Clemens-Schultz-Straße
St. Pauli (1948): Clemens Schultz (22.9.1862 Hamburg St. Pauli -13.1.1914 Hamburg), Pastor von St. Pauli
Vor 1948 hieß die Straße Kielerstraße, von der damaligen Ernst Thälmannstraße b. z. Jägerstraße. In der NS-Zeit sollte die Straße im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Störtebeckerstraße umbenannt werden, da nun das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarten preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden war und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen gekommen war. Bedingt durch den Krieg kam es aber nicht mehr zu dieser Umbenennung und es blieb bis 1948 bei Kielerstraße. (vgl.: Staatsarchiv Hamburg 133-1 II, 26819/38 Geschäftsakten betr. Straßennamen B. Die große Umbenennung hamb. Straßen 1938-1946. Ergebnisse der Umbenennung in amtlichen Listen der alten und neuen Straßennamen vom Dez. 1938 und Dez. 1946)
Über den unverheiratet gebliebenen und im Alter von 51 Jahren verstorbenen Pastor der St. Pauli Kirche, Clemens Schultz, steht in der Datenbank „Hamburger Persönlichkeiten“ u. a.: „Ursprünglich sollte Clemens Schultz auf Wunsch des Vaters - er war Direktor einer Seeversicherungsgesellschaft - den Kaufmannsberuf erlernen. Nach Vaters frühen Tod entschied sich Clemens für das Theologiestudium, das er bis 1890 in Jena und Berlin absolvierte.“ 1)
In der auf der Website der St. Pauli Kirche veröffentlichten Biografie über Clemens Schultz heißt es weiter: „Im Jahre 1890 kehrt Schultz nach Hamburg zurück um sich auf sein Examen vorzubereiten. Da er nicht länger finanziell von seiner Mutter abhängig sein will, erteilt er Privatunterricht und entwickelt dabei ein freundschaftliches Verhältnis zu seinen Schülern.
Diese Aufgabe und zeitweilige Krankheit führen zu einer Verzögerung seines Abschlusses, so dass er erst 1894 sein Studium mit Examen beendet. Im gleichen Jahr wird er in das Hamburger Lehrerseminar aufgenommen.
Im Juli 1896 erhält er seine eigene Pfarrstelle auf St. Pauli. Zu dieser Zeit ist St. Pauli ein eher sozialistischer Stadtteil, die Jugend hat nur wenig mit Kirche im Sinn, hat aber mit massiven sozialen Problemen zu kämpfen.
Clemens Schultz erkennt die Zeichen der Zeit und gründet 1894 die Vereinigung St. Paulianer Lehrlinge. Diese Vereinigung sollte der seelsorgerischen Betreuung jugendlicher St. Paulianer dienen und Schultz wusste, dass er sie nur ausserhalb der kirchlichen Institution erreichen konnte.
So hielt er bewusst kirchliche Einflussnahme aus seiner Jugendarbeit fern. Wer nicht mehr Lehrling war, konnte dem Gehilfenverein beitreten. Dieser war weniger behütend, als vielmehr bildend. Der Erfolg gab ihm recht; von anfangs 20 Mitgliedern weitete sich deren Anzahl auf bis zu 200 aus. Ein Beweis für die Anziehungskraft und das pädagogische Vermögen Schultzens.
Die Faszination die von Clemens Schultz ausgegangen sein muss lässt sich nur erahnen. Hierfür sprechen die hohe Zahl an Konfirmanden von 400 bis zu 600 in einer Gruppe aber auch die nicht minder geringe Zahl der Mitglieder des Lehrlingsvereins. So kamen bis zu 800 Personen zu den 2 mal jährlich stattfindenden Familienabenden. Seine täglichen Sprechstunden waren, wie auch seine Gottesdienste meist überfüllt.
Schultz war nicht nur Pfarrer auf St. Pauli, er war auch Pädagoge und Sozialarbeiter, engagierte sich für die unteren Schichten und schuf eine Grundlage für die Jugendarbeit bzw. Jugendfürsorge in Hamburg. Dies führte zu einem Bekanntheitsgrad über die Stadtgrenzen hinaus. Schultz selbst sah sich – mit ironischem Unterton – als ‚Dom- und Hofprediger‘ und meinte damit den Jahrmarkt auf dem Heiligengeistfeld sowie die Hinterhöfe St. Paulis.
Zu Schultzens Gründungen gehört neben dem Lehrlings- und Gehilfenverein auch eine Krippe, die 1899 in der Wilhelminenstraße (jetzt Hein-Hoyer-Straße) ihre Pforten für die Kleinsten auf St. Pauli öffnete und noch heute in der Langestraße 6a als Kindertagesheim an diese Tradition anknüpft. Am 13. Januar 1914 stirbt Schultz nach einer langwierigen Krankheit.“ 2)
Seine Erfahrungen mit Jugendlichen und seine Sicht auf die Arbeiterkultur führte er in der 1912 veröffentlichten Broschüre ‚Die Halbstarken‘ zusammen, mit der er einen bis heute verbreiteten Begriff prägte. Seit 1913 war er Logenmeister der Hamburger Freimaurerloge ‚Zum Gral‘ und eines ihrer Gründungsmitglieder.“ 3)