Wiesnerring
Bergedorf (1960): Wilhelm Wiesner (3.4.1868 Thiemendorf/Oberlausitz -6.5.1934 Hamburg), Bürgermeister in Bergedorf, Bürgerschaftsabgeordneter.
Siehe auch: Marie-Henning-Weg.
Wilhelm Wiesner war „der erste sozialdemokratische Bürgermeister Bergedorfs. Er gilt als Gründer des ‚neuen Bergedorf‘, weil während seiner zwölfjährigen Amtszeit 1919-1931 zahlreiche neue öffentliche Bauten entstanden und die soziale Infrastruktur ausgebaut wurde, “1) schreiben Olaf Matthes und Bardo Metzger in ihrem Bergedorfer Personen Lexikon. So wurden damals z. B. errichtet: „das Bergedorfer Rathaus, die Badeanstalt, das Amtsgerichtsgebäude, die Vierlandenstraße sowie die Wohnsiedlung Nettelnburg.“ 2)
Wilhelm Wiesner arbeitete als Tischler und trat 1885 in Löbau/Oberlausitz dem deutschen Holzarbeiter-Verband bei. Im Mai 1893, im Alter von 25 Jahren, heiratete er die damals 24-jährige Minna Böhm (21.5.1869 Eibau – 5.11.1930 Hamburg). Drei Monate später wurde das erste Kind geboren. Es folgten in den nächsten zwölf Jahren noch weitere sieben Kinder. 3)
1899 zog die Familie nach Bergedorf. Wiesner arbeitete als Lagerhalter bei der Konsumgenossenschaft „Produktion“. „In Bergedorf engagierte er sich beim Aufbau der Verteilungsstellen der ‚Pro‘ (…) sowie in der örtlichen SPD, zu deren Distriktsführer er 1904 gewählt wurde. Sechs Jahre später zog er in die Bergedorfer Bürgervertretung ein. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich W. nunmehr als Parteisekretär der Hamburger SPD, für die er 1914 als Abgeordneter in die Bürgerschaft einzog und bis 1927 angehörte. Der Schwerpunkt seines politischen Wirkens lag jedoch in Bergedorf. Hier wählten ihn die Bürgervertreter 1916 zunächst als ehrenamtlichen, ab 1918 als besoldeten Ratsmann in den Magistrat.“ 4)
Christel Oldenburg schreibt über Wilhelm Wiesners erlittene Schikanen in der NS-Zeit: „Im April 1933 starteten die Nationalsozialisten eine massive Diffamierungskampagne gegen Wiesner. Sie warfen ihm Korruption, Bereicherung und den Ruin der Stadtfinanzen vor. Die Bergedorfer Zeitung publizierte eine Serie mit dem Titel ‚Die Ära Wiesner‘, in der die angebliche Misswirtschaft des ehemaligen Bürgermeisters angeprangert und Lügen über seinen Lebensstil verbreitet wurden. Auf Grundlage des neu geschaffenen Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums strichen beziehungsweise kürzten die Nationalsozialisten Wiesners Ruhegehalt. Seine Anstrengungen, sich gerichtlich gegen diese Maßnahme zu wehren, schlugen fehl. Wilhelm Wiesner verstarb am 6. Mai 1934, die Trauerfeier zur Einäscherung fand am 11. Mai auf dem Friedhof in Ohlsdorf statt – just an jenem Tag, an dem sich 3.000 bis 4.000 Sozialdemokraten dort versammelt hatten, um dem einjährigen Todestag von Adolf Biedermann [siehe: Bidermannplatz] zu gedenken. Aufgrund dieser Demonstration verboten die Nationalsozialisten die nachfolgende Trauerfeier auf dem Bergedorfer Friedhof. Wiesners Urne musste in aller Stille beigesetzt werden.“ 5)