Hans-Matthiessen-Straße
Bergedorf (1949): Hans Matthiessen (1876-1944), Leiter der „Hilfsschule“ in Bergedorf, Bürgervertreter.
Vor 1949 hieß die Straße Gorch-Fock-Straße. In der NS-Zeit sollte sie infolge des Groß-Hamburg-Gesetzes in Johann-Philipp-Palm-Straße umbenannt werden, da das bisherige Staatsgebiet Hamburg um benachbarte preußische Landkreise und kreisfreie Städte erweitert worden und es dadurch zu Doppelungen bei Straßennamen gekommen war. Kriegsbedingt fand die Umbenennung jedoch nicht mehr statt und es blieb bis 1949 bei Gorch-Fock-Straße.1)
Nachdem Hans Matthiessen das Lehrerseminar in Eckernförde absolviert hatte, unterrichtete er ab 1900 an der Bergedorfer Stadtschule, später an der Mädchenschule. (…) 1918 rief er in der Lohbrügger Schulstraße eine eigenständige „Hilfsschule“ ins Leben, deren Leitung er auch übernahm. Das Schulklima unter ihm galt als sozial und liberal.
1904 gründete er in Bergedorf den Liberal-Demokratischen Verein, dessen Vorsitz er bis 1919 inne hatte. Als liberaler Abgeordneter saß er zudem viele Jahre im Bergedorfer Stadtparlament und engagierte sich für eine engere Verbindung von Bürgertum und Arbeiterschaft. Die Beteiligung der Arbeiter am Gewinn des Bergedorfer Emaillierwerk beispielsweise erfolgte durch seine Initiative. 2)
Darüber hinaus organisierte er als Kunstfreund Ausstellungen von Malern, Graphikern und Bildhauern. Vor allem auf seine Anregung hin entstand zudem die ehemalige öffentliche Bücherhalle am Bergedorfer Rathaus (seit 2007 befindet sich dort der Neubau des Zentrums für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt des Bezirksamts Bergedorf).3)
Nach der Machtübergabe an die NSDAP im Januar 1933 wurden alle im Dienst bleibenden Lehrerinnen und Lehrer an der Schule gedrängt, Mitglied der NSDAP und des Nationalsozialistischen Lehrerbunds (NSLB) zu werden. Jüdische und politisch dem NS-Regime nicht genehme Beamtinnen und Beamten wurden auf Basis des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ Anfang April 1933 entlassen. Die „Hilfsschule“ verlor ihre Selbstständigkeit und wurde der Leitung der Volksschule Am Brink unterstellt. Deren Rektor Lühning war ein linientreuer Nationalsozialist. Damit hatte Hans Matthiessen sein Amt als Schulleiter verloren.4) Ob er weiter unterrichten durfte oder unterrichtete und inwieweit er dem Drängen nachgab, ist nicht bekannt. Er starb 1944, fünf Jahre nach seinem Tod wurde in Bergedorf die Hans-Matthiessen-Straße eingeweiht.
Text: Frauke Steinhäuser