Hamburger Straßennamen -
nach Personen benannt

Auf der Jahnhöhe

Heimfeld (2008): in Anlehnung an den Sportplatz Jahnhöhe benannt nach Friedrich Ludwig Jahn (11.8.1778 Lanz (Prignitz) - 15.10.1852 Freyburg (Unstrut)


Die Verkehrsfläche wurde zu einer Zeit (2008) benannt, als bereits in anderen Städten die Diskussion um eine Umbenennung der dortigen, nach Jahn benannten Straßen geführt wurde.

Siehe: Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße
Siehe auch: Jahnring
Siehe auch: Jahnbrücke

Nach Friedrich Ludwig Jahn sind in diversen deutschen Städten Verkehrsflächen benannt worden. Und immer wieder ploppt wegen Jahns politischer Einstellung die Diskussion über ein Für und Wider einer Umbenennung auf. So heißt es in Wikipedia u. a.: „In seiner 1808 verfassten Schrift Deutsches Volksthum, 1810 in Lübeck publiziert, skizzierte er erstmals seinen entschiedenen völkischen Nationalismus, zu dem er während der französischen Besatzung gekommen war und den er mit scharfen Angriffen auf die ‚Ausländerei‘ und die ‚Verwelschung‘ verband:[Hier vertrat Jahn die Ansicht, Deutschland solle eine größere Rolle in Europa einnehmen; dies sei auch möglich, wenn man sich auf die Einheit der Deutschen besinne. Als Ziel nannte er ein ‚Großdeutschland‘, zu dem auch die Schweiz, Holland und Dänemark gehören würden. Hauptstadt solle die neue Stadt ‚Teutonia‘werden, die in Thüringen gegründet werden solle, wo sich die Fernstraßen aus den dann deutschen Grenzstädten Genf, Memel, Fiume, Kopenhagen, Dünkirchen und Sandomir treffen würden. (…) Kritiker lehnen die Ehrungen auf Grund der nationalistischen und antisemitischen Einstellung Jahns ab. Für ein von Gegnern immer wieder kolportiertes angebliches Zitat (‚Polen, Franzosen, Pfaffen, Junker und Juden sind Deutschlands Unglück‘) existiert allerdings kein Beleg. Dennoch wird es immer wieder in Literatur und Presse aufgegriffen. In mehreren Städten gibt es Initiativen, nach Jahn benannte Plätze umzubenennen. So gibt es in Graz (Steiermark) seit 2006 immer wieder Aktionen zur Umbenennung der Jahngasse bei der Landessportanstalt, wo auch ein Jahn-Denkmal steht. Auch in Berlin gibt es die Initiative ‚Sport ohne Turnväter‘, die für die Umbenennung des Jahnsportparks in Prenzlauer Berg eintritt. Als Gegenargument wird jedoch angeführt, dass Jahn auch als ‚Kind seiner Zeit‘gesehen werden müsse, dessen Ideen vom preußisch-deutschen Kaiserreich, dem Nationalsozialismus und der DDR vereinnahmt wurden.“ 1)

Und auf der Website des Jahn Museums steht: „Jahns Leben und Wirken verlief widersprüchlich. Unbestritten sind heute seine Verdienste für die Entwicklung des Turnwesens und sein Engagement im Rahmen der Befreiung von der Napoleonischen Fremdherrschaft. Die Überspitzung seiner national orientierten Gedanken führte in seinen Reden, Briefen und Schriften zu Fremdenhass und übersteigertem Nationalismus. Eingeschlossen in sein nationalistisches Ge­dankengut waren auch judenfeindliche Äußerungen.

