Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Fritz-Bringmann-Ring

Bergedorf (November 2016): Fritz Bringmann (9.2.1918 Lübeck – 30.3.2011 Neumünster), Klempner, Kommunist, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, seit 1970 Generalsekretär, dann Ehrenpräsident der Amicale Internationale de Neuengamme


Diese Straße wurde im Mai 2016 zuerst neu benannt in Irmgard-Pietsch-Ring: nach Irmgard Pietsch, verwitwete Wörmbke, geb. Beyn (11.3.1919 Neuengamme – 14.6.1992), Vierländer Landwirtin, Hauswirtschafterin, Mitbegründerin des Deutschen Landfrauenverbandes sowie des Ortsverbands Curslack-Neuengamme, Gründungsmitglied der Gruppe „Rundumwieser“ für die Vier- und Marschlande. Wegen ihrer Mitgliedschaft in der NSDAP (Eintritt 1937) und ihrer Mitgliedschaft in der NS-Frauenschaft (Eintritt 1934) wurde die Straße wenige Monate später in Fritz-Bringmann-Ring umbenannt.

Siehe Profil von Irmgand Pietsch unten im Text.

Im media offenes archiv der KZ Gedenkstätte Neuengamme ist ein Porträt von Fritz Bringmann nachzulesen. Darin heißt es: „Fritz Bringmann wurde am 9. Februar 1918 n Lübeck als sechstes von acht Kindern einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie geboren. Sein Großvater hatte 1892 zu den Gründungsmitgliedern der SPD in Stockelsdorf bei Lübeck gehört. Der Vater war von Beruf Schneider. Die älteren Brüder wurden Mitglieder in der Sozialistischen Arbeiterjugend, später traten sie dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) bei. 1933 begann Fritz Bringmann eine Lehre als Klempner und Installateur. Im selben Jahr wurden seine Brüder Alfred, Werner und Karl wegen Widerstandstätigkeit vorübergehend verhaftet. Nicht zuletzt deshalb wurde auch Fritz Bringmann im Widerstand aktiv. Im April 1935 wurden er und sein Bruder Karl wegen Malens illegaler Parolen verhaftet. Das Jugendgericht Lübeck verurteilte Fritz Bringmann wegen ‚Sachbeschädigung‘ zu zweieinhalb Monaten Gefängnis, die mit der Untersuchungshaft als verbüßt galten, doch die Gestapo nahm ihn noch sechs Wochen in ‚Schutzhaft‘. Nach einer erneuten Verhaftung im Oktober 1935 wurde Fritz Bringmann im Oktober 1936 nach der Anklage ‚Vorbereitung zum Hochverrat‘ zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Hälfte der Haftstrafe galt durch das Jahr der Untersuchungshaft als verbüßt; ein Jahr wurde zur Bewährung ausgesetzt. Dennoch wies ihn die Gestapo Anfang November 1936 per ‚Schutzhaftbefehl‘ in ein ‚Umschulungslager‘ ein – das KZ Sachsenhausen. Am 30. September 1940 wurde Fritz Bringmann ins KZ Neuengamme überstellt. Hier war er zunächst Vorarbeiter in der Strafkompanie, ab Oktober 1941 war er im Hauptlager Neuengamme als Häftlingssanitäter in einem für inhaftierte sowjetische Kriegsgefangene eingerichteten ‚Kriegsgefangenen-Arbeitslage‘ eingesetzt.

Bis Ende Mai 1942 starben dort 652 der 1000 sowjetischen Gefangenen – durch eine Flecktyphusepidemie und durch Benzininjektionen, die von der SS veranlasst wurden. Fritz Bringmann hatte sich dem Befehl widersetzt, diese Tötungen auszuführen. Als die verbliebenen Kriegsgefangenen nach Sachsenhausen überstellt wurden, dankten sie ihm für seinen Mut mit der in der Dauerausstellung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme gezeigten Schnitzarbeit.

Nachdem Fritz Bringmann im Hauptlager die Funktion eines Stubenältesten übernommen hatte, wurde er am 17. Oktober 1942 als Häftlingssanitäter zur II. SS-Baubrigade versetzt, zunächst nach Osnabrück, im Mai 1943 zum Haupteinsatzort in Bremen. Am 4. April 1944 gelang ihm dort die Flucht, jedoch wurde er nach sieben Wochen gefasst und erneut ins Hauptlager Neuengamme gebracht. Das letzte Jahr bis Kriegsende verbrachte Fritz Bringmann im Zuchthaus Bremen-Oslebshausen.

Nach seiner Rückkehr nach Lübeck im Juni 1945 engagierte er sich beim Aufbau der Freien Deutschen Jugend (FDJ) in Lübeck, in der Arbeitsgemeinschaft ehemaliger politischer Gefangener, in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Er war Mitglied der KPD, die 1956 verboten wurde. Beruflich betrieb Fritz Bringmann ein Fuhrunternehmen. Er heiratete 1947, die Familie hat drei Kinder. Mit seiner Frau Alice leitete er von 1956 bis 1965 das Erholungsheim für Verfolgte des Nationalsozialismus in Seppensen in der Nordheide. 1970 wurde er Generalsekretär der Amicale Internationale de Neuengamme. Zur Würdigung seiner Tätigkeit in der Amicale, deren Ehrenpräsident er bis zu seinem Lebensende war, wurde Fritz Bringmann am 26. Januar 2000 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. Fritz Bringmann starb am 30. März 2011 in Neumünster.“ 1)

