Woldsenweg
Eppendorf (1907): August Friedrich Woldsen (23.3.1792 Husum -11.12.1868 Hamburg), Präses der Militärkommission, Stifter.
August Friedrich Woldsen war Stifter des Asmussen-Woldsen-Vermächtnisses. Das war er aber nicht allein. Gemeinsam mit seiner Cousine Anna Catharina Asmussen (27.3. Husum – 14.11.1868 Husum) rief er diese Stiftung ins Leben.
Über das Verhältnis der beiden Verwandten heißt es: „Emilie Hamkens, die sich als Schriftstellerin (‚Wente Frese‘) mit dem Leben in Husum auseinander setzte, outet Anna Catharina Asmussen und August Friedrich Woldsen als ‚verliebtes Paar‘. Die Ringe sollen sie nicht tauschen. Erst im hohen Alter finden sie sich zu einem gemeinsamen Vermächtnis zusammen. Während die am 27. Mai 1793 in Husum geborene Tine als Kauffrau einen Gerste- und Hefehandel mit Waren aus der Bierbrauerei ihres Bruders betrieb und nach dessen Tod sein Geschäft fortsetzte, machte ihr ‚Verehrer‘ in Hamburg-Eppendorf Karriere als Reeder, Großkaufmann und Präses des Hamburger Militärkommissariats“ 1).
Auf der Website des Asmussen-Woldsen-Vermächtnisses steht über die Stifterin und den Stifter: „Sie haben hart gearbeitet und nehmen das verbriefte Recht einer jeden Husumer Bürgerin und eines jeden Husumer Bürgers in Anspruch, ihr Vermögen nach dem Tod so anzulegen, wie es ihnen vorteilhaft erscheint. Anna Catharina Asmussen und Vetter Woldsen wissen, daß ihre Hinterlassenschaft an den Staat geht, wenn kein direkter Erbe vorhanden ist. Beide sind unverheiratet und kinderlos. Beide sind Kinder ihrer Familien, ihrer Vaterstadt und ihrer Zeit. Beide sind wirtschaftlich äußerst erfolgreich, von Haus konservativ, christlich und ihrer Zeit weit voraus. Sie investieren in die Zukunft, vergessen aber nicht das Gewesene. Kinder sind Zukunft, Witwen gehören zur Geschichte.“ 2)
Anna Catharina Asmussen, die Tochter von Catharina Woldsen und des Kirchenvorstehers, Senators und Brauers Hans Asmussen, gab eine so „große Summe, dass sie als ‚unsterbliche Wohltäterin Husums‘ bezeichnet wurde“. 3) Sie brachte in die Stiftung „den Roten Haubarg ein, dessen 138 Hektar Marschland 64.000 dänische Reichstaler Wert waren. August Friedrich Woldsen zahlte 32.000 Taler ein.“ 4)
Das Asmussen-Woldsen Vermächtnis trat 1873 in Kraft. Aus der Stiftungsurkunde ist zu entnehmen, welchen Zweck die Stiftung verfolgte.
Auszüge aus der Stiftungsurkunde:
„Wir die Endesunterzeichneten, ich die unverehelichte langjährige Einwohnerin Anna Catharna Asmussen in Husum cum curatore rogato, und ich der Bürger und Kaufmann August Friedrich Woldsen aus Hamburg, durch die Bande der Verwandtschaft und Freundschaft miteinander verbunden und beide von dem Wunsche beseelt, durch den Besitz irdischer Güter, mit denen der Allmächtige uns gesegnet hat, auch anderen bis zu den spätesten Zeiten hin wohlzuthun, haben uns entschlossen, zum dauernden Wohle unserer gemeinsamen lieben Vaterstadt Husum ein Kapital von zusammen sechs und neunzig tausend (96.000) Thaler Reichsmünze respektive in Ländereien und in Baaren Kapitalien anzulegen und festzusetzen, mit dessen Revenouen und Zinsen zu wohlthätigen Zwecken nach unserem beiderseitigen Ableben nach Maßgabe der dieser Stiftungs-Urkunde angehängten Statuten unverbrüchlich verfahren werden soll. (…).
Specielle Bestimmungen.
§ 8. Die Zwecke, welche sich die Stifter dieses Vermächtnisses zur Förderung der Wohlfahrt der Stadt Husum und deren Angehörigen zu erreichen vorgesetzt haben, gehen wesentlich dahin, möglichst auf die intellectuelle und sittliche Bildung der Bewohner hinzuwirken, der unverschuldeten Armuth beizustehen und den Wohlstand im Allgemeinen durch Erleichterung in den Communalabgaben so weit möglich zu heben.
Diese verschiedenen Zwecke sind in den folgenden sieben Klassen und deren respectiven Abtheilungen enthalten, als:
I. Die Errichtung von Stipendien, theils für Studirende der Facultäts-Wissenschaften, theils für Seminaristen und angehende Lehrer, und theils für Schüler, die sich entweder zu den höheren Studien vorbereiten, oder aber zu einer größeren Gewerbthätigkeit befähigen wollen.
