Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Peter-Schulz-Platz

Altstadt (2023): Peter Schulz (25.4.1930 Rostock – 17.5.2013 Hamburg), Jurist, Politiker, Bürgermeister von Hamburg, Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft


Siehe auch: Elisabeth-Ostermeier-Weg

2023 wurde in der Hamburger Altstadt der „etwa 20 m lange und 70 m breite Parkplatz im Bereich zwischen Johanniswall, der Burchardstraße und Pumpen, östlich des Chilehauses, Peter-Schulz-Platz“ 1) benannt.

Die Behörde für Kultur und Medien schrieb zur Platzbenennung und zitierte dabei u. a.: den amtierenden Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher: „‘Peter Schulz hat die Politik in unserer Stadt als Erster Bürgermeister, Bürgerschaftspräsident und Senator über viele Jahrzehnte maßgeblich mitgeprägt. Als einziger Politiker in der Hamburger Geschichte war er in den beiden höchsten Staatsämtern unserer Stadt tätig. Peter Schulz war bekannt für seinen hanseatischen Stil – nüchtern im Auftritt, anspruchsvoll in seiner Arbeit. Der Peter-Schulz-Platz im Kontorhausviertel bringt unser ehrendes Andenken zum Ausdruck und wird in Zukunft an sein Wirken in der Hansestadt erinnern.“

Ralf Neubauer, Bezirksamtsleiter Mitte: ‚Die Neugestaltung des Areals im Kontorhausviertel bot die einmalige Gelegenheit Peter Schulz hier in unmittelbarer Nähe zu seiner ehemaligen Kanzlei zu ehren. (…).‘

Der etwa 20 Meter lange und 70 Meter breite Platz im Bereich zwischen Johanniswall, der Burchardstraße und Pumpen, östlich des Chilehauses, wird nach Peter Schulz benannt. Peter Schulz wurde am 25. April 1930 in Rostock geboren, wo er auch aufwuchs und Vorkriegszeit und den Zweiten Weltkrieg erlebte. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde von seinem sozialdemokratischen Vater Albert Schulz geprägt, der von 1946 bis zu seiner Absetzung 1949 Oberbürgermeister von Rostock wurde. Nach seinem Abitur floh Peter Schulz aus der DDR in den Westen und ließ sich 1950 in Hamburg nieder, studierte Rechtswissenschaften und wurde 1961 für die SPD Mitglied der Bürgerschaft. Politisch war Schulz durch das Unrechtsregime der Nationalsozialisten und der Kommunisten in der Nachkriegszeit in der DDR geprägt.
In Hamburg war er maßgeblich an der Neustrukturierung der Justizbehörde beteiligt, dessen erster Senator er von 1966-1970 wurde.1970 übernahm Schulz das Amt des Zweiten Bürgermeisters und wechselte als Senator in die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung. Ein Jahr später übernahm Schulz das Amt des Ersten Bürgermeisters, das er bis 1974 ausübte. 1978 wurde er einstimmig zum Präsidenten der Bürgerschaft gewählt. Dieses Amt bekleidete er – mit einer Unterbrechung im Jahr 1982 – bis 1986. Peter Schulz ist damit der einzige Politiker in der Geschichte Hamburgs, der die beiden höchsten Staatsämter innehatte. Nach 1986 engagierte sich Peter Schulz weiter politisch und war als Rechtsanwalt tätig. 1990 wurde er mit der Bürgermeister-Stolten-Medaille ausgezeichnet. (…).“ 2)

Peter Schulz, der 1954 die erste und 1958 die Große Juristische Staatsprüfung abgelegt hatte und 1959 seine Zulassung als Rechtsanwalt erhielt, gründete 1960 „mit Alfred Phillipp die heute als Schulz Noack Bärwinkel firmierende Anwaltssozietät mit Niederlassungen in Hamburg, Rostock und Shanghai.

Schulz war mit der Ärztin Sonja Schulz (geb. Planeth) verheiratet, mit der er Vater von zwei Kindern wurde.“ 3)

In Wikipedia heißt es über Peter Schulz‘ politische Tätigkeit u. a. : „Bereits während des Studiums war Schulz Landesvorsitzender der Jungsozialisten und Bundesgeschäftsführer des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds.. 1961 wurde er Abgeordneter der Hamburgischen Bürgerschaft. 1966 leitete er den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der den Tod eines Häftlings in einer Beruhigungszelle des Hamburger Untersuchungsgefängnisses untersuchte. Dabei wurden erhebliche Versäumnisse und Vertuschungen durch die Gefängnisbehörde und die Staatsanwaltschaft aufgedeckt. 1966 wurde er in den Hamburger Senat gewählt und übernahm die Leitung der neu strukturierten Justizbehörde. (…).

Mit der Aktion Grüne Stadt setzte er erste Akzente in der staatlichen Umweltpolitik. In seine Amtszeit fiel auch der Radikalenerlass des Hamburger Senats, mit dem die Ablehnung von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst ermöglicht wurde, wenn Zweifel an deren Verfassungstreue bestanden. Sein Plan, im Gebiet Billwerder/Allermöhe ein Neubaugebiet für 60.000 Menschen zu bauen, scheiterte am Widerstand des linken Parteiflügels und des Koalitionspartners FDP. Später wurde dann an gleicher Stelle ein deutlich kleineres Wohngebiet realisiert. Nach schweren Verlusten bei der Bürgerschaftswahl trat Schulz am 31. Oktober 1974 zurück. Sein Nachfolger wurde am 12. November 1974 Hans-Ulrich Klose. Schulz arbeitete seitdem wieder als Anwalt in seiner Sozietät. (…)

