Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Kollwitzring

Billstedt, seit 1971, benannt nach Käthe Kollwitz, geb. Schmidt (8.7.1867 Königsberg – 22.4.1945 Moritzburg bei Dresden), Graphikerin, Bildhauerin, Malerin


Siehe auch: Vera-Brittain-Ufer.
Siehe auch: Liebermannstraße, Othmarschen, seit 1947: Max Liebermann (1847-1935), Maler, Radierer, Graphiker.
Siehe auch: Gerhart-Hauptmann-Platz, Altstadt (1946): Gerhart Hauptmann (1862-1946), Schriftsteller.
Siehe auch: Walter-Flex-Straße

In Harburg wurde vor 1933 eine Straße nach Käthe Kollwitz benannt. Die Nationalsozialisten benannten die Straße um in Walter-Flex-Straße (siehe unter: Walter-Flex-Straße). Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus erfolgte keine Rückbenennung. Die Straße heißt heute noch Walter-Flex-Straße.

Nach Käthe Kollwitz wurde erst 1971 wieder eine Straße benannt, diesmal im Hamburger Stadtteil Billstedt: der Kollwitzring.

1569 Kollwitz Hans Kaethe Peter 1909
Käthe Kollwitz mit ihren Söhnen Hans und Peter 1909; Quelle: via Wikimedia Commons

Käthe Kollwitz entstammte einem sozial engagierten Elternhaus. Der Vater Karl Schmidt (1825-1898) gab sein Jurastudium auf, um sich als Maurermeister sozial engagieren zu können. Die Mutter Katharina, geb. Rupp kam aus einer undogmatischen, freireligiösen Theologenfamilie.
Käthe Kollwitz’ Maltalent wurde von ihren Eltern sehr gefördert. Von 1885 bis 1886 studierte sie an der Künstlerinnenschule Karl Stauffer-Berns in Berlin; zwischen 1888 und 1889 absolvierte sie ein Malstudium bei Ludwig Herterich in München. 1890 kehrte sie in ihre Heimatstadt Königsberg zurück. Durch realistische Darstellungen, vor allem des Arbeitermilieus, ergriff sie für das Proletariat Partei. 1891 heiratete sie ihren langjährigen Verlobten, den sozialdemokratischen Kassenarzt Karl Kollwitz, und zog mit ihm nach Berlin. 1892 und 1896 wurden ihre beiden Söhne geboren.

Käthe Kollwitz schreibt über ihre Heirat: „Mein Verlobter hatte dadurch, dass er in Berlin die Krankenkasse der Schneider bekam, die Möglichkeit der Existenz und so beschlossen wir, den Sprung zu wagen. Mein Vater sagte mir kurz vor der Eheschließung: ‚Du hast nun gewählt. Beides wirst du schwerlich vereinigen können. So sei das, was du gewählt hast, ganz! Im Frühjahr 1891 bezogen wir im Norden Berlins die Wohnung, die wir durch 50 Jahre beibehalten sollten. Mein Mann war in der Hauptsache Kassenarzt und war sehr bald belastet mit sehr viel Arbeit. Ich bekam im Jahre 1892 mein erstes Kind Hans, im Jahre 1896 mein zweites Kind Peter. Das stille arbeitsame Leben, das wir führten, war meiner Fortentwicklung sicher sehr gut. Mein Mann tat alles, um mich zu der Arbeit kommen zu lassen.“1)

1569 EIN Weberaufstand by Kaethe Kollwitz 1897
„Ein Weberaufstand“ von Käthe Kollwitz; Quelle: via Wikimedia Commons

Käthe Kollwitz’ Arbeitsbereiche waren die der Mutter, Hausfrau, Arzthelferin in der Praxis ihres Mannes und die der Künstlerin. Ein wesentliches Thema ihres künstlerischen Schaffens war die Frau, die Menschlichkeit und Gefühl vermittelt und Partei ergreift. Käthe Kollwitz kämpfte mit ihrer Malerei für Frieden und soziale Gerechtigkeit. Sie stellte immer wieder Menschen in Not dar. Nach der Uraufführung von Gerhart Hauptmanns (siehe: Gerhart-Hauptmann-Platz) „Die Weber“ entstand 1898 ihr Zyklus „Ein Weberaufstand“. Hier ist, wie in ihrem Zyklus „Bauernkrieg“ (1901 - 1907), die arme, verhärmte, aber nicht resignierende Frau die zentrale Figur.

Max Liebermann (siehe: Liebermannstraße) war sehr beeindruckt von diesem Werk und schlug vor, Käthe Kollwitz die Kleine Goldene Medaille zu verleihen. Kaiser Wilhelm II. lehnte dies jedoch ab mit der Begründung, er wolle die Auszeichnung nicht durch eine weibliche Preisträgerin herabwürdigen.