II. Die Verbesserung der Schullehrergehalte an den öffentlichen oder gewöhnlichen Bürgerschulen in Husum, soweit eine solche erforderlich ist, um störende Nahrungssorgen abzuhalten und zugleich zur Unterstützung für deren eventuellen Witwen zu dienen.
III. Kleine Prämien für Schüler der öffentlichen Bürgerschulen für Fleiß und sittliche Aufführung.
IV. Die Errichtung einer Warteschule.
V. Unterstützung hilfsbedürftiger alter Dienstboten beiderlei Geschlechts sowie verarmter rechtlicher Bürger und Bürger-Witwen.
VI. Aussteuerungen unbemittelter unbescholtener Mädchen.
VII. Beitrag zur Verschönerung der nächsten Umgebung der Stadt Husum.“5)
Zur Warteschule hieß es u. a.: „Da es bei der Verwaltung dieses Instituts auch einer weiblichen Mitwirkung und Aufsicht bedürfen wird, so rechnen die Stifter des Vermächtnisses auf den gemeinnützigen und wohlwollenden Sinn der Frauen und Jungfrauen Husums, und sprechen die Erwartung aus, daß es zu keiner Zeit an solchen fehlen wird, welche sich dieser Mühwaltung der Beaufsichtigung der Warteschule, soweit dieselbe in den weiblichen Bereich einschlagen wird, unterziehen werden.“ 6)
Bereits 1866 hatte August Friedrich Woldsen in der Nordhusumer Straße das Wohnheim für verarmte Witwen gestiftet. „Das Altenstift des Asmussen-Woldsen-Vermächtnisses befindet sich in einem reetgedeckten Anbau am Woldsen Landhaus. „Hier verbrachte die Familie die Wochenenden im Sommer. (…).
Das Grundstück an der Nordhusumer Straße hatte August Friedrich Woldsen aus dem Nachlass seiner verstorbenen Schwester erworben. Geschäftsführer Sönke Lorenzen: ‚Durch Urkunde vom 15. Oktober 1866 vermachte Woldsen das Grundstück der Stadt Husum. So stellte der erfolgreiche Kaufmann die Weichen für eine soziale Stiftung, von der wir heute noch gut haben.‘ Dass quasi vom ersten Tag an Bewerbungen eingingen, zeigt die Akzeptanz unter der Bevölkerung.
Bürgervorsteherin Birgitt Encke: ‚August Friedrich Woldsen war ein Menschenfreund mit Weitblick. Indem er Husumern, Lehrern etwa, die Sorge um die Versorgung ihrer Frauen, die sie überleben sollten, nahm, gab er ihnen Gelegenheit, sich voll und ganz auf ihre Arbeit zum Wohl der Stadt und der Jugend zu konzentrieren. Lange vor Einführung der Rentenversicherung hielt er ihnen finanziell den Rücken frei.‘
Nach den Bestimmungen sollten nach seinem Tode in dem Hause mindestens fünf Wohnungen für Witwen von Beamten und Angestellten der Stadt Husum sowie Witwen von Bürgern der Stadt Husum eingerichtet werden. Diese sollten darin fein und unentgeltlich wohnen. Die Verwaltung dieser Stiftung wurde dem Verwaltungskollegium des Asmussen-Woldsen`schen Vermächtnisses übertragen. Das Witwenstift im alten Garten des Senators wird auch weiterhin von der Asmussen-Woldsen-Stiftung voll unterhalten und regelmäßig modernisiert. (…).“ 7)
An zentraler Stelle am Husumer Marktplatz steht zu Ehren der Stifterin und des Stifters ein Asmussen-Woldsen-Denkmal: der Tine-Brunnen mit einer Bronze-Statue, der „Tine“, geschaffen von Adolf Brütt und eingeweiht 1902. „Die junge Husumer Angestellte des Thoma’s Hotels, Dora Fuchs (1878–1966), stand Adolf Brütt Modell für die Tine-Statue. (…). Kurz vor Fertigstellung der Bronzefigur wünschte das Denkmalskomitee, die Tine nicht in Holzpantinen abgebildet, sondern in Schuhen dargestellt zu sehen. Mit dem offensichtlichen Vorwand, man nehme Anstoß an den Holzschuhen, da diese regional untypisch seien und ‚einen ärmlichen Eindruck‘ machten, d. h. „die Armut“ personifizierten, versuchte Bürgermeister Menge eine Änderung am Entwurf zu bewirken. Die Holzschuhe passten offenbar nicht in sein auf stolze Repräsentation eingestelltes Denkmalskonzept. Adolf Brütt erwiderte, ‚daß man niemals in einem hübschen, jungen und gesunden Weib, es mag anhaben was es will, und wenn es Lumpen sind, die Armut erblickt, sondern den besten Reichtum, der auf der Welt zu haben ist.‘ So trägt die ‚Tine‘ bis heute Pantinen.
Nach einer landläufigen Vorstellung hat das Asmussen-Woldsen-Denkmal seinen volkstümlichen Namen ‚Tine-Brunnen‘ von der Darstellung der Stifterin Anna Catharina (Kosename ‚Tine‘ für ‚Catharina‘) Asmussen in der Standfigur des Fischermädchens, was jedoch unzutreffend ist.“ 8)