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nach Personen benannt

Bodenstedtstraße

Altona-Altstadt/Altona-Nord (1893): Friedrich von Bodenstedt (22.4.1819 Peine -18.4.1892 Wiesbaden), Dichter, Übersetzer und Lehrer orientalischer Sprachen


Über Bodenstedts Herkunft und Werdegang heißt es in Wikipedia: „Bodenstedt war der Sohn des Peiner Brauers August Friedrich Bodenstedt (1783–1850) und dessen Ehefrau Johanne Dorothee, geb. Düvel (1787–1872). Nach einer Kaufmannslehre in Braunschweig studierte Bodenstedt Philosophie und Philologie an der Universität Göttingen. Er ging 1840 als Lehrer nach Moskau, wo er russisch erlernte und 1843 nach Tiflis (…). 1846 kehrte er nach Deutschland zurück. (…) Ab 1854 war er in München Professor für Slawistik und Altenglisch. Bald darauf ging er nach England, wo er ab 1858 Shakespeare und dessen Werke studierte und ein Shakespeare-Werk in drei Bänden herausgab. Wegen seiner Shakespeare-Studien wurde er 1867 Intendant des Hoftheaters in Meiningen. Er engagierte die Schauspielerin Ellen Franz, die spätere Ehefrau von Herzog Georg II. und Freifrau von Heldburg, worauf er vom ‚Theaterherzog‘ geadelt wurde. Nach dem Engagement in Meiningen lebte er zeitweise in Altona und Berlin, ehe er sich ab 1878 bis zu seinem Tode in Wiesbaden niederließ.“ 1)

„Mit seinem Erstlingswerk ‚Lieder des Mirza Schaffy‘ (1851, 1917) gewann er mit einem Schlag Weltruf (…).“ 2)

Ein Jahr vor Veröffentlichung seines Erstlingswerkes hatte Friedrich von Bodenstedt 1850 Mathilde Osterwald (1824-19.7.1902 Wiesbaden) geheiratet, die er 1847 auf Schloss Escheberg kennengelernt hatte. Sie war die Tochter eines kurhessischen Obersten. Das Paar bekam fünf Kinder, geboren: 1850, 1851, 1853, 1856, 1861. 3)

Als Familienernährer entfaltete Friedrich von Bodenstedt eine nahezu rastlose Tätigkeit als Lyriker und Übersetzer. Doch trotz dieser finanziellen Fürsorge für seine Familie musste nach seinem Tod die Restfamilie von der Schillerstiftung finanzielle Unterstützung annehmen.

Die Geldknappheit war aber auch schon zu Lebzeiten von Friedrich von Bodenstedt ein ständiger Gast im Haus der Familie Bodenstedt. „Fast zeitlebens hatte er als Schriftsteller und Übersetzer mit Geldknappheit zu kämpfen. Zeitweise nahm er die Schiller-Stiftung in Anspruch, und das, obwohl er zu den am besten verdienenden Autoren seiner Zeit zählte. (…). Am 1. Juli 1877 zog Bodenstedt in der Rheinstraße 78 [Wiesbaden] ein. Mit Frau und den beiden jüngsten Töchtern samt Angestellten wie Köchin und Magd residierte er über zwei Stockwerke: Im Erdgeschoss der große Salon und darüber die Belle Etage. Eine seiner Töchter schrieb später: ‚Unser Vater war bis zuletzt unsagbar fleißig, verdiente sich mit der Feder viel und hatte außer seiner Pension als Hof- und Theater-Intendant ein großes Ehrengehalt von der Zeitung ‚Die tägliche Rundschau‘, aber ein Vermögen konnte er nicht hinterlassen. Er war sehr gastfrei und der Verkehr im elterlichen Hause ein enormer…‘.“ 4)

Gedichte von Bodenstedt über Frauen:
„Nicht alle Frauen sind Engel
(Haben Männer doch auch ihre Mängel!);
Und solche Frauen durch Vernunft zu zwingen
Wird nicht dem Weisesten gelingen:
Sie lassen lieber schmeichelnd sich betören,
Als auf die Stimme der Vernunft zu hören.“
(Friedrich von Bodenstedt: Die Lieder des Mirza-Schaffy von Friedrich von Bodenstedt, Leipzig 1924, S. 12.)

„Frauensinn ist wohl zu beugen,
– Ist der Mann ein Mann und schlau –
Aber nicht zu überzeugen:
Logik gibt's für keine Frau;
Sie kennt keine andren Schlüsse,
Als Krämpfe, Tränen und Küsse.“
(Friedrich von Bodenstedt: Die Lieder des Mirza-Schaffy von Friedrich von Bodenstedt, Leipzig 1924, S. 121.