1899 erfolgte Käthe Kollwitz‘ Aufnahme in die Berliner Secession, einer oppositionellen KünsterInnengruppe. 1907 erhielt sie den „Villa-Romana-Preis“ und mit ihm ein Atelier in Florenz. Durch ihren Zyklus „Bauernkrieg“ hatte Käthe Kollwitz internationale Bedeutung gewonnen und stellte in London, Paris, Wien und Moskau aus.

Als sie nach Berlin zurückkehrte, entwarf sie Plakate, Aufrufe und Flugblätter. 1910 begann sie mit der Bildhauerei.

Käthe Kollwitz vertrat den Standpunkt, dass Kunst die sozialen Bedingungen darzustellen hätte. So arbeitete sie auch für die sozialistische Internationale Arbeiterhilfe (IAH). Als zu Beginn der 1930-er Jahre eine große öffentliche Debatte um den § 218 geführt wurde, traten Käthe Kollwitz und andere Künstlerinnen und Künstler für die Abschaffung des § 218 ein.

Im Ersten Weltkrieg wurde einer ihrer beiden Söhne als Soldat im Krieg getötet. Dadurch wandelte sich Käthe Kollwitz patriotische Einstellung in eine pazifistische.

1932 setzte sie ihrem Sohn durch das von ihr geschaffene Mahnmal „Eltern“, das auf dem Soldatenfriedhof in Roggevelde/Belgien aufgestellt wurde, ein Denkmal. Im selben Jahr „kam im Rahmen des von Romain Rolland (1866-1944), Albert Einstein (1879-1933), Maxim Gorki (1868-1936), Heinrich Mann (1871-1950) u. a. einberufenen Antikriegskongresses in Amsterdam eine letzte Zusammenarbeit von Frauen verschiedener politischer Richtungen zustande. Im internationalen Frauenkomitee zur Vorbereitung des Kongresses arbeiteten Clara Zetkin, Helene Stöcker, Käthe Kollwitz (…) und die Frauen der IFFF [Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit].“ 2)

1919 wurde Käthe Kollwitz als erste Frau Professorin und zum ersten weiblichen Mitglied an der Preußischen Akademie der Künste ernannt. Ebenfalls als erste Frau erhielt sie 1929 den preußischen Orden Pour le Mérite. In den 1920-er Jahren schuf sie diverse Plakate gegen den Krieg und 1924 das sehr bekannt gewordene Plakat gegen den Abtreibungsparagraphen 218.
1933 wurde sie von den Nationalsozialisten aus der Preußischen Akademie der Künste entlassen und ihres Amtes als Leiterin der Meisterklasse für Grafik enthoben – sie hatte Aufrufe gegen den Nationalsozialismus unterschrieben. Auch ihr Mann verlor seine Stellung als Arzt. 1936 erhielt Käthe Kollwitz Ausstellungsverbot; ihre Arbeiten wurden als „entartet“ aus der Akademie und dem Kronprinzenpalais entfernt. Käthe Kollwitz zog sich in die innere Emigration zurück. In dieser Zeit war sie voller Resignation. Besonders schlimm wurde es für sie, als 1940 ihr Mann starb, 1942 ihr Enkel in Russland als Soldat getötet und 1943 ihre Wohnung in Berlin ausgebombt wurde. 1944 zog Käthe Kollwitz auf Einladung von Ernst Heinrich von Sachsen in den Rüdenhof nach Moritzburg bei Dresden.

1569 Raped by Kaethe Kollwitz
„Vergewaltigt“ von Käthe Kollwitz; Quelle: via Wikimedia Commons

Interpretation einer ihrer Radierungen, die Radierung „Vergewaltigt“ von 1907.
Der Kunsthistoriker Friedrich Gross schreibt dazu: „Käthe Kollwitz schrieb: ‚Es ist eine verschleppte Frau, die nach der Verwüstung des Bauernhauses im Krautgarten liegengelassen ist, während ihr Kind das davongelaufen war, hinter dem Zaun herübersieht.‘ Zusammen mit dem ersten Blatt des Zyklus ‚Die Pflüger‘, prangert ‚Vergewaltigt‘ die ausbeuterische Willkürherrschaft des grundbesitzenden Adels an, gegen den sich die Bauern 1525 vereint erhoben. (…) Die perspektivische Verzerrung der Hingestreckten symbolisiert die ausgeübte männliche Gewalt. Die gespreizten Beine verweisen weniger auf die Tradition christlicher Leidensdarstellungen zumeist männlicher Opfer, (…) als vielmehr auf den unmenschlichen Mißbrauch des weiblichen Körpers. Der niedergedrückte Kohl verstärkt den Eindruck der Zerstörung in einem gehegten Bezirk. Mutter und Kind sind durch die Gewalt getrennt; der Schock versteinert das halb hinter Zaunplanken und Pflanzen verborgene Kindergesicht. Das dritte Blatt des Zyklus zeigt folgerichtig eine Bäuerin, die ihre Sense zum Rachekampf gegen die Peiniger schärft.“ 3)