Gertrudenstraße
Altstadt, seit 1843, benannt nach Gertrud von Nivelles (geb. um 626 in Nivelles, ursprünglich ein Landsitz der Pippiniden in Brabant, 20 km südlich von Brüssel, gest. 17.3.659), Patronin der während des Großen Brandes 1842 ausgebrannten und danach abgerissenen St. Gertrud-Kapelle, zu der die Straße führt.
Siehe auch: Getrudenkirchhof
Die heilige Gertrud von Nivelles war die Tochter Pippins von Landen, dem Älteren, und der sel. Itta oder Iduberga. Durch den Einfluss ihrer Mutter legte sie bereits im Alter von zwölf Jahren das Keuschheitsgelübde ab und schlug später eine Heirat mit dem Sohn des Herzogs von Austrasien aus. Nach dem Tod des Vaters führte sie bei ihrer Mutter ein sehr zurückgezogenes Leben. Auf Rat des Bischofs von Maastricht ließ Itta ihren Landsitz und die Ländereien in Nivelles in ein Kloster umwandeln, in das Mutter und Tochter eintraten.
Nach dem Tod der Mutter wurde Gertrud zur ersten Äbtissin des Klosters ernannt. Sie hielt ihre Nonnen zu Spinn- und Webarbeiten an, ließ sie von irischen Priestern unterrichten, richtete eine Klosterbibliothek ein und begründete neben dem Kloster eine Herberge für Wanderer und Pilger.
Einen großen Teil ihres Vermögens gab sie auch für den Bau von Kirchen aus, weshalb sie oft mit einer Kirche im Arm dargestellt ist (z. B. auf einem Bild in der Hamburger St. Jacobi-Kirche).
Ihr Gesundheitszustand hielt jedoch die starke Arbeitsbelastung nicht aus. Gertrud starb während der Heiligen Messe im Alter von 33 Jahren. Drei Jahre zuvor hatte sie das Äbtissenenamt ihrer Nichte Vulfetrude übergeben.
„Schon bald nach ihrem Tod begann ihre kultische Verehrung, die sich über Brabant hinaus auf Deutschland und das weitere Europa einschließlich Polen ausdehnte. Als Adelsheilige wurde Gertrud von den Karolingern und den von den Karolingern herleitenden Adelsfamilien verehrt., 1) Sie wurde zur Schutzpatronin der Reisenden (hauptsächlich der zur See) und Kaufleute sowie der Pilger. Fast alle Hansestädte besaßen im 14. Jahrhundert eine Kapelle oder einen Altar zu Ehren der Heiligen Gertrud. Außerdem war sie die Schutzpatronin gegen Ratten- und Mäuseplage. Im Volksglauben gehört sie zu den Frühlingsbotinnen und wird als „Sommerbraut“ oder „erste Gärtnerin“ bezeichnet.
Eine Holzfigur (geschaffen um 1520), vermutlich die der heiligen Gertrud, kam aus der Gertrudenkirche an die Sammlung der Hamburgischen Altertümer. Da allerdings die Attribute fehlen, war eine Identifizierung der Heiligen schwierig.
Es wurden auch St. Gertrudis-Brüderschaften gegründet. „Brüderschaften sind“, so Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt: „die – in norddeutschen Städten zumeist spätmittelalterlichen – um religiöse Zwecke wie Messe, Gebet, Totenfürbitte gruppierten Zusammenschlüsse von Männern, meist unter Einschluss von deren Frauen (manchmal auch von unverheirateten oder verwitweten Frauen), überwiegend mit eigenem Altar oder Nutzungsrechten an einem Altar und ‚eigenem ’benefizium für einen messberechtigten Kleriker mit höheren Weihen. (…) Es scheint, als stelle die Gründung von St. Gertrud-Bruderschaften oder -Gilden in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts nicht nur einen Reflex auf die bisweilen massenhafte Erscheinung der unversorgten Toten der Pestepidemien dar, sondern bildet ganz grundsätzlich die deutliche Zunahme der Fremden in den Städten Norddeutschlands ab. Dabei kann es nicht nur um Händler gehen, die ja oft bereits in sozialen Netzen arbeiten, auch wenn sie von weit her angereist waren. Vielmehr sind es insbesondere auch die ‚armen Fremden‘, die als ‚Elende‘ bezeichnet werden- ihnen fehlt oft genug die Einbindung als Gäste. Sie kommen nämlich auf gut Glück in die Städte: auf der Suche nach Nahrung oder Arbeit. Oder sie sind auf der Durchreise als Kleriker oder Pilger/Wallfahrer. Wie in anderen Bruderschaften dient die caritas als Mittel zur Erlangung des Seelenheils (…). In enger Beziehung zum Kirchhof und zur Kapelle St. Gertrud [in Hamburg] stand die Elenden-Bruderschaft zu St. Gertrud. (…) Zu vermuten ist, dass ihre Gründung mit der Umwandlung des alten Pestkirchhofs von 1350 in einen Kirchhof der Elenden, die um das Jahr 1380 geschehen zu sein scheint, zusammenhängt. Sie hat wohl, als 1392 der Begräbnisplatz zur allgemeinen Benutzung freigegeben wurde, ihre Wirksamkeit auf die Bestattung Nichtansässiger erstreckt. (…)
Ob die Bruderschaft an der Errichtung der St. Gertrudenkapelle beteiligt war und in welcher Weise ihr Verhältnis zur Kapelle während des Mittelalters geregelt gewesen ist, wissen wir nicht. Jedenfalls hatten sie voneinander geregelte Vermögensverwaltungen. (…)“ 2).