Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Hennigsweg

Horn (1929): Martin Hennig (28.11.1864 Loslau/Oberschlesien – 27.8.1920 Tölz), Leiter des Rauhen Hauses


Siehe auch: Wichernsweg, Wichernsgarten

Martin Christoph Siegesmund Hennig war der Sohn von Maria Hennig, geborene Eberlein sowie des Pastors Karl Hennig und wurde ebenfalls wie sein Vater Pastor.

Nach dem Theologiestudium, welches er 1888 abschloss, „absolvierte er für zwei Monate ein Vikariat in Malwitz, besuchte dann in Steinau für zwei Monate das Seminar für Lehrerbildung und entdeckte dabei seine pädagogischen Neigungen“, 1) schreibt Bodo Schümann in seinem Porträt über Martin Hennig.
So kam er nach Hamburg, war dort drei Jahre von 1889 bis 1892 als Oberlehrer im Rauhen Haus tätig und betreute eine Gruppe verhaltensauffälliger Jugendlicher. 2)

In dieser Zeit legte er das 2. Theologische Examen ab.

Bodo Schümann berichtet über Hennigs weiteren Werdegang: „1892 wechselte er auf die Stelle des Hilfspredigers an der Salvatorkirche in Breslau und wurde dort ordiniert. Schon in den 1890er Jahren stark beeinflusst von der sozialen Bewegung, vor allem von den Kathedersozialisten, nahm er 1894 das Angebot an, als Agent des ostdeutschen Jünglingsbundes in Berlin tätig zu werden. In kurzer Zeit bereiste er die ostdeutschen Provinzen und baute dort zahlreiche Vereine für Jugendliche sowie eine Verlagsbuchhandlung auf. 1895 trat er, geprägt durch die Arbeit von Johann Hinrich Wichern, [siehe: Wichernsweg, Wichernsgarten] dem Gründer der Inneren Mission, sein Amt als Vereinsgeistlicher des ‚Provinzialausschusses für Innere Mission in der Mark Brandenburg‘ an. In dieser Funktion besuchte und betreute er so genannte Rettungshäuser für Kinder und Jugendliche sowie Trinkerheilstätten und Arbeiterkolonien und führte Informationsveranstaltungen zu den Zielen der Inneren Mission aber auch zu Fachfragen der Jugend- und Vereinsarbeit durch.“ 3)

1901 wurde Hennig Direktor des Rauhen Hauses in Hamburg. Ein Jahr später, im Alter von 38 Jahren, heiratete er die damals 20jährige Elisabet Erica Felisch (19.3.1882 Siedliska – 7.10.1962 Hamburg). Neun Monate später kam das erste Kind zur Welt. 4)

„Hennig gab der Einrichtung eine neue Führungsstruktur und ließ mehrere neue Gebäude errichten. Unter seiner Leitung entstand das Verwaltungsgebäude, ein Wohnhaus für Jungen, Bäckerei und Druckerei sowie ein landwirtschaftliches Gebäude. Hinzu kam ein Erholungshaus für ‚Brüder‘ in der Heide und 1908 das zum 100. Geburtstags von Johann Hinrich Wichern errichtete Lehrerhaus. Außerdem wurden mehrere Gebäude umgebaut oder modernisiert und teilweise erstmals mit fließendem Wasser versorgt. Hennig empfing zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland, (…).

Hennig entwickelte das Konzept des Rauhen Hauses weiter. Die Einrichtung bot nun eine Schulausbildung an. Außerdem führte Hennig mit viel Engagement ein von Wichern initiiertes Projekt zur Berufsausbildung für Jugendliche fort. Die Auszubildenden arbeiteten in verschiedenen Gewerken und stellten dabei Produkte her und erbrachten Dienstleistungen, die von der Einrichtung selbst genutzt wurden. Die Jugendlichen erhielten somit neben dem Berufseinstieg eine Vorbereitung auf ein selbstständiges Leben. Die Jugendlichen vertrauten Hennig, der als starke, aber mitunter autoritäre Persönlichkeit galt, aufgrund der von ihm aufgebrachten Geduld und Herzlichkeit. Hennig verfolgte einen ganzheitlichen pädagogischen Ansatz. Er setzte klare Regeln und überwachte deren Einhaltung. Er förderte die Eigenverantwortlichkeit der durchschnittlich etwa 180 Jungen, denen er Kreativität und Naturverbundenheit nahebringen wollte. Die Kombination von theoretischer und praktischer Ausbildung war ihm ebenso wichtig wie eine feste Verbundenheit mit dem christlichen Glauben. Er setzte sich intensiv mit psychologischen Fragestellungen auseinander mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche besser verstehen und ihre Potentiale erkennen und fördern zu können.“ 5)

Neben all diesen vielfältigen Tätigkeiten wurde Hennig noch Vater von sieben Kindern. Seine Ehefrau gebar diese Kinder 1902, 1904, 1905, 1908, 1909, 1911, 1912. Daneben hatte sie den Haushalt zu führen und die Schwangerschaften durchzustehen, führte Tagebuch, verfasste selbst kleine Schriften wie z. B. „Wie erziehe ich mein Kind zur Frömmigkeit“ und engagierte sich für das Rauhe Haus und dessen Zöglinge.

Martin Hennig widmete sich auch der Aus- und Fortbildung der „Brüder“ des Rauhen Hauses. Erst 25 Jahre nachdem im Grundgesetz der Artikel 3 Absatz 2. verankert wurde (Frauen und Männer sind gleichberechtigt) traten 1974 erstmals Frauen in die Gemeinschaft der „Brüder“ als Diakoninnen ein. Seitdem heißt die Bruderschaft „Brüder- und Schwesternschaft“.

1913, ein Jahr nachdem Hennigs siebtes Kind geboren worden war, gründete er das „Evangelische Erziehungsamt für Innere Mission“. In Wikipedia heißt es: „Hennig gehörte viele Jahre dem Centralausschuss für Innere Mission in Berlin und der Hamburger Stadtmission an. Neben zahlreichen Vorträgen auf Fachkonferenz gründete Hennig 1908 die Wichern-Vereinigung zur Förderung des christlichen Volkslebens.

Während des Ersten Weltkriegs und in den Folgejahren geriet das Rauhe Haus in wirtschaftliche Not. Neben den Betreuern mussten auch ältere Jugendliche Kriegsdienst leisten. Somit konnte sich die Einrichtung nur noch eingeschränkt selbst versorgen. Außerdem erhielt das Rauhe Haus weniger staatliche Fördermittel. Hennig beschloss 1915, somit ein Jahr vor Einführung im Deutschen Reich, im Rauhen Haus die Sommerzeit einzuführen. Dadurch hoffte er, Strom einsparen zu können. Hennig sah sich gezwungen, Immobilien zu veräußern. Es gelang ihm, Spenden von Theologen aus den USA einzuwerben. Während der Novemberrevolution blieben die Gebäude äußerlich unbeschädigt. Die unter den jugendlichen Einwohnern aufkommenden revolutionären Strömungen konnte Hennig beruhigen. Während dieser für die Einrichtung schweren Zeit erkrankte Hennig 1919 an Knochentuberkulose, an deren Folgen er ein Jahr später verstarb“ 6)