Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Dieselgarten

Barmbek-Nord (1936): Rudolf Diesel (18.3.1858 Paris – 29.9.1913), Erfinder des Dieselmotors


Siehe auch: Dieselstraße

Der Dieselgarten wurde in der Zeit des Nationalsozialismus benannt. „Die ersten beiden Serien-Pkw mit Dieselmotor, der Mercedes-Benz 260 D und der Hannomag Rekord, wurden im Februar 1936 in Berlin auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung vorgestellt.“ 1)

Robert Diesel war der Sohn des „Lederwaren-Herstellers Theodor Diesel, der 1848 seine Geburtsstadt Augsburg verlassen hatte und nach Paris gezogen war, weil er dort seine spätere Ehefrau Elise Strobel kennengelernt hatte. Diese war die Tochter eines Nürnberger Gürtlermeisters und Galanteriewarenhändels, die sich nach der Auflösung des väterlichen Geschäftes in Paris als Hausdame und Gesellschafterin durchgeschlagen hatte.“ 2)[
In der Neuen Deutschen Biografie heißt es über Robert Diesels Werdegang: „Der Sohn mußte früh im väterlichen Geschäft helfen. Dabei erhielt er tiefe Einblicke in die sozialen Mißstände der Weltstadt, aber er begeisterte sich auch an ihren glänzenden technischen und wissenschaftlichen Leistungen (Weltausstellung 1867). In dem berühmten Technischen Museum zeichnete er schon als Elfjähriger Maschinen ab. Nach der Schlacht von Sedan mußte die deutsche Familie nach London flüchten und lebte dort in Not. Ende 1870 reiste der 12jährige D. allein zu Verwandten nach Augsburg, um dort die Gewerbe-, später die Industrieschule zu besuchen. Nach zwei Jahren teilte er seinen Eltern mit, er wisse, daß er niemals etwas anderes werden könne als Ingenieur. Von Stipendien und Stundengeben lebend, studierte er 1875-79 Maschinenbau an der TH München, (…).“ 3) Seine Eltern waren aus finanziellen Gründen gegen ein Studium, sie hätten es vorgezogen, wenn der Sohn gleich einen Beruf ergriffen hätte, um Geld zu verdienen.

0530 Diesel 1883
Rudolf Diesel (1883); Quelle: Unbekannter Fotograf, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

Dieter Wunderlich schreibt in seiner Biografie über Rudolf Diesels weiteren Lebensweg: „Wegen einer Typhuserkrankung konnte Rudolf Diesel im Juli 1879 nicht am Examen teilnehmen. Während er auf den nächsten Prüfungstermin wartete, sammelte er bei der Maschinenfabrik der Gebrüder Sulzer in Winterthur praktische Erfahrungen. Im Januar 1880 holte er seinen Abschluss nach, und zwar mit der besten Leistung seit Bestehen der Hochschule. Danach reiste er nach Paris, half beim Aufbau einer Eisfabrik – der im Jahr zuvor von seinem Münchner Maschinenbau-Professor Carl von Linde gegründeten Gesellschaft für Linde’s Eismaschinen – und brachte es dort innerhalb eines Jahres zum Direktor. Im Februar 1881 traf sich Rudolf Diesel mit Heinrich Buz, dem Direktor der Maschinenfabrik Augsburg (ab 1908: Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG, MAN) und vereinbarte mit ihm eine Zusammenarbeit beim Bau einer Versuchsanlage für die Herstellung von Klareis in Flaschen. Für das Verfahren erhielt Rudolf Diesel am 24. September ein kaiserliches und am 24. Oktober ein französisches Patent. Zwei Jahre später wurde die Anlage in Paris fertiggestellt.“ 4)

Rudolf Diesel hatte sich damals also schon finanziell saturiert, so heiratete er 1883 in München die Notarstochter Martha Flasche (22.3.1860 Remscheid – 23.3.1944), die er ein Jahr zuvor in Paris kennen gelernt hatte, wo sie als Erzieherin arbeitete.

„Am 21. Februar 1890 zog Rudolf Diesel mit seiner Frau und den Kindern Rudolf (*1883), Heddy (*1885) und Eugen (*1889) nach Berlin, übernahm die Leitung des technischen Büros der Gesellschaft für Linde’s Eismaschinen und ließ sich in den Vorstand der neu gegründeten Aktiengesellschaft für Markt- und Kühlhallen wählen. Weil er die im Rahmen seiner Firmentätigkeit gemachten Erfindungen nicht für eigene Zwecke nutzen durfte, suchte Rudolf Diesel nach einem anderen Gebiet, auf dem er seine Ideen selbst verwerten konnte. Seit er in den Vorlesungen Carl von Lindes gehört hatte, dass die Dampfmaschine gerade einmal 6 bis 10 Prozent der Energie des Brennstoffes in Leistung umsetzt, dachte er über Wärmekraftmaschinen mit besseren Wirkungsgraden nach,“ 5) schreibt Wunderlich. Und in der Neuen Deutschen Biografie heißt es weiter: „Zwischen 1893 und 1897 verwirklichte D. in der Maschinenfabrik Augsburg den Dieselmotor. Der Direktor dieses Werkes, H. Buz, war von D.s Erfindung und Persönlichkeit überzeugt und gewährte ihm jegliche Hilfe. Krupp beteiligte sich an der Finanzierung. Nach unsäglichem Arbeitsaufwand und vielen Fehlschlägen war um die Wende 1896/97 ein Motor entstanden, der sich sofort als die weitaus beste Wärmekraftmaschine erwies. Sie lief mit Petroleum und bald mit Rohöl, das in rasch zunehmendem Maße in der ganzen Welt gefördert wurde, so daß die neue Maschine durchaus der Zeitlage entsprach. Die Welt begriff, daß es sich um ein technisches Ereignis von epochemachender Bedeutung handelte; D. wurde mit einem Schlage berühmt und reich.“ 6)

Er ließ sich für sich und seine Familie in München Biogenhausen eine stattliche Villa erbauen, die 1901 bezugsfertig war.

