Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Gutenbergstraße

Stellingen (1928): Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg (um 1400 Mainz – vor dem 26.2.1468 Mainz), Erfinder des Buchdrucks


Früher hieß die Straße Paulstraße (vgl.: Staatsarchiv Hamburg, Registratur Staatsarchiv AZ. 1521-1/5 Band 3-5: Straßennamen (neue Kartei), alphabetisch geordnet mit Hinweisen).

„Die Verwendung von beweglichen Lettern ab 1450 revolutionierte die herkömmliche Methode der Buchproduktion (das Abschreiben von Hand) und löste in Europa eine Medienrevolution aus. Gutenbergs Buchdruck breitete sich schnell in Europa und später in der ganzen Welt aus (…). Insbesondere sein Hauptwerk, die Gutenberg-Bibel, zwischen 1452 und 1454 entstanden, wird allgemein für ihre hohe ästhetische und technische Qualität gerühmt.“ 1)

Johannes Gutenberg entstammte einer Patrizierfamilie. Seine Mutter war Else Gensfleisch, geborene Wirich und sein Vater, der Kaufmann Friedrich Gensfleisch, ein Tuchhändler. Das Paar hatte drei Kinder, zwei Jungen und eine Tochter.
Über Else Wirich schreibt Klaus-Rüdiger Mai in seiner Gutenberg Biographie, dass sie auch adlige Wurzeln hatte, denn ihr „Urahn Wirich diente dem Erzbischof als Burggraf in Mainz.“ 2) Ihr Vater „besaß in Mainz mehrere Häuser und vererbte sein kaufmännisches Geschick an seine Tochter Else (…). Mütterlicherseits hatte sie mindestens ein Haus in Etville geerbt.“3) Dieses Haus benutzte die Familie Gutenberg, um sich immer wieder aus Mainz zurückzuziehen, besonders dann, wenn die Unruhen zwischen Zünften und Patriziern aufflammten und es deshalb für die Patrizierfamilien in Mainz zu gefährlich wurde.

Johannes (Henne) Gutenberg soll entsprechend dem Standesbewusstsein einer Patrizierfamilie erzogen worden sein. „Ein Mainzer Patrizier wie Hennes Vater lebte von den Gewinnen aus dem Tuchhandel, aus den Aktivitäten der Münzerhausgenossenschaft und von den Renten, die er erworben oder geerbt hatte. Auf dieses Leben wurde Henne vorbereitet, auch wenn die Mutter sicher ein geistliches Leben für ihren Zweitgeborenen [der Erstgeborene erbte den Tuchhandel des Vaters] ins Auge fasste“ 4), berichtet Klaus-Rüdiger Mai.

In dieser Zeit, in der Johannes Gutenberg aufwuchs, gab es zwischen Patriziern und den damals erstarkenden Zünften heftigen Streit um Privilegien und angestammte Ansprüche der Patrizierfamilien. Es ging besonders um die Handhabung der Renten. Dazu Klaus-Rüdiger Mai: „Zum einen waren die Geschlechter von Steuern befreit, zum anderen erwarben sie von der Stadt Renten, die nun die Stadt an ihre Empfänger auszuzahlen hatte. Allerdings stand der Preis der Renten in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den Summen, die zur Auszahlung kamen. Lebte der Bezieher einer dieser Renten recht lange, führte dies für die Stadt zu einem herben Verlust. Der Grund dafür, dass die Rentenvereinbarungen für die Stadtkasse so ruinös ausgestaltet wurden, lag darin, dass verkürzt gesagt, diejenigen, die in den Genuss der Renten kamen, selbst über den Verkauf der Renten und ihre Ausgestaltung entschieden. Der Rat der Alten, der Geschlechter, bestimmte über die Veräußerung der Renten, in deren Genuss die Angehörigen der Geschlechter kamen, auch dann noch, als es längst einen neuen Rat, den Rat der Gemeinde gab. Henne [Johannes Gutenberg] sollte sein Leben u., a. mit diesen Renten finanzieren.“ 5)

Den Machtkampf der Patrizier gegen die Zünfte – letztere wollten, dass die Patrizier ebenfalls Abgaben und Steuern zahlten - bekam Johannes Gutenberg also seit Kindesbeinen mit, was als ein Grund für sein späteres rebellisches Verhalten angesehen wird.

