Andreas-Knack-Ring
Barmbek-Nord (2010): Prof. Dr. Andreas Knack (12.9.1886 Aachen – 3.5.1956 Hamburg), Sozialdemokrat, Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft von 1919-1933, ab 1923 bis zu seiner Entlassung 1933 Direktor des Barmbeker Krankenhauses
Mit der 2010 erfolgten Straßenbenennung nach Andreas Knack (1886-1956) erinnert Hamburg an den sozialdemokratischen Bürgerschaftsabgeordneten und Direktor des Barmbeker Krankenhauses, der Mitbegründer der Hamburger Gesellschaft für Sexualforschung und in der Homosexuellenbewegung der Weimarer Republik aktiv gewesen war. Nun fehlt nur noch eine Straße, die eine Frau ehrt, die sich in der Lesbenbewegung stark gemacht hat, wie etwa die in Hamburg geborene und verstorbene Gunda Werner (1951-2000), die für Frauenrechte stritt und einen leidenschaftlichen Kampf für gleiche Rechte für gleiche Liebe führte und nach der in Berlin das Gunda-Werner-Institut der Heinrich-Böll-Stiftung benannt wurde.
Andreas Valentin Knack war der Sohn von Charlotte Knack, geborene Gohse und des Lokomotivführers Valentin Andreas Knack. 1) Nach dem Abitur studierte Knack von 1905 bis 1911 Medizin. Seine Dissertation beschäftigte sich mit Geburt und Gebärmutterkrebs. Christine Pieper schreibt über den weiteren beruflichen Werdegang von Andreas Knack: "Danach arbeitete er als Assistenzarzt im pathologischen Institut der Städtischen Krankenanstalten Mannheim unter Theodor Fahr [siehe: Theodor-Fahr-Straße], der seit dem 1. Oktober 1913 die Prosektur im neu erbauten Allgemeinen Krankenhaus Barmbek leitete und seinen Schüler Knack nach Hamburg mitnahm. So wirkte dieser bis zum 1. März 1914 als Assistenzarzt im pathologischen Institut des Krankenhauses, dann wechselte er in die erste medizinische Abteilung und arbeitete bis zum April 1919 unter dem Krankenhausdirektor Theodor Rumpel [siehe: Theodor-Rumpel-Stieg]." 2)
Andreas Knack, der neben seinem Beruf von 1919 bis 1933 als SPD-Abgeordneter in der Hamburgischen Bürgerschaft fungierte, war von 1919 bis 1922 als Vertrauensarzt des Arbeitsamtes und der Allgemeinen Ortskrankenkasse sowie als Schularzt des Medizinalkollegiums tätig. 3)
Andreas Knack war Mitbegründer der Hamburger Gesellschaft für Sexualforschung, einer homosexuellen Selbsthilfegruppe, außerdem Leiter der wissenschaftlichen Gruppe des Bundes für Menschenrechte-Hamburg (BfM). Er war aktiv in der Homosexuellenbewegung der Weimarer Republik. „Die wesentliche Aufgabe des BfM bestand (…) darin, eine Streichung des § 175 zu erwirken. Ein weiteres Feld war der Kampf gegen die ‚Sensationspresse‘, um die gesellschaftliche Ächtung homosexueller Frauen und Männer zu beenden.“ 4) Andreas Knack war auch Vorstandsmitglied des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK). Darüber hinaus war er Mitglied der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. In seiner 1921 veröffentlichten Schrift ´"Groß-Hamburg im Kampfe gegen Geschlechtskrankheiten und Bordelle" forderte Knack die "gesetzliche Aufhebung der polizeilichen Reglementierung der Prostitution im Deutschen Reich. Als Mitglied des am 21. April 1920 von der Bürgerschaft konstituierten Ausschusses für die Neuregelung des Hamburger Prostitutionswesens setzte sich Knack für die - am 17. Juni 1921 beschlossene - Aufhebung der Bordelle ein." 5)
Ein Jahr zuvor hatte Andreas Knack Olga Brandt (1885-1978) geheiratet [siehe: Olga-Brandt-Knack-Straße]. Sie arbeitete als Ballettmeisterin, Bürgerschaftsabgeordnete (SPD), kulturpolitische Referentin der „Genossenschaft für Bühnenangehörige" und Frauenreferentin der Gewerkschaft „Kunst". Ihr Grabstein befindet sich Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof.