1989/1990 war Schulz in seiner Heimatstadt Rostock juristischer Berater der Stadtregierung und half beim Wiederaufbau der dortigen SPD. Später wurde er dort Honorarkonsul von Norwegen und Präsident des Anwaltsgerichtshofs für Mecklenburg-Vorpommern. (…).“ 4)

In der Tageszeitung die TAZ wurde am 19.9. 2023 ein kritischer Kommentar von Dr. Hans-Peter de Lorent, ehemaliger Oberschulrat und GEW-Chef sowie Bürgerschaftsabgeordneter der GRÜNEN, über die Platzbenennung unter der Überschrift „Platz nach Kommunistenjäger benannt: Hamburg ehrt den Falschen. Der Bezirk Mitte benennt einen Platz nach dem ehemaligen Bürgermeister Peter Schulz. Der SPDler ließ 1971 das erste Berufsverbot exekutieren“ veröffentlicht. Darin heißt es u. a. : „Schulz entschied maßgeblich mit, 1971 das erste Berufsverbot in Hamburg zu exekutieren und am 28. Januar 1972 den sogenannten Extremisten-Beschluss der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Willy Brandt zu fassen.

In seinen Memoiren marginalisiert er seine Rolle verfälschend. Er schreibt: ‚Ende 1971 teilte mir der Schulsenator Günter Apel mit, ein Funktionär der DKP habe sich um die Einstellung in den Hamburgischen Schuldienst als Lehrer beworben; seine Behörde neige dazu, den Bewerber unter Hinweis auf die Treuepflicht der Beamten gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung abzulehnen.‘

Auch hier trog die Erinnerung. Es handelte sich nicht um einen Funktionär der DKP, sondern um die 28-jährige Lehrerin Heike Gohl, die seit 1967 als Beamtin auf Probe an einer Grundschule ohne Beanstandung gearbeitet hatte. Sie war allerdings mit dem Lehrer Peter Gohl verheiratet. Der war zwar in der DKP aktiv, aber als Beamter auf Lebenszeit nicht kündbar. Seine Frau wurde stattdessen in Sippenhaft genommen. Mit ihrem Berufsverbot begann eine lange Geschichte politischer Diskriminierung.“ 5)

Über Peter Schulz‘ Rolle zu den „Berufsverboten“ hatte die „Zeit online“ bereits 2022 anlässlich der damals vorhandenen Überlegungen, eine Hamburger Schule nach Peter Schulz zu benennen, ein Interview mit der Historikerin Dr. Alexandra Jaeger, die zum „Radikalenbeschluss“ in Hamburg promoviert hatte, veröffentlicht. In diesem Interview steht u. a.: „ZEIT ONLINE: Frau Jaeger, was genau wird Peter Schulz vorgeworfen?

Alexandra Jaeger: Wenige Monate nach dem Amtsantritt von Bürgermeister Schulz beschloss der Hamburger Senat die Entlassung von Heike Gohl. Sie war Lehrerin und Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Dazu erklärte der Senat in einer Pressemitteilung von November 1971, eine Verbeamtung auf Lebenszeit sei mit politischen Aktivitäten in rechts- oder linksradikalen Gruppen unvereinbar. Das galt als Signal in Richtung Radikalenbeschluss, der zwei Monate später verabschiedet wurde. Lange war Hamburg liberal mit solchen Fällen umgegangen, Heike Gohl hatte man 1967 sogar gegen die Empfehlung des Verfassungsschutzes eingestellt. (…)

Ich halte es für wahrscheinlich, dass es den Radikalenbeschluss auch ohne Hamburg gegeben hätte. Unter Peter Schulz hat sich der Umgang mit Kommunistinnen und Kommunisten in Hamburg zweifelsohne verschärft, aber es gab auch in anderen Bundesländern ähnliche Fälle wie jenen von Heike Gohl, beispielsweise in Bremen und Nordrhein-Westfalen. Zudem gab es Vorläufer dieser Praxis bereits in den Fünfzigerjahren, auch wenn diese umstritten waren. Ich will die Rolle von Peter Schulz nicht kleinreden, aber man muss das ein bisschen von dieser einen Person lösen. Letztlich war es eine Allianz von Helmut Kohl bis zu Willy Brandt. (…)

ZEIT ONLINE: Warum hat damals ausgerechnet Hamburg ein Exempel statuiert?

Jaeger: In Hamburg waren einerseits kommunistische Organisationen relativ stark vertreten, beispielsweise der Marxistische Studentenbund Spartakus oder die DKP-Lehrergruppe. Andererseits gab es im Senat einen sozialdemokratischen Antikommunismus. Peter Schulz hatte Verfolgungserfahrung in der DDR, sein Vater, bis 1949 Oberbürgermeister von Rostock, war in der sowjetischen Besatzungszone verhaftet worden, als er gegen die Zwangsvereinigung zur SED protestierte. Auch der damalige Schulsenator Hamburgs, Günter Apel (SPD), ist aus der DDR geflohen. (…)

ZEIT ONLINE: Bürgermeister Hans-Ulrich Klose (SPD) schaffte den Radikalenerlass 1979 als erster Länderchef wieder ab. Wie kam es dazu?

Jaeger: Der Radikalenbeschluss war von Anfang an Gegenstand von Debatten. Die ZEIT sprach damals von der ‚größten nationalen Streitfrage‘. Theo Sommer kritisierte das Vorgehen als eine ‚Perversion des Grundgesetzes‘. Anfang 1979 schaffte die Bundesregierung die Regelanfrage ab, kurz darauf wurde das auch in Hamburg umgesetzt. Bürgermeister Klose sagte damals: ‚Lieber stelle ich 20 Kommunisten ein, als dass ich 200.000 junge Menschen verunsichere.‘ In einigen Bundesländern ging die Praxis allerdings weiter. Bayern stellte die Regelanfrage 1991 als letztes Bundesland ein. (…).“ 6)