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Andersenstraße

Iserbrook (1930): Hans Christian Andersen (2.4.1805 Odense - 4.8.1875 Kopenhagen), Märchendichter


Hans Christian Andersens Mutter Anne Marie, geb. Andersdatter (ca. 1775-1833) war eine Wäscherin und soll alkoholkrank gewesen sein, sein Vater Hans Andersen war Schumacher. Die Familie lebte in Armut. Bereits als Kind spielte Hans Christian Andersen mit dem Puppentheater, nähte Kostüme und mochte es gern, wenn der Vater ihm Märchen vorlas.

Nach dem Tod des Vaters musste Hans Christian bereits mit elf Jahren zum Lebensunterhalt der Restfamilie beitragen, denn das Geld, welches seine Mutter als Wäscherin verdiente, reichte nicht aus. So begann Hans Christian in einer Odenser Tuchfabrik zu arbeiten. Doch dort blieb er nur wenige Tage, denn die Arbeiter hatten ihn als „Mädchen“ gehänselt und ihm die Hosen heruntergezogen.

Nach vergeblichen Bemühungen, Schauspieler und Tänzer zu werden, bekam er mit seiner Schriftstellerei Erfolg.

Über Hans Christian Andersens Liebesleben wird unterschiedlich berichtet. So heißt es in einer Hans Christian Andersen Biographie: „In Liebesdingen war Hans Christian Andersen ein Spätentwickler, weil er sich lange Zeit geschlechtlichen Beziehungen enthielt. Mit 25 Jahren lernte er schließlich Riborg Voigt kennen, die Schwester seines Studienfreundes Christian Voigt. Sie war voller Enthusiasmus für seine Fodreise und Gedichte und bemerkenswert hübsch. Andersen verliebte sich auf der Stelle in sie, doch war sie bereits einem anderen Mann versprochen. Riborg sollte seine erste unerfüllte Liebe sein. Ihren Abschiedsbrief bewahrte er sein Leben lang in einem Ledersäckchen nahe seinem Herzen auf, wo man ihn nach seinem Tod fand.

In seinen späten Jahren war er mit vielen bekannten Frauen befreundet: Henriette Wulff, Tochter des Kommandeurs P. F. Wulff, ferner Sophie Ørsted, Tochter des berühmten Entdeckers des Elektromagnetismus und Andersens Freund Hans Christian Ørsted, und die Opernsängerin Jenny Lind (1820-1887), auch ‚die schwedische Nachtigall‘ genannt, die er sehr verehrte. Andersen blieb jedoch zeit seines Lebens unverheiratet. Im Hans-Christian-Andersen-Center an der Universität von Süd-Dänemark in Odense kann sein umfangreicher Briefwechsel zur Kenntnis genommen werden.“ 1)

In anderen Veröffentlichungen steht, dass Andersen sowohl Frauen als auch Männer liebte – meist jedoch unglücklich. Christoph Bartmann dazu in seinem Rundfunkbeitrag über die von Jens Andersen verfasste Biographie über Hans Christian Andersen: „‘Wir verstellen uns nur den Blick auf sein extrovertiertes Wesen und die damals erheblich nuanciertere Auffassung von der Rolle des Mannes, wenn wir ihn in eine Schublade mit der Aufschrift ‚homosexuell‘, ‚heterosexuell‘, ‚bisexuell‘ oder ‚asexuell‘ stecken wollten. Andersens Art, sich in viele Männer und nur relativ wenige Frauen zu verlieben, seine Neigung zu Männerfreundschaften, muss aus den Voraussetzungen seiner Zeit verstanden werden. Zum Menschenbild der Romantik gehörte auch die platonische Liebe. (…)

In der Idee der empfindsamen Freundschaft unter Männern lag immer die Möglichkeit der Entscheidung zwischen einem ‚Gefühl der Liebe‘ und dem direkten sexuellen Akt. Ein Mann wie Hans Christian Andersen bevorzugte den platonischen Aspekt, den Voltaire als ‚Metaphysik der Liebe‘ bezeichnete. Für jenen waren seelische Eigenschaften anziehender als die körperlichen, den größten Teil seines Lebens verhielt er sich asketisch gegenüber der sexuellen Seite des Lebens.‘

Nun ist ‚Askese‘ für Andersens Enthaltsamkeit vielleicht nicht das passende Wort. Falsch wäre jedenfalls die Vorstellung, Andersen hätte sein sexuell-erotisches Unglück in der Kunst erfolgreich ‚sublimiert‘ – auch dies ein Begriff aus neuerer Zeit. Eher verhält es sich wohl so, dass Andersens sexueller Schwebezustand, sein ‚Wollen, aber nicht Können‘, sein ‚Nicht Wollen, aber Müssen‘ in allen seinen Lebensäußerungen, den künstlerischen wie den künstlerischen, mehr oder minder offen zu Tage tritt, nicht immer als Problem, immer jedoch als Tatsache. Daß Andersens Leben und Schaffen insgesamt im Zeichen einer sexuellen Anomalie stehe, hat als Erster – und mit kaum zu überbietender Deutlichkeit – Søren Kierkegaard festgestellt. Selbst ein Junggeselle par excellence, verfügt Kierkegaard obendrein über das Quantum an Scharfsinn und Bosheit, um Andersen mit einem einzigen Satz dem Gespött preiszugeben.

In seinem achtzig Seiten langen Verriss des Andersen-Romans ‚Nur ein Spielmann‘ bemerkt der junge Theologe Kierkegaard im Jahre 1838 in einer Fußnote: ‚Andersens erste Potenz ist eher mit jenen Blumen zu vergleichen, bei denen das Männliche und das Weibliche auf einem Stengel bei einander sitzen.‘ Um die These vom androgynen Andersen weiter zu stützen, vergleicht ihn Kierkegaard mit einer Amphibie, die, mit Froschbeinen und Salamanderschwanz, von Ferne an Andersens ‚Kleine Meerjungfrau‘ erinnert.“2)