Carl-Petersen-Straße
Hamm (1948): Dr. Carl Wilhelm Petersen (31.1.1868 Hamburg - 6.11.1933 Hamburg), Senator, Bürgermeister
Vor 1948 hieß die Straße Mittelstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Zu Carl Petersen gibt es einen Wikipedia Eintrag, in dem kurz auf seinen Familienhintergrund eingegangen, sein Eheleben aber nicht berührt wird. Dort heißt es: „Sein Vater war Gustav Petersen (1838–1911). (…) Er ist zudem der ältere Bruder des Kaufmanns und späteren ersten Hamburger Nachkriegsbürgermeisters Rudolf Petersen (1878–1962).
Petersen wuchs in einer sehr wohlhabenden Familie auf. Er (…) studierte Rechtswissenschaften (…). Petersen promovierte 1890 zum Doktor der Rechte und ließ sich in Hamburg als Rechtsanwalt nieder. Später wurde ihm noch der Doctor h. c. in Medizin verliehen. Petersen war sehr vermögend, in der im Jahre 1912 erschienenen Rangliste der reichsten Hamburger ist Petersen mit einem Vermögen von rund 2,5 Millionen Mark unter den 200 reichsten Personen in Hamburg gelistet. Er war Mitglied des Academischen Clubs zu Hamburg (1891), des Hansabundes und des Deutschen Bundes für Bodenreform.
Im Kaiserreich gehörte Petersen der Fortschrittlichen Volkspartei an. 1919 war er Gründungsmitglied der Deutschen Demokratischen Partei und wurde im selben Jahr (nach dem Tod Friedrich Naumanns) deren 1. Vorsitzender. Nachdem er das Amt 1924 an Erich Koch-Weser abgegeben hatte, wurde er in der Endzeit der Weimarer Republik 1932 noch einmal mit Reinhold Maier und Hermann Dietrich gemeinsam Parteivorsitzender der nunmehr Deutsche Staatspartei genannten Partei.
Petersen wurde 1899 für den Pöseldorfer Bürgerverein erstmals zum Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft gewählt und hatte diesen Posten bis 1918 inne. Petersen, der zunächst der Fraktion der Rechten. angehört hatte, gehörte nach dem Wahlrechtsraub von 1906 zu den Mitbegründern der Fraktion der Vereinigten Liberalen in der Bürgerschaft, deren Vorsitzender er wurde. Von 1921 bis 1924 und 1928 bis 1933 war er erneut Bürgerschaftsabgeordneter.“1) Damals wurden die Abgeordneten nicht als Angehörige von Parteien gewählt, sondern als Personen. „Sie traten erst nach der Wahl in die Bürgerschaft einzelnen Fraktionen bei; deren Namen 'Rechte', 'Linkes Zentrum' und 'Linke' verraten (...), dass feste Parteirichtungen fehlten. Ein Fraktionszwang [wie heute üblich, R. B..] war undenkbar.“2) Die Fraktion der Rechten bestand vorwiegend aus Kaufleuten und Notabeln, also Angehörigen der sozialen Oberschicht. Im linken Zentrum waren vorwiegende Vertreter der Industrie versammelt. Die Fraktion der Linken setzte sich vorwiegend aus Handwerkern und Kleingewerbetreibenden zusammen. Petersen meinte, man könne die Fraktionen an ihren Stiefeln unterscheiden: Die Fraktion der Rechten sei die Fraktion der Lackstiefel, die der Linken die Fraktion der Schmierstiefel und dies linken Zentrums die Fraktion der Wichsstiefel.
„Petersen gehörte 1919/20 der Weimarer Nationalversammlung und war von 1920 bis zum 30. Januar 1924 Reichstagsabgeordneter für die DDP, als deren zweiter Fraktionsvorsitzender er gewählt wurde. In der Nationalversammlung war er Vorsitzender des Untersuchungsausschuss für die Schuldfragen des Weltkrieges.