Über Bodenstedts Sicht auf die Frauen im Orient schreibt der Stadtarchivar Michael Utecht in seiner Abhandlung „Friedrich von Bodenstedt: „Aus Ost und West“ –„Die Stellung der Frauen im Orient und Occident“: „Friedrich von Bodenstedt hielt während seiner Zeit in München (1854 – 1867) nicht nur Vorlesungen an der Universität, wo er als Honorarprofessor ‚abwechselnd über Geschichte und Literatur der slavischen Völker und Altengland las‘. Beliebt waren auch seine im privaten Kreis gehaltenen kurzweiligen Vorträge. (…). Die von Bodenstedt selbst als ‚anspruchslose Skizzen‘ bezeichneten Referate wurden 1869 unter dem Titel ‚Aus Ost und West‘ erstmals veröffentlicht. In seinem Beitrag zur ‚Stellung der Frauen im Orient und Occident‘ erweist er sich nicht als nur sachkundiger Berichterstatter, sondern auch als nachdrücklicher Verfechter der Gleichberechtigung – im 19. Jahrhundert nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit. Er verlässt sich bei seinen Ausführungen nicht allein auf den eigenen reichen Erfahrungsschatz, den er während seines Aufenthaltes im Orient gewonnen hat. Ebenso stützt er sich auf Berichte anderer zeit-genössischer Reiseschriftsteller und bezieht u.a. auch den Koran ein. Nach Bodenstedts Überzeugung unterscheidet die westliche und östliche Welt ein grundlegendes Wesensmerkmal: ‚Im Orient finden wir Stillstand, Erstarrung, [...] im Occident dagegen finden wir Leben, Bewegung, alle Bedingungen einer noch großen Zukunft, [...] rasch geht hier die Entwickelung zum Bessern vor sich‘– woran die Frauen maßgeblichen Anteil haben: ‚Hier sind besonders die socialen Reformen zu nennen, welche von hervorragenden englischen Frauen ausgingen, (…). Es ist der Einfluß der Frauen hervorzuheben auf die Verbesserung des Gefängniswesens, die Bildung der ärmeren Klassen durch Einrichtung von Sonntagsschulen [...] etc.‘ Dass Bodenstedt hinsichtlich der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau weitgehend dem klassischen Muster verhaftet bleibt, ist –dem damaligen Zeitgeist entsprechend – sicher verständlich. Zur Gleichstellung der Frau vertritt er jedoch eine überaus moderne Auffassung, wie u.a. folgende Passage belegt: ‚Nun bin ich der Meinung, daß die Frauen weder Blumen, noch überirdische Wesen, sondern Menschen sind wie wir; in mancher Beziehung verschieden von uns, aber in jeder Beziehung uns ebenbürtig; – ich bin der Meinung, daß die Aufgabe der Frau im Leben [...] nicht minder wichtig ist, als die Aufgabe des Mannes, und daß die Frauen deshalb die vollständig gleichberechtigte Hälfte des menschlichen Geschlechtes bilden.‘ (…).

Unmissverständlich äußert er sich zum orientalischen Frauengemach: ‚Der Harem ist das Grab der weiblichen Würde. ‘Angebliche ‚verbotene Abenteuer‘ weist er in das Reich der Phantasie: ‚das Meiste, was davon erzählt wird, ist aus der Luft gegriffen. Kommt einmal ein Fall der Art vor, so muß ihn die Frau, wenn er entdeckt wird, mit dem Tode büßen. Solche Fälle sind aber äußerst selten und noch seltener ist ihre Entdeckung.‘ (…)

Im abschließenden Resümee kommt Bodenstedt zu einem eindeutigen und gleichzeitig differenzierten Urteil: ‚Am freiesten und würdigsten ist die Stellung der Frau in Deutschland und England, obgleich auch hier noch viel zu wünschen übrig bleibt, nicht sowohl in Bezug auf die Damen der großen Welt, die alle Mittel haben ihr Leben anmuthig und glücklich zu gestalten, als vielmehr in Bezug auf die Frauen der arbeitenden und ärmeren Klassen. [...] Allein hinsichtlich des so wichtigen Punktes der Wahl eines Berufes sind sie immer noch drückenden, mit ihrer heutigen gesellschaftlichen Stellung geradezu unverträglichen Beschränkungen unterworfen.‘ Hauptgrund für diese Misere: ‚Eine große, nicht genug zu beachtende Quelle häuslichen Unglücks ist die allzufrühe Verheirathung der jungen Mädchen.‘ “5)