerrechtes in die Bürgerschaft einbrachte, war die politische Verfassung des Kaiserreichs schon nicht mehr stabil. Nur wenig später übernahm der „Arbeiter- und Soldatenrat“ die politische Führung der Stadt, und schon am 18. November wurde das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht für beide Geschlechter eingeführt. Damit war das alte Wahlrecht ebenso abgeschafft wie das Bürgerrecht. In der neuen Verfassung wurden Frauen und Männer grundsätzlich gleichgestellt.

Am 16. März 1919 fand die erste demokratische Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft statt. Seit dieser Zeit sind in der Bürgerschaft nicht nur Männer, sondern auch Frauen vertreten.