Friedrich Ludwig Jahn ehren wir heute als den Schöpfer der nationalen Turn­bewegung, die zur Gründung unübersehbar vieler Turnvereine, des Deutschen Turner-Bundes und letztlich zur Herausbildung des Gerätturnens als Weltsportart führte. Der Vorwurf, dass seine Motivation allein auf der Grundlage seines deutschnationalen und militärischen Anliegens beruhte, ist in gewisser Weise zwar zutreffend, aber auch insofern zu relativieren, als das Jahnsche Gedankengut und sein Wirken im Zusammenhang mit den historischen Gegebenheiten beurteilt werden müssen. Sein politisch widersprüchliches Verhalten im Laufe seines Lebens bot Spielraum dafür, dass die späteren unterschiedlichen politischen Systeme in Deutschland sein Gedankengut in unterschiedlicher Weise bewerteten.“ 2)

Die Historikerin Karen Hagemann schreibt in der „DIE ZEIT“ vom Oktober 2002 in ihrem Artikel „Deutschheit, Mannheit, Freiheit“ über Friedrich Ludwig Jahn: „Nach seinem Tod wurde sein Erbe zunächst von nationalliberalen Kreisen vereinnahmt, später dann von konservativ-nationalistischen und schließlich von nationalsozialistischen. Sahen die ‚Turnfreunde‘ in ihm 1861 noch einen ‚Werber für Freiheit und Einheit‘, einen ‚Mann des Volkes, der den Gedanken der Einigung Deutschlands ... zuerst in's Volk warf‘, so reduzierte sich die öffentliche Erinnerung zunehmend auf den ‚Vorkämpfer‘ der ‚deutschen Einheit‘. Diese Tendenz deutete sich schon in den Reden an, die im August 1872 - ein Jahr nach der Reichsgründung - bei der Enthüllung des Berliner Jahn-Denkmals gehalten wurden. Sie verstärkte sich in den nächsten Jahrzehnten, zusätzlich aufgeladen durch völkische und rassistische Ideen. (…) Durch Nationalerziehung zur Wehrhaftigkeit 1928, zu seinem 150. Geburtstag, erreichte der nationalistische Kult um Jahn seinen Höhepunkt. Die Deutsche Turnerschaft versuchte, mit Jahn-Ehrungen, (…) dafür zu sorgen, dass der ‚Turnvater ... bei allen Deutschen zu den größten und führenden Geistern des deutschen Volkes gerechnet wird‘. Man setzte die Taufe von Jahn-Schulen, Jahn-Straßen und Jahn-Plätzen durch, (…). In der Deutschen Turnzeitung wurde er nun zum ‚ersten Großdeutschen im modernen Sinne‘ stilisiert. Sein Wirken in ‚schwerer Zeit‘ müsse Vorbild für eine neue ‚nationale Erhebung‘ sein. An diese Interpretation konnten die Nationalsozialisten nahtlos anknüpfen. Die ideologische Vereinnahmung Jahns durch das nationalistische und nationalsozialistische Lager führte bei den politischen Gegnern zu einer fast reflexartigen Ablehnung. Zwar hatte der 1893 gegründete Arbeiter-Turnerbund zunächst noch eine progressive Deutung durchzusetzen versucht und Jahn 1902 in der Arbeiter-Turnzeitung zum ‚Märtyrer der freien, volkstümlichen Turnsache‘ stilisiert, doch änderte sich das nach 1919 grundlegend. ‚Wenn er heute lebte, wäre er wahrscheinlich Nationalsozialist‘, hieß es 1928 im selben Blatt. Vor diesem Hintergrund ist der Versuch der DDR umso bemerkenswerter, Jahn erneut zu einem rebellischen Vorkämpfer für ‚Einheit und Freiheit‘ zu stilisieren. (…)

