Druckerstraße
Billstedt (1948): Motiv aus dem Druckereigewerbe: Der Drucker.
Bereits in der NS-Zeit wurde 1938 im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes vorgeschlagen, diese Verkehrsfläche, die Boberger Straße hieß, in Druckerstraße umzubenennen. Zur Umbenennung kam es dann 1948. (Staatsarchiv Hamburg: 133-1 II, 38: Die neu vorgeschlagenen Straßennamen nach Stadtteilen sortiert, 1938.)
Über Frauen im Druckereigewerbe schreiben Evelyn Hanisch und Friederike Willasch: „Obwohl die ‚Schwarze Kunst‘ seit Johannes Gutenberg fest in männlicher Hand lag, sind doch immer wieder weibliche Namen im Impressum zu lesen. Tatsächlich traten Frauen ganz offiziell bereits im 16. Jahrhundert als Druckerinnen auf. Sie wirkten als Ehefrauen im Handwerksbetrieb ihres Mannes mit, führten aber auch als Witwen die Offizin selbständig weiter.“ 1) Die beiden Autorinnen beschreiben in ihrem Beitrag zwei Buchdruckerinnen des 16. Jahrhunderts, die in Nürnberg tätig waren: Kunigunde Hergot und Katharina Gerlach. „ Beide Frauen waren aktiv daran beteiligt, den Namen ihrer Druckwerkstätten über die Stadtgrenzen hinweg bekannt zu machen. Beide Frauen waren auch selbständig in der Druckerei ihres jeweiligen Ehemannes tätig: Während Kunigunde Hergot im Laufe ihrer zweiten Ehe die Offizin insgesamt etwa zehn Jahre lang leitete, führte Katharina Gerlach erst nach dem Tod ihres dritten Ehemannes in den letzten 15 Jahren ihres Lebens das Geschäft eigenständig fort. (…)
Kunigunde Hergot präsentierte sich auf dem bis dahin männlich dominierten Bucherdruckermarkt als eine äußerst erfolgreiche Geschäftsfrau. Sie verstand es bestens, das Lesebedürfnis eines breiten Publikums zu befriedigen und machte sich – unabhängig von ihrem zweiten Ehemann – als eine der ersten Buchdruckerinnen über die Reichsstadt Nürnberg hinaus einen großen Namen.
Mitte des 16. Jahrhunderts tritt eine weitere Buchdruckerin in der Reichsstadt Nürnberg in Erscheinung: Katharina Gerlach. Ihre erste Ehe mit dem Fuhrknecht Nicolaus Schmid war von kurzer Dauer. Für das Buchdruckgewerbe entscheidend ist ab 1541 ihre zweite Ehe mit Johann vom Berg. (…) Im Jahre 1542 ist Johann vom Berg im Nürnberger Ämterbüchlein als Buchdrucker mit zwei Setzern verzeichnet. (…).
Etwa 20 Jahre hält die (Ehe-)Gemeinschaft. Nach Johann vom Bergs Tod wird seine Ehefrau Katharina im darauffolgenden Jahr 1564 als ‚Johann vom Bergs Witib‘ im Ämterbüchlein mit drei Setzern verzeichnet. Sie führte die Offizin zunächst bis 1565 gemeinsam mit Ulrich Neuber weiter. (…) Im Gegensatz zu Kunigunde Hergot signierte die Witwe Katharina vom Berg jedoch nicht unter ihrem eigenen Namen, sondern in Funktion der Erben und dies ausschließlich an zweiter Stelle. Eine Eigenständigkeit Katharina vom Bergs wird zu dieser Zeit noch nicht sichtbar.
