Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Jaksteinweg

Groß Flottbek (1965): Dr. Ing. Werner Jakstein (26.2.1876 Potsdam -8.5.1961 Hamburg), Baurat, förderte den Wohnungsbau.


Werner Jakstein war der Sohn der Malerin und Zeichenlehrerin Clara Jakstein, geborene Hahn (3.10.1846 Sacrow – 14.1.1917 Potsdam) und des Stadtrates Wilhelm Jakstein.

Er studierte an der Technischen Hochschule Charlottenburg und schloss das Studium 1909 mit der Staatsprüfung als preußischer Regierungsbaumeister ab. Ab 1910 arbeitete er im Bauamt in Altona und leitete das Baupflegeamt.

Er fand großen Gefallen an der dänischen Baukunst und beschäftigte sich intensiv mit bauhistorischen Untersuchungen von Baudenkmälern in Altona und Schleswig-Holstein.

Hans-Werner Engels schreibt über Jaksteins architektonischen Ansatz: „Jakstein wurde durch die Heimatschutzbewegung beeinflusst (…). Der Regierungsbaumeister propagierte theoretisch einen modernen Traditionalismus. Besonders setzte er sich für die Errichtung von Backsteinbauten ein.“ 1)
Jakstein avancierte zum Stadtbauinspektor und war während des Ersten Weltkriegs als Unteroffizier eingesetzt.
Nach dem Krieg wurde Jakstein 1921 Baurat und erwarb 1927 den Grad des Dr.-Ing. mit seiner Untersuchung „Alte Bauzeichnungen“.

„Werner Jakstein hatte klare Vorstellungen davon, wie die Architektur der Stadt Altona im 20. Jahrhundert aussehen sollte. Alte Stadtstrukturen und traditionelle Bauformen sollten erhalten bleiben, aber dem gewandelten modernen Leben angepasst sein. Städtebau war für ihn Architektur in einer größeren Dimension. Ein übergreifendes Mittel der Stadtgestaltung war für ihn der Gebrauch von Farbe in der Stadt, zu dem er Studien anfertigte,“ 2) heißt es 2019 im Ausstellungskatalog der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg über Werner Jakstein.

1922 hatte er Thyra Dohrenberg (26.1.1898 Berlin- 24.12.1972 Silkeborg) geheiratet. Sie war als Übersetzerin tätig und übersetzte seit 1922 rund 130 Werke aus den skandinavischen Sprachen ins Deutsche, u. a. die Märchen von Hans Christian Andersen und Kinderbücher von Astrid Lindgren sowie Romane von Martin Andersen Nexö. 1959 wurde das von ihr übersetzte und von Hans Peterson verfasste Kinderbuch „Matthias und das Eichhörnchen“ mit dem deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet.

Das Paar bekam zwei Töchter (geboren 1924 und 1926).

Jakstein sah seinen Beruf als Berufung an und trennte nicht zwischen Privat- und Berufsleben. „Als Leiter des Baupflegeamtes faszinierte ihn weit über seinen Dienst hinaus die Baukunst der Vergangenheit“ 3) schreibt Hans-Werner Engels. Und in dem Ausstellungskatalog „Werner Jakstein und die Architektur der Stadt“ heißt es: „Neben seiner Tätigkeit für die Stadt Altona war Werner Jakstein auch publizistisch tätig. Er nutzte die Medien seiner Zeit, um mit den Themen Architektur und Städtebau ein breites Publikum zu erreichen. Auch die amtliche Bauberatung verstand Werner Jakstein als Architekturvermittlung. Er plante, sein Dienstzimmer im Altonaer Rathaus expressionistisch auszumalen und fertigte verschiedenen Plakate an, um Bauwillige über architektonische Haltungen unterrichten zu können. (…)

Werner Jakstein verfasste Fachartikel, gab mit der ‚Nordischen Baurundschau‘ eine eigene Architekturzeitschrift heraus, veröffentlichte in Periodika wie dem Schleswig-Holstein Jahrbuch oder dem Schleswig-Holsteinischen Kunstkalender, die er auch mit Breitpinselbildern illustrierte. Außerdem schrieb er regelmäßig für Tageszeitungen in Deutschland und in Dänemark.“ 4)