Am 20. April 1918 wurde Petersen in den Hamburger Senat gewählt. Petersen trat mit dem gesamten bisherigen Senat am 27. März 1919 zurück, er wurde in der Neuwahl am 28. März 1919 mit 103 Stimmen (von 160) wiedergewählt und gehörte dem Senat dann bis März 1933 an. Vom 1. Januar 1924 bis zum 31. Dezember 1929 war er Erster Bürgermeister von Hamburg, 1930/31 zweiter Bürgermeister, und vom 1. Januar 1932 bis zum 7. März 1933 erneut Erster Bürgermeister (…)). Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor er sein Amt. In seinem Rücktrittsschreiben vom 4. März 1933 heißt es: ‚[...] Die Entwicklungen, die jetzt vor sich gehen, scheinen mir an den Präsidenten des Hamburgischen Senats Forderungen zu stellen, die weder mit der hamburgischen Überlieferung noch mit der Besonderheit dieses Amtes verbunden sind.‘ – zitiert nach Heinrich Erdmann“ 3)
(Heinrich Erdmann: Der „Wahlrechtsraub“ von 1906 als Traditionsbruch. Zum Verhältnis von Senat und Bürgerschaft nach den Verfassungen von 1860 und 1879, 1906, 1919. In: Landeszentrale für politische Bildung Hamburg (Hrsg.): Hamburg im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts. Die Zeit des Politikers Otto Stolten. Sieben Abhandlungen, Hamburg 2000, S. 48.)
Carl Petersens Mutter Anna Maria, geb. Behrens (16.8.1842 Hamburg – 3.2.1909 Hamburg) entstammte einer jüdischen Bankiersfamilie, gehörte aber dem christlichen Glauben an. Sie kannte ihren Mann Gustav Petersen schon seit Kindertagen. Als das Paar 1863 heiratete, brachte sie Vermögen in die Ehe ein, so dass die Familie in Wohlstand leben konnte. Anna Maria Petersen gebar innerhalb von 22 Jahren acht Kinder (das Älteste wurde 1864, das Jüngste 1885 geboren). Sie „lebte – besonders in den Sommermonaten – inmitten einer zahlreichen Kinderschar, denn als ihre jüngsten Söhne noch klein waren, kamen schon die ersten Enkelkinder hinzu. Eine Zeitlang versorgte sie außerdem den kranken Schwiegersohn in ihrem Haus.
Sie pflegte häufige, tägliche Korrespondenz mit den abwesenden Kindern. So erhielt der junge Carl Petersen während seiner Studienzeit (…) von der Mutter regelmäßig Briefe, in denen sie vom familiären Leben berichtete, von den schulischen Fortschritten der kleinen Brüder, von den Reise- und Berufsplänen des Bruders Otto, vom Paris-Aufenthalt der Schwester Clara, von ihren Gesangsstunden usw. (…) Ihre Lebensführung entsprach vollkommen den Vorstellungen ihrer Zeit vom Beruf der Frau als Gattin und Mutter,“ 4) schreibt Sigrid Schambach in ihrer Veröffentlichung zu Carl Petersen.
Die Söhne der Familie Petersen erhielten eine gute Berufsausbildung, die Mädchen hingegen wurden- wie damals in diesen Kreisen üblich – nach der Konfirmation auf die Bälle geschickt, damit sie schnell heirateten.
Carl Petersen soll in jungen Jahren – so seine Schwester Clara – sehr gesellig gewesen, gerne auf Bälle gegangen und ein großer Damenfreund gewesen sein. Auf einem dieser Bälle lernte er die Arzttochter Cécile Marguerite Calais (8.3.1878 Hamburg – März 1946 Hamburg) kennen, die er 1896 heiratete. Beide liebten Musik und Theater. Sie nahm Anteil an seinen politischen Aktivitäten, so engagierte sie sich während des Ersten Weltkrieges in der Hamburger Kriegshilfe, begleitete ihn auch, als er 1919 zu den Sitzungen der Nationalversammlung nach Berlin fuhr und besprach mit ihm die politischen Entwicklungen.