Schon im August 1565 heiratete die Witwe Katharina vom Berg den aus Erding stammenden Dietrich Gerlach. Nach dem Erwerb des Bürgerrechts der Reichsstadt Nürnberg übernahm er ihren Teil der Druckerei. Schon 1566 wurde Katharina aus dem Ämterbüchlein gestrichen und stattdessen ihr dritter Ehemann zusammen mit Ulrich Neuber eingetragen. (…)
Zum dritten Mal Witwe geworden übernimmt Katharina Gerlach die Druckerei zum ersten Mal in eigener Regie. 1576 wird sie im Ämterbüchlein anstelle ihres dritten Mannes unter den Buchdruckern und den Buchführern eingetragen – damit war sie zur selbständigen Druckerin und Geschäftsführerin aufgestiegen. (…)
Die herausragenden geschäftlichen Erfolge, die sowohl Kunigunde Hergot als auch Katharina Gerlach als Geschäftsführerinnen der eigenen Druckerei auszeichneten, wurden auch durch die Handwerkerverordnung der Reichsstadt Nürnberg ermöglicht, die keine Organisation von Handwerkern in Zünften duldete. Während Zünfte Frauen aus den Handwerksbetrieben zu verdrängen versuchten, trat der Nürnberger Rat im 16. Jahrhundert aktiv für die Rechte der Frau in der Berufsarbeit ein. Das erlaubte es Ehefrauen, berufstätig zu sein und das Handwerk gemeinsam mit ihrem Mann auszuüben. Stimmten die Grundvoraussetzungen nutzten Ehefrauen und Witwen ihre Chance und trugen ihr Können erfolgreich über die Grenzen Nürnbergs hinaus.“ 1)
Jürgen Franssen führt in seinem Beitrag „Weibliche ‚Spukgeister‘ im frühen Druckgewerbe“ u. a. Folgendes aus: „Tatsächlich sind aus der Frühzeit des Druckgewerbes zahlreiche Frauen als Druckerinnen oder Leiterinnen von Druckereien bekannt. Allerdings handelt es sich in den Fällen um Frauen, die entweder als Ehefrauen in der Werkstatt mitarbeiteten, als Witwen die Druckerei fortführten oder von ihren Vätern ins Gewerbe eingearbeitet wurden und nach deren Tat etwa gemeinsam mit dem Faktor oder Söhnen die Druckerei weiter betrieben. (…)
Von den Frauen, die aus dem 16. Jahrhundert als Leiterinnen einer Druckerei bekannt sind, sei zum einen Magdalena Morhartt erwähnt, die nach 1554 die Offizin ihres verstorbenen Mannes Ulrich Morharts d. Ä., der damals führenden Druckerei in Württemberg, zusammen mit ihren beiden Söhnen aus erster Ehe, Oswald und Georg Gruppenwald, weiterführte.
Typisch für die damalige Zeit ist auch die Geschichte von Margaretha Prüß, der Tochter von Johann Prüß d. Ä., der einer der bedeutendsten Drucker Straßburgs war. Nach seinem Tod 1510 heiratete Margaretha Reinhard Beck, einen Angestellten ihres Vaters, der die Druckerei weiterführte. Nach dessen Tod 1521 heiratete wiederum deren gemeinsame Tochter Ursula den Drucker Wolfgang Forter und leitete selbständig die väterliche Druckerei, bis ihre Mutter Margaretha 1524 wiederum heiratete und mit ihrem zweiten Ehemann, dem ehemaligen Franziskaner Johann Schwan, die Druckerei fortführte. Auch nach dessen Tod heiratete Margaretha rasch wieder, 1527, und setzte die Arbeit der Offizin mit ihrem dritten Ehemann, Balthasar Beck, weiter fort. (…)
Während es Frauen in Deutschland u.a. durch den Zunftzwang lange Zeit unmöglich war, ihren Lebensunterhalt selbständig im Druckgewerbe zu erwirtschaften, sah die Situation im 18. und 19. Jahrhundert etwa in den liberaleren Vereinigten Staaten von Amerika oder in Frankreich nach der Revolution erheblich anders aus. Es gab Ausbildungsstätten für Setzerinnen, (…).“ 2)
In Deutschland konnten im 18. Jahrhundert Frauen in: „‘[…] Winkeldruckereien und Hudeleyen‘“ 2) tätig sein, „weil ‚redliche Gesellen‘ in denselben Kondition nicht annehmen durften‘. Frauen kamen offenbar nur in kleineren Familienbetrieben zum Einsatz, denen keine ‚vollgültigen Druckereiinhaber‘ vorstanden. Anders hingegen in Schriftgießereien. Dort ‚scheint die Frauenarbeit aber nicht nur in Betrieben üblich gewesen zu sein, die in culpa (Verruf) standen. Sie beschränkte sich offenbar auch nicht auf die Tätigkeit von Hilfsarbeiterinnen im heutigen Sinne, […].‘ Stattdessen übernahmen Frauen dort jeden Arbeitsschritt, zumindest bis zur Einführung des industriellen Schriftgusses um die Mitte des 19. Jahrhunderts. (…)“ 2) berichtet Jürgen Franssen und kommt in seinem Beitrag zu dem Schluss: „Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Druckindustrie zumindest in Deutschland respektive in der BRD bis in den 1970er Jahren noch eine reine Männerdomäne war: ‚Gründe hierfür lagen neben den gesellschaftlichen Vorurteilen auch im Arbeits- und Gesundheitsschutz. So war Frauen z. B. der Umgang mit Blei im Satzbereich verboten. Aber auch der Umgang mit schweren Druckformen machte Frauen eine Tätigkeit als Druckerin nahezu unmöglich. Interessanterweise sind Frauen in Großbetrieben allerdings als billig bezahlte Hilfskräfte im Umfeld von Druckmaschinen und in der Weiterverarbeitung durchaus üblich gewesen und leisteten oft Schwerstarbeit z. B. beim Vorstapeln großformatiger Druckbogen.‘“ 3)
„In den 1980er-Jahren entwickelte sich der prozentuale Anteil der Frauen (…) endlich deutlich nach oben. 1985 waren in der BRD etwa 20% der Schriftsetzer Frauen, bei den Druckern war ihr Anteil mit 15% jedoch geringer.“4)