Jaksteins Veröffentlichungen wurden oft von seiner, als Kunstpädagogin und Künstlerin tätigen Schwester Gertrud Jakstein (27.4.1879 Potsdam – 5.7.1960 Potsdam) illustriert. Über ihren künstlerischen Werdegang schreibt der Potsdamer Kunstverein u. a.: „(…) erste künstlerische Unterweisungen im Atelier von Käthe Kollwitz (1867-1945) [siehe: Kollwitzring] in der Berliner Künstlerinnenschule. 1902 Studium an der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar (1 Semester) bei Hans Olde (1855-1917). (…) Studium an der Akademie in Königsberg bei Heinrich Wolff (1886-1934) und Ludwig Dettmann (1865-1944), (…). 1905 Abschluss mit dem Lehrerinnenexamen. Seit 1909 bis 1949 war sie als Kunstpädagogin im Schulgebäude der Potsdamer Dortustraße 28/29 am Kanal tätig. (Bis 1946 war diese Schule Oberlyzeum, eine ‚Studienanstalt für Mädchen mit einem einjährigen Lehrerinnenseminar. 1946 – 1957 als Oberschule 8 war sie eine ‚Demokratische Einheitsschule für die Klassenstufen 1 -12‘.) 1910 Besuch der Handels- und Gewerbeschule, Potsdam. Im selben Jahr Abschluss als Nadelarbeitslehrerin. 1945 - 1949 Ausbilderin von Neulehrern, (…) und Betreuung von Referendaren (…). 1948 Aufnahme als Künstlerin in den Schutzverband bildender Künstler. 1949 Entlassung aus dem Schuldienst. 1949 bis 1952 Referentin für Kunsterziehung im Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut, Zweigstelle Potsdam. Gertrud Jakstein war stark von der Reformpädagogik von Philipp Franck (1860-1944) geprägt, die sie praktisch und theoretisch weiter entwickelte. Bis zu ihrem Tode plante sie eine Veröffentlichung dieser Erkenntnisse, zu der es aber leider nicht gekommen ist. Als Künstlerin betätigte sie sich hauptsächlich als Landschaftsmalerin und Zeichnerin und fand regionale Anerkennung. Sie suchte daneben nach einer Vervollkommnung der innerhalb des Studiums in Königsberg erworbenen soliden kunsthandwerklichen Fähigkeiten auf den Gebieten der Buchkunst und der Töpferei. (…).“ 5)

Ein ganz besonderes Anliegen von Werner Jakstein war die von ihm 1931 ins Leben gerufene „Kulturelle Erwerbslosenfürsorge“. „Durch Vorträge, Museumsführungen, Konzerte und andere Veranstaltungen wollte er dazu beitragen, dass die Arbeitslosen die freie Zeit sinnvoller ausfüllen konnten“ 6), schreibt Hans-Werner Engels. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wurde diese Einrichtung verboten.
Über die Zeit des Nationalsozialismus heißt es in dem Ausstellungskatalog über Werner Jakstein: „1933 nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten blieb Werner Jakstein im Amt. Für ihn wurde 1937 zum Schicksalsjahr: Altona wurde ein Teil Hamburgs, und Jakstein verlor als nunmehr Hamburger Beamter seine vornehmlichste Aufgabe, die ihn Jahrzehnte lang angetrieben hatte, nämlich, Altona ein eigenes Gesicht zu geben.

Im selben Jahr fand ein Wettbewerb zur ‚Neugestaltung der Hansestadt Hamburg zur Führerstadt‘ statt, die sich vornehmlich auf das Elbufer zwischen den Landungsbrücken und dem Altonaer Balkon beziehen sollte. Der junge Architekt Konstanty Gutschow gewann diesen Wettbewerb und wurde bis 1945 zum wichtigsten Stadtplaner in Hamburg. Die Altstadt Altonas, dessen Stadtzentrum mit Rathaus und Bahnhof sowie die Palmaille waren in seinen Plänen nicht mehr vorgesehen. Das historische Altona sollte einer monumental angelegten Gestaltung mit Hochhaus, Halle und Plätzen in ungekannten Dimensionen weichen. Jakstein suchte die öffentliche Auseinandersetzung, um sich für den Erhalt des klassizistischen Straßenzuges der Palmaille einzusetzen. (…) Gleichzeitig versuchte er über das dänische Konsulat in Hamburg und die Dänische Botschaft in Berlin Einfluss auf den Erhalt der Palmaille zu nehmen, was letztlich aber fehlschlug. Der Krieg verhindert schließlich ihren Abriss.“ 7)

Jaksteins Karriere schritt nicht mehr voran: zum Oberbaurat wurde er nicht mehr befördert. Laut Hans-Werrner Engels soll seine „Künstlernatur“, die sich darin ausdrückte, dass er malte und feuilletonistische Beiträge verfasste, seinen Vorgesetzten suspekt gewesen sein.

