Weygandtstraße
Langenhorn (1999): Friedrich Weygandt,(1491-1525) Beamter des Erzbischofs von Mainz in Miltenberg. Während des Bauernkrieges 1525 Verfasser zweier fortschrittlicher Reichsreform-Entwürfe. Wegen seiner Opposition gegen den Erzbischof wohl noch 1525 hingerichtet.
Von 1960 bis 1999 hieß die Straße, die damals auch „ Weygandtstraße “ hieß, nach Prof. Dr Wilhelm Weygandt. (1870-1939), ärztlicher Direktor der Staatskrankenanstalt Friedrichsberg und Ordinarius für Psychiatrie an der Universität Hamburg. Wegen seiner NS-Belastung wurde die Straße 1999 nach dem namensgleichen mainzischen Beamten Friedrich Weygandt umbenannt. Siehe zu ihm weiter unten im Text.
Friedrich Weygandt, Territorialbeamter des Kurfürsten von Mainz ist vermutlich der Verfasser des Reformprogramms vom 18. Mai 1525 für eine Reichsreform. Es ist ein anonymes Traktat und war „zur Diskussion auf dem Bauerntag in Heilbronn bestimmt. Das Programm legt einen detaillierten Plan für eine rechtliche, kommerzielle und Währungsreform vor. Dem zugrunde liegt das Konzept eines föderalen Reiches, in dem jede gesellschaftliche Gruppe eine Stimme hat. Insofern trug dieses Programm die Idee der partizipatorischen Regierung (welche allgemein auf territorialer Ebene empfohlen wurde) auf die Reichsebene weiter. Die Reichsreform war ein fortwährendes Thema seit der Zeit Kaiser Sigismunds (geb. 1368, reg. 1433-37) und den Konzilien von Konstanz und Basel.“ 1)
Dominik Schäfer schreibt über die politischen Aktivitäten von Friedrich Weygandt: „1515 wurde Friedrich Weygandt Amtskeller (= Amtmann oder Lokalverwalter) in Miltenberg. Schon bald setzte er sich im Rahmen seiner Möglichkeiten für religiöse und soziale Reformen ein.“ 2)
Weygandt störte es zutiefst, „dass bei den damals zwölf Altaristen auf den Altarpfründen in St. Jakobus und in den Kapellen Diebstahl, Urkundenfälschung, Bedrohung, Beleidigung, Vergewaltigung, Ehebruch und Unzucht offenbar an der Tagesordnung waren, wie man 1523 in der ‚Anklage der Stadt Miltenberg wider die Pfaffen‘ lesen konnte (…).“ 3)
Weygandt gelang „die Gründung einer eigenständigen Pfarrei in Miltenberg 1522, das damit von der Pfarrei Bürgstadt unabhängig wurde. Die Besetzung der Pfarrstelle wurde sofort ein Politikum: Die Miltenberger, mit Weygandt an ihrer Spitze, beriefen einen Anhänger der Reformation, nämlich den Luther-Schüler Johannes Drach. Drach machte seinem Lehrer alle Ehre. Es gelang ihm, in wenigen Monaten die Miltenberger Bürger und den Rat von seinem neuen Glaubensverständnis zu überzeugen. (…).“ 4)
Die Folge war: die Mainzer Erzbischöfe klagten Drach an, und er wurde exkommuniziert. Hinzu kam, dass der Erzbischof militärisch gegen die Gemeinde vorgehen wollte.
„Als die Truppen kurz davor standen, Miltenberg einzunehmen, floh Drach. (…) Nach der Einnahme der Stadt wurden führende Mitglieder des Rates und andere Sympathisanten der lutherischen Glaubensauslegung auf der Mildenburg eingekerkert. Der Erzbischof zwang die Bürger von der lutherischen Lehre abzuschwören. Auch verloren sie das Recht, ihren Pfarrer zu wählen. Damit war der Reformationsversuch gescheitert.
Immerhin konnte sich Friedrich Weygandt zunächst halten. Er wurde wieder als Amtskeller von Miltenberg eingesetzt. Weygandt machte weiter ‚große Politik‘ und setzte sich für soziale, religiöse und politische Veränderungen ein. Er forderte eine Reichsreform und verknüpfte diese mit den Ideen der Reformation. Im Bauernaufstand von 1525 führte er Miltenberg an die Seite der Aufständischen. Dieses Engagement kosteten ihn allerdings das Leben: Zur Strafe wurde er im Alter von ca. 52 Jahren auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. (…)“.5)
Zu Prof. Dr. Wilhelm Weygandt
Prof. Dr. Wilhelm Weygandt unterzeichnete im November 1933i das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat. Darüber hinaus war er ein Befürworter der Rassenhygiene. „Da er davon ausging, dass zwei Drittel der psychischen Krankheiten durch erbliche Belastung bedingt seien, sprach er sich bereits 1904 dafür aus, die Fortpflanzung entsprechend belasteter Personen durch Eheverbote oder Sterilisation zu verhindern.[(…) 1928 behauptete er, dass Deutschland nur existieren könne, ‚als Land der Qualitätsarbeit, aber dazu gehören psychisch auf ein Höchstmaß von Leistungsfähigkeit gezüchtete Menschen, deren Psyche möglichst frei sein muß von Minderwertigkeit der Anlage und schädlichen exogenen Faktoren.‘ (…) Dementsprechend begrüßte Weygandt nicht nur die rassenhygienische Gesetzgebung des Nationalsozialismus wie das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933, durch das Zwangssterilisationen ermöglicht wurden. Er trat auch für eine erhebliche Erweiterung des zu sterilisierenden Personenkreises ein, in den er alle Hilfsschüler, Fürsorgezöglinge und delinquente Jugendliche einbezogen sehen wollte. Ferner befürwortete er die Kastration und erwog bereits 1933 die Euthanasie ‚Schwachsinniger‘. 6)