Innerhalb der SPD war der sozialdemokratische Gesundheitspolitiker Knack ebenso aktiv. Er war Mitglied der "Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Ärzte und des "Vereins Sozialistischer Ärzte". 6)
Als der Chefposten des Allgemeinen Krankenhauses Barmbek vakant wurde, wollten die dortigen Chefärzte verhindern, dass Knack den Posten bekam. Deshalb wandten sie sich 1923 in einer Petition an die Gesundheitsbehörde mit der Forderung, Knack für den Chefposten nicht vorzuschlagen. Den damals amtierenden SPD-Senator Louis Gruenwaldt kümmerte dies kaum, er gab Knack den Direktorenposten des Allgemeinen Krankenhauses Barmbek und tat gut daran, denn Knack kümmerte sich auch um die Krankenhausfürsorge und "unterstützte (...) die Tätigkeit der Krankenhausfürsorgerinnen, die das soziale Milieu der Patienten erkundeten, um das Wissen über den Zusammenhang zwischen 'Krankheit und sozial(r) Lage' - so der Titel eines von Knack verfassten Buches - zu erweitern. (...) Als Vorstandsmitglied der im Sommer 1927 konstituierten Deutschen Vereinigung für den Fürsorgedient im Krankenhaus forderte er die - bei seinen Barmbeker Chefarzt-Kollegen umstrittene - Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Krankenhausfürsorgerinnen,"7) schreibt die Historikerin Christine Pieper. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Andreas Knack aus politischen Gründen fristlos entlassen. Er emigrierte mit seiner zweiten Ehefrau Edith Hommes-Knack, geb. Stillmann (1891-1935?), die er nach der Scheidung von Olga Brandt-Knack 1928 geheiratet hatte, nach China. Edith Hommes-Knack hatte nach dem Besuch der Mädchen-Mittelschule und der staatlichen Handelsschule als Kontoristin gearbeitet. Nach einem eineinhalbjährigen Studienaufenthalt in Amerika machte sie ihr Sprachlehrerinnenexamen, danach folgte ein Studium an der Handelshochschule in Berlin, welches sie mit der Diplom-Handelslehrerinnen-Prüfung abschloss. Nach dem Ersten Weltkrieg ging sie nach Hamburg. Dort heiratete sie Gerhard Hommes. Ab 1919 übernahm sie die Leitung der weiblichen Abteilung der Berufsberatung des Arbeitsamtes in Hamburg. Ein Jahr zuvor war sie der USPD beigetreten, von wo aus sie 1920 mit dem linken Flügel der USPD in die KPD eintrat. Zwischen 1921 und 1927 vertrat sie die KPD als Bürgerschaftsabgeordnete im Hamburger Parlament. Da sie dem oppositionellen linken Flügel der KPD angehörte, wurde sie als Bürgerschaftskandidatin nicht mehr aufgestellt. 1927 wechselte sie zur SPD, für deren Frauenorganisation sie seit Ende der zwanziger Jahre tätig war. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde auch Edith Hommes-Knack aus dem Staatsdienst entlassen.
In China wurde Andreas Knack beratender Arzt am belgischen Missionshospital in Kweisui, praktischer Arzt in Peking (1935-1937) und von 1938-1948 in Mukden/Mandschurei (1938-1948). In Kweisu soll Edith Hommes-Knack 1935 gestorben sein. Andere Quellen berichten, dass das Ehepaar 1948 nach Hamburg zurückkehrte. 8)
1948 kehrte Andreas Knack nach Hamburg zurück. Zwischen 1949 und 1952 war er Präsident der Hamburger Gesundheitsbehörde. Dann zog er sich von seinen Aktivitäten zurück und fand, wie es in seinem Nachruf heißt: „einsam von den vielseitigen körperlichen und seelischen Belastungen, die das Leben ihm auferlegte, Ruhe."
2008 setzte sich die Initiative „Gemeinsam gegen das Vergessen - Stolpersteine für homosexuelle NS-Opfer“ für eine Benennung einer Straße nach Andreas Knack auf dem Gelände des alten Barmbeker Krankenhauses ein.