Großen Erfolg hatte er mit seinem 1937 erschienenen Werk „Landesbaumeister Christian Friedrich Hansen, der nordische Klassizist“. Dafür erhielt Jakstein vom dänischen König Christian X. den Dannebrogorden verliehen.

Werner Jakstein trat nicht der NSDAP bei. Er war in der NS-Zeit seit 1935 Mitglied der NSV und er gehörte dem Reichsbund der Deutschen Beamten an. 8) Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt war mit „17 Mio. Mitgliedern (1943) nach der Dt. Arbeitsfront die größte (…) NS-Massenorganisation. (…) Ihren Anspruch auf Monopolisierung der gesamten freien und öffentlichen Wohlfahrt konnte die N. zwar nicht realisieren, doch gelang es ihr, die in der freien Wohlfahrtspflege tätigen Verbände zurückzudrängen bzw. gleichzuschalten (…). Angesichts der ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (Mitgliedsbeiträge, Spenden, staatliche Zuwendungen) war es ihr möglich, in alle Bereiche der Wohlfahrt zu expandieren (…). Aufgrund ihrer scheinbaren Ideologieferne war die Arbeit der N. populär und die Mitgliedschaft erschien auch für diejenigen, die dem Regime eher zögernd oder kritisch gegenüberstanden, aber aus Opportunitätsgründen in eine Parteiorganisation eintreten wollten, akzeptabel. Tatsächlich war die Arbeit der N. von rasse- und erbbiologischen Selektionskriterien bestimmt (…).“9)

Der Reichsbund der Deutschen Beamten war eine „im Oktober 1933 gegründete, der NSDAP angeschlossene Zwangsorganisation der dt. Beamten: Die Hauptaufgabe des R. lag in der ‚Erziehung der Mitglieder zu vorbildlichen Nat.soz‘ und in der ‚Durchführung mit nat.soz. Gedankengut‘. Die Einheitsorganisation stand unter der persönlichen Führung des Amtes für Beamte der NSDAP und war in 14 (im Krieg 15) Fachschaften eingeteilt.“ 10)

„Werner Jakstein verbrachte den Zweiten Weltkrieg in Hamburg. Er musste mit gesundheitlichen Problemen kämpfen. Dennoch blieb er nicht untätig und verlegte sich stärker als zuvor auf das Schreiben von Zeitungsartikeln, Aufsätzen und Buchmanuskripten. 1940 veröffentlichte Werner Jakstein mit ‚Liebe alte Stadt‘ eine Liebeserklärung an Altona mit lebendigen Schilderungen und vielen seiner Aquarelle. Es war ein Abschiedsbrief an seine Heimatstadt, deren Zukunft für ihn zu dieser Zeit im Ungewissen lag. Durch Kriegszerstörungen und den rigorosen Abriss der noch verbliebenen Reste nach dem Zweiten Weltkrieg ist das alte Altonaer Zentrum heute fast spurlos verschwunden.

Auch im Krieg, während der deutschen Besatzung Dänemarks, pflegte Jakstein weiter Verbindungen zu seinen dänischen Freunden und Kollegen“ 11)

Im Oktober 1945 ging Jakstein in den Ruhestand und „gründete (…) in seiner Wohnung das ‚Altonaer bauhistorische Archiv‘. Er schrieb an weit über 300 Bürgermeister in Deutschland und bat sie, über den Grad der Zerstörung von historischen Bauwerken zu berichten. Des Weiteren sammelte er historische Spielkarten, sodass er am Ende seines Lebens eine der größten Privatsammlungen Deutschlands besaß.“ 12)

Hans-Werner Engels schreibt: „Aufgrund der Sammelleidenschaft ihres Mannes zog Jaksteins Frau aus der gemeinsamen Wohnung aus.“ 13)

1961 wurde Jakstein zum Ehrenmitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg ernannt.