Bothmannstraße
Wandsbek (1961): Bernhard Conrad Bothmann (5.6.1884 Wandsbek -19.1.1952 Hamburg-Wandsbek), über 25 Jahre lang Pastor in Wandsbek-Hinschenfelde
Bernhard Bothmann war der Sohn von Christina Elisabetha Bothmann, geb. Schmidt und des Schriftsetzers und Buchdruckers August Heinrich Bernhard Bothmann.
Als Bernhard Bothmann noch Kandidat der Theologie war, heiratete er nach der bestandenen Prüfung 1913 seine Jugendliebe Emmy Cohn (9.7.1886 Hamburg - ?), Tochter des Kaufmanns Julius Cohn und Ida Emilie, geb. Scheuer. Emmy, die bis zur Heirat als Lehrerin gearbeitet hatte, bekam drei Kinder.
Am „11.01.1914 [wurde Bernhard Bothmann] im Schleswiger Dom ordiniert. Nach einer kurzen Zeit als Hilfsprediger auf dem Ohlsdorfer Friedhof wurde er am 18.01.1914 Pastor in Westerhever. Am 14.10.1917 wechselte er in die Kieler St. Michaelis-Kirchengemeinde und wurde am 29.11.1929 Pastor an der Kreuzkirche in Wandsbek.“ 1)
In der Ausstellung „Kirche, Christen, Juden in Nordelbien“ heißt es über Pastor Bernhard Bothmann in der Zeit des Nationalsozialismus: „Pastor Bernhard Bothmann heiratete 1913 (…) seine Jugendliebe Emmy. Damals spielte es keine Rolle, dass sie eine getaufte Jüdin war. Zwanzig Jahre später bestimmte es das Leben der Familie.“ 2)
Der Eintrag im Heiratsregister 1913 lautet jedoch bei Emmy Bothmann, deren Eltern jüdischen Glaubens waren, „lutherische Religion“. 1938 wurde am Rand der Heiratsurkunde vermerkt: Emmy Bothmann, geb. Cohn habe den zusätzlichen Namen „Sara“ zu führen. 1948 wurde am Rand notiert: „Gemäß Verordnung des Zentral-Justizamtes in Hamburg vom 16.2.1948 ist der Randvermerk vom 22. Dezember 1938 ungültig.“ 3)
Aus dem Ausstellungsbuch „Kirche Christen Juden in Nordelbien“ erfahren wir weiter: „1935 wurde das Ehepaar durch die Nürnberger Gesetze als ‚Mischehe‘ und die Kinder als ‚Halbjuden‘ entrechtet und diskriminiert, obwohl die Familie Unterstützung aus ihrer Wandsbeker Kirchengemeinde bekam. Bothmanns Vorgesetzter, der Stormarner Propst Gustav Dührkop, [Antisemit und Nationalsozialist, R. B.] forderte ihn schließlich auf, sich von seiner Ehefrau scheiden zu lassen. Als Bothmann sich weigerte, sorgte Dührkop für dessen Entlassung. Dank der Unterstützung seines alten Schulfreundes, des Hamburger Landesbischofs Franz Tügel, [Antisemit und Nationalsozialist, aber seit gemeinsamer Schulzeit mit Bothmann befreundet, R. B.] bekam Bothmann Anstellungen in der Hamburger Landeskirche. Denunziationen Propst Dührkops verhinderten aber eine feste Anstellung und führten schließlich auch hier zum Berufsverbot für Bothmann. Aufgrund der Nürnberger Gesetze durften die Kinder nicht die von ihnen gewünschten Ausbildungen wählen. Der ältesten Tochter wurde die Heirat mit ihrem ‚arischen‘ Verlobten verboten. Als sie dennoch mit ihm zusammen Kinder bekam, verbot ihm die Gestapo den Umgang mit ihr und seinen Kindern. Die Verwandten Emmy Bothmanns, ihre Schwester Grete und die Familie Rosenbaum, wurden 1941 und 1942 deportiert. Einzig Emmy Bothmanns Mutter Ida Cohn starb 1942 eines natürlichen Todes in Hamburg. Bei ihrer Beerdigung wurde der Familie die Benutzung der Friedhofskapelle verboten.“ 4)
„1942 wurde Emmy Bothmann auf Betreiben des Propstes Dührkop als ‚Nichtarierin‘ aus der evangelischen Kirche ausgeschlossen. Kurz vor Kriegsende wurde Emmy Bothmann verhaftet und kam ins Landgerichtsgefängnis Lüneburg. Die Bothmanns waren in Hamburg ausgebombt und lebten zu dieser Zeit in einem Wochenendhaus in der Nordheide. Nach vier Wochen wurde Emmy Bothmann am 15. März 1945 überraschend entlassen,“ 5) ist im Flyer zu Wandsbeker Straßennamen, die nach Opfern des Nationalsozialismus und Widerstandskämpfenden benannt sind, nachzulesen.
Im Vorwort des Findbuches zum archivalischen Bestand des Nachlasses von Pastor Bernhard Bothmann, der sich im Kirchenarchiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland befindet, heißt es über Bothmanns weiteren beruflichen Weg: „Nach dem Ende des Kriegs wurde er rehabilitiert und wieder Pastor an der Kreuzkirche. Bernhard Bothmann starb am 19.01.1952 in Hamburg-Wandsbek.“ 6)
Stefan Romey informiert: „Über 50 Jahre später wurde am 30. Juni 2002 an der Kreuzkirche in Wandsbek eine Gedenktafel für Bernhard Bothmann angebracht: ‚Erst im Jahr 2001 bekannte sich die Kirche zu ihrer Schuld an der Familie Bothmann. Wir, der Kirchenkreisvorstand, die Kirchenkreissynode Stormarn und die Synode der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche, bedauern zutiefst das Leid, das Familie Bothmann durch unsere Kirche zugefügt wurde.‘“7)