„Aber im Augenblick von D.s höchsten Triumphen kündete sich auch die tragische Wendung in seinem Schicksal an. Die Jahrzehnte dauernden Anstrengungen, Aufregungen, Kämpfe, gefährliche Patentprozesse, Angriffe auf seine Erfinderehre bewirkten bei D. einen schweren Nervenzusammenbruch. Er glaubte sterben zu müssen. Um seine Familie zu sichern, verkaufte er alle seine Rechte am Dieselmotor, wodurch er sich nach seiner unerhofften Gesundung zunächst um die Möglichkeit gebracht sah, an der Fortentwicklung des Dieselmotors mitzuwirken. (…).“ 7)

Diesel beschäftigte sich auch mit sozialen Fragen. So schrieb er 1903 ein Buch mit dem Titel „Solidarismus, natürliche wirtschaftliche Erlösung der Menschen.“ „Er entwarf darin die Idee einer solidarischen Wirtschaft, bei der die Arbeiter die Finanzierung, Produktion und Verteilung von Gütern selbst organisieren. Alle sollten in eine Volkskasse einen geringen Betrag einzahlen. Das gesammelte Geld sollte für Bürgschaften und Kredite an gemeinschaftliche Betriebe der Kassenmitglieder verwendet werden.“ 8)

Doch für seine sozialen Utopien einer gerechteren Gesellschaft erntete Diesel nur Spott und Hohn und erhielt kaum positive Resonanz. Dies traf ihn schwer.

„Nach Ablauf der Dieselpatente 1908 schaltete er sich wieder unter Aufwendung bedeutender Mittel in die Fortentwicklung des Motors ein, baute den ersten Kleindieselmotor, den ersten Lastwagenmotor, die erste Motorlokomotive. Alle diese Konstruktionen wiesen in die Zukunft, aber die Technik war noch nicht weit genug fortgeschritten, um zum Beispiel die luftlose Einspritzung des Brennstoffes zu ermöglichen und dadurch den praktischen Erfolg schnelllaufender Motoren zu gewährleisten. Während D. schwer unter diesen Enttäuschungen litt, feierte sein Motor als ortsfeste Maschine und als Antrieb selbst großer Seeschiffe Triumphe. Auf einer Reise durch die Vereinigten Staaten 1912 wurde der Erfinder auf beispiellose Weise umjubelt und geehrt, während in Deutschland seine Erfinderehre hämisch angegriffen wurde und sein Vermögen schon zerrüttet war,“ 9) heißt es in der Neuen Deutschen Biographie.

Als Diesel sich Ende September 1913 auf der Überfahrt von Antwerpen nach Harwich befand, konnte er bei der Ankunft des Schiffes nicht gefunden werden. Er muss in der Nacht vom 29. auf den 30. September über Bord gesprungen sein 10). Seine Leiche wurde später von einem holländischen Lotsenboot gesichtet, aber nicht geborgen. 11)

Über die Gründe, die zum Tod Diesels führten, heißt es 2013 in „Zeit online“: „ der in Paris, London und Augsburg aufgewachsene Ingenieur ist ein Pazifist, der von einer gerechteren Gesellschaft träumt. (…). ‚Dass ich den Dieselmotor erfunden habe, ist schön und gut‘, schreibt Diesel, ‚aber meine Hauptleistung ist, dass ich die soziale Frage gelöst habe.‘ Sein effizienter Motor, der für kleine Handwerker und Bauern erschwinglich sein soll, ist für ihn nur ein Baustein seiner Utopie.

Doch der Erfinder erntet für sein Buch [siehe oben] nur Spott und Hohn. Nicht nur als Geschäftsmann hat er versagt, auch als Reformer. Er ahnt, dass in von Dieselmotoren getriebenen Schiffen und U-Booten bald Soldaten aus ganz Europa grausam sterben werden. Der Traum des Handwerkersohnes von einer besseren, friedlicheren Welt wird zum Alptraum, und seine Erfindung trägt dazu bei.“ 12)

Die Urenkelin von Rudolf Diesel, Susanne M. Kropf, sah den Grund der Selbsttötung in den finanziellen Problemen, die ihr Urgroßvater hatte. „Er hatte sich in Baku (Aserbaidschan, Anm.) mit Ölfeldern verspekuliert, wurde von Geschäftspartnern über den Tisch gezogen und hat sein ganzes Geld verloren. Er hatte für das Patent einiges an Lizenzgebühren erhalten und war pleite. Er wollte seine Familie nicht dem Elend preisgeben, wollte Ehrenmann sein und glaubte, abtreten zu müssen.“ 13)

Seine Frau soll von den finanziellen Problemen ihres Mannes nichts gewusst haben, so die Urenkelin. „Für meine Urgroßmutter war es ein großer Schock: über Geld sprach man damals nicht, man hatte es. So wie viele Dienstboten auch. Sie stand vor dem Nichts, erhielt von MAN eine Anerkennungsrente und lebte dann abwechselnd bei ihren drei Kindern.“ 14)