In seinen Erinnerungen lässt Fritz Bringmann auch nicht seine Mutter außer Acht, die furchtbar leiden musste, als ihre Kinder in den Widestand gingen. „Die Empfindungen meiner Mutter [bei meiner Rückkehr nach Hause 1945] vermag ich nicht zu schildern. Meine Brüder Karl und Alfred waren bereits zu Hause. [...] Hans und Werner hatten um 1935 emigrieren müssen, um einer Verhaftung zu entgehen [...]. Über Henry hatte ich [...] gehört, er sei aus der Haft im Zuchthaus Waldheim in Sachsen befreit worden. Bruno war als Seemann in Indien interniert worden und auch [...] Günter war noch nicht zu Hause. Er war als einziger unserer Familie zur Wehrmacht eingezogen worden. [...]
Die Leidensgeschichte unserer Mutter [...]: Ständig die Gestapo im Haus. Mein Vater unseretwegen monatelang in Haft. Von acht Söhnen sechs im antifaschistischen Widerstand aktiv, drei von ihnen erfolgreich aus Deutschland geflüchtet, drei für zehn und mehr Jahre in Zuchthäusern und Konzentrationslagern inhaftiert. Die anderen beiden interniert bzw. in Kriegsgefangenschaft.“ 2)
Fritz Bringmann war seit 1947 mit Alice Müller (22.10.1913-4.4.2015) verheiratet. In einem Nachruf auf Alice Bringmann im Antifa-Rundbrief vom April 2015 heißt es: „Alice gehörte zu den Mitbegründern der VVN- BdA. (…). Schon gleich nach 1945 hatte sie mit Tausenden anderer junger Menschen gegen die Remilitarisierung Deutschlands angeschlossen. Zu den Friedensaktivisten der ersten Stunde gehörte auch Fritz Bringmann (…). 1947 haben Alice und Fritz in Lübeck geheiratet. (…)

In welcher Funktion Fritz auch immer tätig war, Alice war stets an seiner Seite. Gemeinsam leiteten sie von 1956 bis 1965 das Erholungsheim Heideruh in Seppensen bei Buchholz in der Nordheide. Sie sorgten in schwieriger Zeit mit dafür, dass ‚Heideruh‘ als Erholungsheim für Verfolgte des Naziregimes überlebte.“ 3)

Irmgard Pietsch, (verwitwete Wörmbke, geb. Beyn)
(11.3.1919 Neuengamme – 14.6.1992)
Vierländer Landwirtin, Hauswirtschafterin, Mitbegründerin des Deutschen Landfrauenverbandes sowie des Ortsverbands Curslack-Neuengamme, Gründungsmitglied der Gruppe „Rundumwieser“ für die Vier- und Marschlande

Irmgard Beyn wurde am 11. März 1913 in Neuengamme geboren. Nach Beendigung ihrer Schulzeit absolvierte sie zwischen 1932 und 1934 eine Lehre in der landwirtschaftlichen Hauswirtschaft. Danach arbeitete sie bis zu ihrer Heirat im Jahre 1938 im elterlichen Betrieb.
Im Juni 1934 stellte sie den Antrag auf Mitgliedschaft in der NS-Frauenschaft, Jugendgruppe Allermöhe. Damals wohnte sie Allermöhe 48. Als Beruf gab sie im Aufnahmeantrag „Haustochter“ an. Irmgard Beyn erhielt die Mitgliedsnummer 1549536. [1]

Am 15.6. 1937 stellte Irmgard Beyn den Antrag auf Mitgliedschaft in die NSDAP, Ortsgruppe Allermöhe. Sie erhielt die Mitgliedsnummer: 3 986 402. [2]

Am 12. März 1938 heiratete Irmgard Beyn den ein Jahr älteren Hugo Wörmbke aus Kosefeld/ Eckernförde und übernahm mit ihm einen städtischen Pachtbetrieb in Curslack.
Irmgard Wörmbke bekam während ihrer Ehe vier Kinder (geboren 1939, 1941, 1942, 1943).
1945 verstarb ihr Ehemanns, ein Jahr später auch ihre dritte Tochter. In dieser Zeit wurden auf ihrem Hof viele Flüchtlinge einquartiert. Im selben Jahr, als ihre Tochter starb, wurde Irmgard Wörmbke Mitglied im Prüfungsausschuss in der Landwirtschaftsschule in Lohbrügge sowie der landwirtschaftlichen Hauswirtschaftslehre. Ein Jahr darauf, 1947, war sie in Bonn Mitbegründerin des Deutschen Landfrauenverbandes. 1948 gründete sie den Landfrauenverband Hamburg, dessen 1. Vorsitzende sie wurde. 1949 gründete sie den Ortsverband Curslack-Neuengamme des Deutschen Landfrauenverbands mit und war dessen 1 Vorsitzende bis zum Jahr 1971.

1951 heiratete Irmgard Wörmbke Fritz Pietsch aus Schlesien. Das Paar bekam zwei Kinder (geboren: 1952 und 1958). 1956 wurde sie Vorsitzende des Prüfungsausschusses für Meisterinnen der landwirtschaftlichen Hauswirtschaft. 1970 wurde sie mit der „Goldenen Biene", einer Auszeichnung des Deutschen Landfrauen-Verbandes, geehrt. Von 1971 bis 1979 war sie Mitglied im Arbeitskreis Beirat des Landfrauenverbands.

1973 übergab Irmgard Pietsch den Betrieb an den Sohn und ging aufs Altenteil. Ehrenamtlich war sie aber weiterhin aktiv. So war sie zwischen 1981 und 1989 Mitglied des Seniorenbeirats in Bergedorf und fungierte von 1986 bis 1992 als Gründungsmitglied der Gruppe „Rundumwieser" für die Vier und Marschlande. 1990 wurde ihr der Bundesverdienstorden verliehen.