Gutenberg soll die Lateinschule besucht haben. Es soll als wahrscheinlich gelten, dass er auch studiert hat, denn, so Klaus-Rüdiger Mai, „das Wissen und die Lateinkenntnisse, die zum Buchdruck notwendig waren, [setzten] ein Studium voraus. Alle frühen Drucker waren litterati, beherrschten also Latein und hatten an Universitäten studiert.“ 6) Der Studiennort soll Erfurt gewesen sein, und zwar soll Gutenberg dort zwischen 1418 und 1420 wahrscheinlich Jura studiert haben. In dieser Zeit starb der Vater, und Gutenberg, der sich ab Mitte der zwanziger Jahre des 15. Jahrhunderts Henne zu Gutenberg nannte, erbte mehrere Renten und erhielt daraus Zinsen. Welchen Beruf Gutenberg erlernte, ist nicht eindeutig zu belegen. Es wird vermutet, dass er sich mit Münzherstellung beschäftigte, denn diese Fertigkeiten vermittelte er später, als er in Straßburg wohnte.

Als die Auseinandersetzungen zwischen den Zünften und den Patriziern immer heftiger wurden und es zu Unruhen in der Stadt Mainz kam, verließ Gutenberg die Stadt. Nach einem zwischen den Zünften und den Patriziern erfolgten Kompromiss kehrte Gutenberg nicht nach Mainz, in dem die Zünfte immer stärker auftraten und die Stadt beherrschten, zurück. Belegt ist, dass sich Gutenberg zwischen 1434 und 1444 in Straßburg aufhielt. „Hier betrieb er eine Goldschmiedewerkstatt, unterstützt von dem Fachgesellen Dünne und dem Diener Beildeck. Da die Stadt Mainz [Gutenberg] (…) die ihm schuldigen Leibrenten sperrte, ließ G. im Frühjahr 1434 den nach Straßburg gekommenen Mainzer Stadtschreiber Nicolaus verhaften und schwören, die rückständigen Renten, die inzwischen auf 310 Gulden angestiegen waren, aus eigener Tasche zu zahlen. Er gab aber sein lebendiges Faustpfand wieder frei, als die Stadt Mainz sich anschickte, ihren Verpflichtungen nachzukommen.“ 7)

Als er in Straßburg lebte, hatte Gutenberg eine Liaison mit dem Edelfräulein Ennelin zu der Iserin Thürer. Er soll ihr die Ehe versprochen haben. Dadurch hätte er sogar Straßburger Bürger werden können. Doch Gutenberg heiratete sie nicht, woraufhin Ennelin zu der Iserin Thürer 1436vor dem geistlichen Gericht eine Klage wegen Bruchs des Eheversprechens anstrengte. „Dieser Prozeß zog sich bis Mitte 1437 hin; sein Urteil ist unbekannt. Soviel dürfte aber sicher sein, daß G. die Klägerin nicht heiratete. Im Frühjahr 1444 verließ G. Straßburg für immer.“ 8)

Klaus-Rüdiger Mai schreibt in seiner Gutenberg-Biographie, dass das geistliche Gericht das Eheversprechen nicht anerkannte. „So blieb er ein freier, ungebundener Mann. Johannes Gutenberg sollte niemals den Bund der Ehe eingehen, niemals sich an eine Frau binden. Er lebte ganz seiner Freiheit, seinem Vergnügen und vor allem seinen Unternehmungen hingegeben.“ 9)

