Reiterbrücke
Fuhlsbüttel (1956): Die Brücke wurde von Sportreitern genutzt.
Siehe auch: Reiterstieg
Lange Zeit war der Reitsport eine Domäne der Männer. So schreibt Gabriele Pochhammer, die sich der Frage nach Frauen im Reitsport auch historisch genähert hat: „Lange hielten zähe Vorurteile Frauen davon ab, nicht nur spazieren zu reiten, sondern sich auch sportlich zu messen. Gynäkologen (natürlich vorwiegend männliche) waren der Ansicht, dass Reitsport, vor allem das wettkampfmäßige Reiten über Hindernisse, den weiblichen Fortpflanzungsorganen abträglich sei und deswegen zu unterbleiben habe. (…).
Zwar haben Frauen vor allem der höheren Schichten immer geritten, wie schon die höfischen Damen im Mittelalter auf ihren kleinen ‚Zeltern‘, aber bis ins 20. Jahrhundert galt alles andere als der Damensattel als unschicklich. Obwohl man auf britischen Turnieren und im Jagdfeld bis heute fabelhaft sitzende Ladies sieht, die ihre Pferde souverän in jedem Terrain beherrschen, wurde die gläserne Decke erst durchstoßen, als sich die erste Frau einfach rittlings aufs Pferd setzte, wie die Herren der Schöpfung, und losgaloppierte. Trotzdem dauerte es noch eine ganze Weile, bis Frauen wirklich auch der Leistungssport offenstand.“1)
Das war ab Anfang des 20. Jahrhunderts dann der Fall. In einem Report des Pferdesport Journals ist nachzulesen: „Ab Anfang des 20. Jahrhunderts war es den Damen selbstbestimmt möglich, im Herren- oder Damensitz an Turnieren teilzunehmen. In Aachen gab es seinerzeit den sogenannten ‚Walkürenpreis‘, bei dem ein Preis für beide Sättel vergeben wurde. Im Jahre 1920 stellte die Australierin Esther Stace einen Hochsprungrekord im Damensattel auf: 1,98 Meter. Ab 1928 wurde der Damensattel für schwere Springen verboten, da das Verletzungsrisiko zu
groß erschien und die Vergleichbarkeit nicht gegeben war. Die Damen durften jedoch weiterhin teilnehmen und sich mit den Herren gleichwertig messen. (…).“ 2)
In den 1920er Jahren schritt es mit der Möglichkeit der Frauen im Reitsport voran, wahrscheinlich auch beeinflusst durch die damalige bürgerliche Frauenbewegung. „ (…) erstaunlicherweise [war es] der Springsport, der die ersten weiblichen Teilnehmer auf höchstem Niveau zu bieten hatte. Irmgard von Opel gewann 1934 im Sattel von Nanuk das Deutsche Springderby in Hamburg. (…).“ 2)
Doch: „Bis zum Zweiten Weltkrieg bestanden die offiziellen Equipen fast ausschließlich aus Kavallerieoffizieren, gelegentlich schaffte ein Zivilist (…) den Sprung ins Team, aber natürlich keine Frau. Erst 1952 durften bei den Olympischen Spielen in Helsinki Frauen mitreiten, vorerst nur in der Dressur. Springen und Vielseitigkeit galten nach wie vor als viel zu gefährlich“, 1) schreibt Gabriele Pochhammer.
Die Entscheidung, dass Frauen nur in der Disziplin „Dressur“ antreten durften, hatte die FEI gefällt, „bei der 13 (Herren-) Stimmen (zu fünf Gegenstimmen) verfügten, dass Frauen offenbar nur für die Dressur geeignet seien. (…). Bei den Olympischen Spielen 1952 waren lediglich vier Frauen am Start. Eine Dänin, eine US-Amerikanerin, eine Norwegerin und eine Deutsche. Letztere war !da von Nagel, die sich damit rühmen durfte, als erste Frau in einer Reitsport-Disziplin eine olympische Medaille gewonnen zu haben - Bronze mit dem Team.
Im Dressurreiten etablierten sich die Frauen sehr schnell, galt dieser Sport doch auch als der „schöne“ Sport und war damit im vorherrschenden Denken in Geschlechtsrollenmustern für Frauen geeignet. 1972 wurde „Liselott Linsenhoff auf Piaff, (…) erste Olympiasiegerin im Dressurviereck gegen ihre Dauerkonkurrentin, die Russin Elena Petushkova aus Pepel, die zwei Jahre zuvor als erste Frau den Weltmeistertitel gewonnen hatte.“ 1)
Im Springsport dagegen, an dem 1956 bei den Olympischen Spielen erstmals eine Frau teilnahm, sind nach wie vor die Männer in den ersten Rängen zu finden.
1964 wurde den Frauen dann auch der Bereich der „Vielseitigkeit“ als Olympische Disziplin geöffnet. „Lana DuPont aus den USA war die einzige weibliche Teilnehmerin, gewann jedoch gleich Silber mit der Mannschaft. Es dauerte jedoch bis 1984, dass eine Dame auch eine olympische Einzelmedaille gewann. Die US-Amerikanerin Karen Stives brachte neben Gold mit dem Team auch Einzel-Silber nach Hause.“ 2)
Auch wenn heute der Reitsport eine Domäne der Frauen ist - „von den 686.747 Mitgliedern in deutschen Reitvereinen (Stand November 2018) sind 146 .057 Männer und 540.690 Frauen“ 3) - dominieren die Männer an der Spitze des Sports. Eine der Erklärungen: das viele Reisen. „Gerade das ständige Unterwegs-Sein ist (…) ein entscheidender Grund, warum im Spitzensport so wenige Frauen dabei sind.“ 3) denn Frauen heiraten und kümmern sich um die Kinder. Frauen „bleiben nach der Pferde-Euphorie im Mädchenalter entweder als Hobby-Reiterinnen dabei oder sind mit den Themen Beruf – Familie – Kind ausgelastet. Den Reitern, die sie früher vielleicht in einem Pony-Wettbewerb besiegt hatten und die nun im großen Sport unterwegs sind, drücken sie maximal die Daumen.“ 3)