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Tischendorfweg

Osdorf (1958): Konstantin von Tischendorf (18.1.1815 Lengenfeld-7.12.1874 Leipzig), Theologe und Archäologe.


Konstantin Tischendorf war der Sohn des Gerichtsarztes Johann Christlieb Tischendorf und der Christine Eleonore, geborene Thomas. Er hatte noch zehn Geschwister.

Nach dem Besuch des Gymnasiums begann er 1834 in Leipzig das Studium der Theologie. 1838 promovierte er zum Dr. phil. „trat im nahe gelegenen Großstädteln die Stelle eines Hauslehrers bei Pfarrer Ferdinand Leberecht Zehme (1785-1858) an. Hier verlobte er sich heimlich mit Angelika Zehme.“1)

Tischendorf entwickelte eine Begeisterung für alte Handschriften. Im wissenschaftlichen Bibellexikon der Deutschen Bibelgesellschaft heißt es dazu: „Erste Handschriftenreisen führten ihn 1839 und 1840 nach Süddeutschland, in die Schweiz und nach Straßburg. Als Ergebnis dieser Bemühungen legte er eine Edition des Novum Testamentum graece nach neuen methodischen Grundsätzen vor, die 1841 in Leipzig erschien (…).

Ende Oktober 1840 brach er auf, um in Paris den Codex Ephraemi rescriptus, eine als unlesbar geltende Palimpsesthandschrift mit neutestamentlichem Text aus dem 5. Jh., zu studieren. Während der folgenden zwei Jahre gelang ihm gegen alle Erwartungen die Entzifferung dieses bedeutenden Textzeugen, was ihm außer einer größeren öffentlichen Aufmerksamkeit zugleich auch finanzielle Unterstützung von verschiedenen Seiten einbrachte. (…) Sein Hauptinteresse galt vor allem anderen dem Codex Vaticanus in Rom, zu dem er jedoch nur begrenzt Zugang erhielt. Im März 1844 setzte er von Livorno aus nach Alexandrien über und suchte die Bibliotheken Ägyptens auf. Im Katharinenkloster auf dem Sinai gelang ihm dabei eine Entdeckung, die seine weiteren Forschungen maßgeblich bestimmen sollte: In einem Korb der Klosterbibliothek fand er 129 Blätter einer griechischen Handschrift mit Text aus dem Alten Testament, die offensichtlich Teil einer vollständigen Bibelhandschrift aus dem 4. Jh. waren. Die 43 Blätter, die man ihm überließ, veröffentlichte Tischendorf nach seiner Rückkehr (1846), ohne jedoch ihren Fundort preiszugeben. Denn fortan bestand sein erklärtes Ziel darin, nun auch die restlichen Blätter aufzufinden und zugänglich zu machen. Zu Weihnachten 1844 kehrte er von dieser so unerwartet langen, jedoch ausgesprochen erfolgreichen Reise zurück. Die Universität Leipzig hatte ihm unterdessen eine außerordentliche Professur verliehen. Im September 1845 erfolgte die Heirat mit Angelika Zehme und die Gründung eines Hausstandes in Leipzig. Im Laufe der Jahre wurden der Familie acht Kinder geboren.“ 2)

In Leipzig erschloss Tischendorf seine handschriftlichen Funde und wurde schließlich 1850 zum Honorarprofessor ernannt.

Tischendorf unternahm noch weitere Reisen und 1859 nochmals eine in den Orient. „Am Abend des 4. Februar offerierte ihm dabei in einer denkwürdigen und seither oft nacherzählten Szene der Oikonomos des Klosters die gesuchten 86 Blätter, ergänzt um weitere 260 Blätter, die das vollständige Neue Testament sowie den Barnabasbrief und den Hirten des Hermas (unvollständig) enthielten. (…). Der Fund des Codex Sinaiticus stellte eine Sensation dar, die in der gelehrten Welt sofort mit größter Aufmerksamkeit wahrgenommen wurde.

Die folgenden drei Jahre widmete Tischendorf dem Faksimiledruck des Codex, der 1862 in St. Petersburg erschien, sowie dessen wissenschaftlicher Erschließung. 1859 richtete ihm die Universität Leipzig dafür einen Lehrstuhl für ‚Biblische Paläographie und Theologie‘ ein; (…).“ 2)

Tischendorf starb im Alter von 59 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.