In Straßburg gründete Gutenberg 1438 „eine Gesellschaft zur Verwirklichung eines neuen technischen Verfahrens, das mit Blei und dem Bau einer Presse zu tun hatte – vermutlich eine Vorstufe zum Buchdruck. Die Weiterentwicklung erfolgte dann in Mainz.: 1450 konnte Gutenberg erst Blätter und dann Bücher drucken. Es war die Geburtsstunde des Buchdrucks (…). Die neue Methode kam einer Revolution gleich, da vor Gutenbergs Erfindung Vervielfältigungen mühevoll handschriftlich erfolgen mussten. Nun konnten diese in quasi unbegrenzter Menge von hoher Qualität vergleichsweise schnell hergestellt werden. Die ersten Produkte waren Wörterbücher, Grammatiken, Ablassbriefe, Kalender und natürlich die Bibel – bekannt als Gutenberg-Bibel (entstanden in den Jahren 1452 bis 1454). (…)“ 10)
Klaus-Rüdiger Mai beschreibt in seiner Gutenberg Biographie detailliert mit welchem ersten Buch sich Gutenberg an die Masse wandte und welche Überlegungen dabei eine Rolle spielten, denn mit seinem ersten gedruckten Buch wollte er Geld verdienen, aber auch Akquise machen, um Kredite für weitere Buchprojekte zu realisieren. Und dabei kamen die Frauen als Kundinnen ins Spiel, denn adlige Frauen, Patrizierinnen und Nonnen bildeten eine große Leserinnenschaft. „Wollte Gutenberg einen idealen Auftritt auf dem Büchermarkt haben, durfte er keinesfalls die Mädchen und Frauen vergessen, die zu allen Zeiten ein wichtiges Publikum stellten. (S. 213), Gutenberg entschied sich für die Sybillenweissagung, die damals sehr beliebt war: hier geht es u. a. um Adam und Eva und deren Vertreibung aus dem Paradies, um die Erbsünde und die Allmacht Gottes, um die Auferstehung, um Himmelfahrt und die Kreuzigung Christi. Und um Sibylle, die weissagen und in die Zukunft schauen konnte. Die Sybillenweissagung erschien gedruckt von Gutenberg 1448 und konnte ihm neue Gelder für seine weiteren Drucke und Verbesserungen des Typenmaterials akquirieren. 11)

Um seine Druckwerkstatt aufzubauen, um weitere Experimente im Druckverfahren zu realisieren, benötigte Gutenberg immer wieder finanzielle Unterstützung. So erhielt er von dem Mainzer Kaufmann Johannes Fust „um 1449 einen zinslosen Kredit von 800 Gulden und erhielt dafür als Pfand die vom Geld angeschafften Gerätschaften. (…) 1452 gab Fust ein zweites Darlehen von 800 Gulden, um das gemeinsame ‚Werck der Bucher‘ verwirklichen zu können. Hierbei handelte es sich wahrscheinlich um die Herausgabe der 42-zeiligen Bibel.“ 12)

Doch die beiden Geschäftspartner gerieten in Streit. „Fust warf Gutenberg vor, die Gelder, die ausschließlich für den Druck der Bibel bestimmt waren, für andere Druckvorhaben zweckentfremdet zu haben. Im Rechtsstreit unterlag Gutenberg und er musste die Werkstatt und den Lagerbestand (…) an Fust abtreten. Fust führte mit Gutenbergs Mitarbeiter Peter Schöffer das Geschäft mit Erfolg weiter, während Gutenberg in sein Elternhaus Hof zum Gutenberg zurückkehrte, um dort erneut eine Druckerei zu gründen.

Da der Mainzer Jurist Dr. Konrad Humery 1468 Druckgeräte aus Gutenbergs Nachlass erhielt, wird von einer geschäftlichen Partnerschaft der beiden ausgegangen, die es Gutenberg ermöglichte, weiterhin in einer Druckwerkstatt zu arbeiten. 1465 wurde Johannes Gutenberg von Adolf von Nassau in sein Hofgesinde aufgenommen. Als Hofmann erhielt er jährlich Kleidung, Korn und Wein und wurde zusätzlich von Diensten und Steuern befreit.“ 13) Damit war wenigstens die materielle Existenz Gutenbergs im Alter gesichert. „Er starb unvermögend und erlangte seinen großen Ruhm erst postum.“ 14)

„Die Größe der Erfindung G.s besteht nicht in ihrer verhältnismäßig einfachen Technik, sondern in ihrer weltweiten Auswirkung; denn nun konnten die Bücher massenweise hergestellt und in alle Welt verbreitet werden. Dadurch wurde das bisherige und künftige Wissen der Menschheit erhalten, unverlierbar und unzerstörbar gemacht und konnte fortzeugend immer neue kulturelle und zivilisatorische Leistungen hervorbringen.“ 15)