Grünewaldstraße
Bahrenfeld (1928): Mathias Grünewald (1480 - August 1528 Halle/Saale), Maler und Grafiker der Renaissance
„Grünewald gilt als einer der bedeutendsten deutschen Künstler des 16. Jahrhunderts. Seine ausdrucksstarken, modern anmutenden Bilder ziehen jährlich über eine Viertelmillion Besucher nach Colmar im Elsass, um den im Museum Unterlinden ausgestellten Isenheimer Altar zu bewundern, den der Künstler zwischen 1512 und 1515 geschaffen hat. Um so erstaunlicher ist das geringe Wissen über den Künstler selbst. (…)
Eine regelrecht kriminalistische Suche war erforderlich, bis es im 20. Jahrhundert gelang Meister Mathis mit Mathis Gotthart-Nithart zu identifizieren, den der weitaus überwiegende Teil der Forschung heute mit Grünewald gleichsetzt.
Mathis Gothart-Nithart stammte vermutlich aus Würzburg, wurde um 1480 geboren und war Anfang des 16. Jahrhunderts längere Zeit in Aschaffenburg tätig. Gestorben ist er 1528 in Halle. Mathis Gothart-Nithart, genannt Grünewald, war nicht nur Maler, sondern betätigte sich auch als Baumeister und Wasserkunstmacher, eine Vielseitigkeit, wie sie bei vielen Künstlern seiner Zeit vorkommt“, 1) heißt es im Grußwort des Ausstellungskatalogs zur 2002 gezeigten Ausstellung „Das Rätsel Grünewald“ in Aschaffenburg.
Karl Arndt ergänzt in dem oben erwähnten Ausstellungskatalog das Leben und Wirken von Grünewald u. a. wie folgt: „Die (…) Biografie, erschlossen aus der Kombination einer Vielzahl von Dokumenten unterschiedlicher Herkunft, sieht folgendermaßen aus: (…) In den 1480er-Jahren ist er als Meister Mathis oder Thiß mit der Berufsbezeichnung Maler in Aschaffenburg bezeugt. Von 1501 bis 1525 hatte er mit auftragsbedingten Unterbrechungen (Isenheim!) seinen Wohnsitz in Seligenstadt. Dass er im Dienst der Mainzer Erzbischöfe Uriel von Gemmingen und Albrecht von Brandenburg stand, ist zunächst für die Jahre 1511 und 1516 belegt. 1524, 1525 und 1526 empfing er Gelder, die abermals aus dieser Position resultierten.
Dann jedoch finden wir Mathis in der Reichsstadt Frankfurt und in einer sehr veränderten Lebenslage. Er wohnt dort bei einem Seidensticker (…) und betätigt sich, (…) im Seifensiedergewerbe. Für den Magdeburger Rat soll er 1527 die Frankfurter Mainmühlen zeichnen (…), was (…) auf entsprechende technische Kenntnisse und Erfahrungen schließen lässt. Wenig später ist der Künstler in Halle nachweisbar, wo er im August 1528 stirbt.“ 2)
Grünewald war auch als Wasserkunstmacher tätig (Herstellung von Brunnen).
Ob Mathias Grünewald jemals verheiratet war, ist nicht bekannt. Er hatte jedoch einen Adoptivsohn Endreß (Andreas) Neidhart, der in Seligenstadt lebte und in einem jahrelangen Prozess um die Herausgabe seines väterlichen Erbes kämpfte.
„Zu Beginn der 1970er Jahre sorgte (…) der Historiker Hans Jürgen Rieckenberg für einiges Aufsehen in der Grünewaldforschung. In mehreren Veröffentlichungen legte er ausführlich seine Theorie zum Thema Grünewald dar und stellte damit die gesamte bisherige kunsthistorische Forschung in Frage.“ 3) Belegt soll allerdings bisher nur derjenige Lebensverlauf von Grünewald sein, der oben beschrieben wurde.
Nach Rieckenberg soll Grünewald nach 1512 in Frankfurt eine 18-jährige Jüdin geheiratet haben, „die am 15. August desselben Jahres unter großer Anteilnahme der Geistlichkeit, der Orden und des Rates der Stadt im Frankfurter Dom auf den Namen Anna getauft worden war. (…) trotz all dieser Aufträge und seines damit verbundenen Erfolges und Ansehens während der Frankfurter Zeit machten sich schon sehr bald erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bemerkbar. Nach 1516 bewarb er sich auch 1519 noch einmal vergeblich um zwei städtische Ämter, das Bau- und das Pförtner-Amt, die ihm geregelte Einnahmen garantiert hätten. Mehrfach wurde er vor dem Frankfurter Gericht wegen Schulden verklagt. Statt wie viele andere Künstler Porträts von Fürsten, Adeligen und Kaufleuten zu malen oder Holzschnitte und Kupferstiche anzufertigen, war Grünewalds Kunst einseitig auf religiöse Themen beschränkt. Dadurch war es ihm auch nicht möglich, einen größeren Kreis von Förderern um sich zu versammeln. Sein einziger großer und ständiger Mäzen war Kardinal Albrecht, der zwar ein großer Liebhaber der Kunst, aber auch ein säumiger Zahler seiner Schulden war. Die finanzielle Lage spitzte sich zu, als im Jahre 1523 die Frau Grünewalds dem Wahnsinn verfiel und ins Heilig-Geist-Spital eingewiesen werden musste. Es gelang ihm jedoch, mit seinen zahlreichen Gläubigern Zahlungsvereinbarungen zu treffen. Am 2. April 1527 verkaufte er schließlich sein Haus in Frankfurt, stellte seine Habe bei Hans Fyoll unter und verließ mit seinem kleinen Kind, über dessen Namen und Geschlecht nichts bekannt ist, die Stadt. (…)
Sein Kind starb wahrscheinlich etwa um die gleiche Zeit [wie Grünewald]. Seine Frau, die sich nach wie vor im Spital in Frankfurt befand, war nicht in der Lage, sich selbst um das Erbe zu kümmern. Sie überließ dies dem Verwalter des Spitals, Jakob Folcker, der in einem Brief vom 16. Oktober 1532 an die Herren von Erbach um die Zusendung des Nachlasses bat. Zu diesem Zeitpunkt muss also Grünewald bereits gestorben gewesen sein; (…)“ 4), so Rieckenbergs Vorstellungen vom Leben Grünewalds.“ 4)