Während seines Studiums der Theologie hatte sich der Pfarrerssohn Jahn dem geheimen Studentenorden der Unitisten angeschlossen. ‚Dieser Orden war eine der vielen überregionalen Jungmännerverbindungen, die nicht nur die ‚männliche‘ Sozialisation ihrer Mitglieder befördern wollten, sondern in denen auch langjährige Freundschaften entstanden - Netzwerke, die der individuellen und kollektiven Selbstfindung dienten und die zugleich wichtig waren für das berufliche und literarische ‚Avancement‘. In der Zeit der Antinapoleonischen Kriege zwischen 1806 und 1815 bildeten sie zudem die soziale Basis für das patriotisch-nationale Engagement mit Feder und Degen. Dies zeigt sich deutlich auch in der Lebensgeschichte Jahns, der die Verbindung zu den alten Freunden nie abreißen ließ, die er an seinen Studienorten, (…) zwischen 1796 und 1803 kennen gelernt hatte. (…) Bis 1805 verdiente er sich wie viele andere stellungslose Jungakademiker sein Brot als Hauslehrer. Der Krieg gegen Napoleon hatte begonnen, und die Hoffnung, das Examen in Göttingen nachholen und dann eine akademische Laufbahn antreten zu können, zerschlug sich nach dem preußisch-sächsischen Debakel von 1806/07 jäh. Alle Versuche, in den folgenden Jahren mithilfe von Vorstellungsreisen, von ‚Konnektionen‘ und ‚Empfehlungen‘ eine Anstellung zu erlangen, scheiterten. Zu den vielen nachhaltigen Folgen der Niederlage und der Okkupationgehörte es, dass der halbierte preußische Staat zwischen 1807 und 1815 ständig vor dem Bankrott stand und niemanden mehr einstellte. (…) Eine ganze Generation gebildeter junger Männer sah sich um die schönsten Berufshoffnungen gebracht - und damit um ihre Heiratschancen. Auch Jahn konnte seine Geliebte Helene Kollhof [5.10.1780 – 18.9.1823] erst 1814 nach einer neunjährigen Verlobungszeit heiraten. Auf diese Weise wirkten sich die politischen und militärischen Einbrüche unmittelbar auf das persönliche Schicksal dieser Männergruppe aus und trugen nicht unwesentlich zu ihrer Politisierung und Nationalisierung bei. (…)“ 3)

Mit Helene Kollhof bekam Jahn zwischen 1815 und 1819 drei Kinder. Zwei von ihnen starben 1919. Helene starb 1823. Zwei Jahre später heiratete Jahn Emilie Hentsch (12.5.1792 - 7.6.1876), mit der er ein Kind bekam.

Zu seinem Männerbild schreibt Karen Hagemann in ihrem oben genannten Artikel in der „DIE ZEIT“: „Jahn selbst gab bereits im Frühjahr 1813 eine Sammlung Deutscher Wehrlieder für das Königlich-Preußische Frei-Corps heraus. Hauptziel der intensiven Propaganda, die von Kriegsbeginn an wie eine Flutwelle über das Land ging, war eine ‚wehrhafte Ermannung‘: Männer seien nur dann ‚wahrhaft männlich‘ und ‚ehrhaft‘, wenn sie ‚wehrhaft‘ Familie, Heimat und Vaterland verteidigten. ‚Kein Wesen, männlichen Geschlechts, so nicht Wehr ist‘, heißt es etwa in der Vorrede zu den Wehrliedern, ‚kann als Mann gelten, nur als Mannsbild und Mannspuppe. Wehrlos! Ehrlos!‘ An die Pflicht zur Vaterlandsverteidigung wurde zugleich der Anspruch auf mehr Bürgerrechte geknüpft. Zum Leidwesen Jahns und seiner Lützower Mitkämpfer entsprach ihr Kriegseinsatz nicht den eigenen heroischen Erwartungen. Zudem rieben sich ihre Vorstellungen von einem ‚abentheuerlichen‘ Zusammenleben in der ‚brüderlichen‘ Männergemeinschaft des Freikorps an dem grauen Alltag im Militär, das gebieterisch Disziplin und Gehorsam forderte. (…).“ 4)

Jahns Frauenbild zeigt sich z. B. in seiner Einstellung zum Frauenturnen und in Zitaten von ihm über Frauen.

Zitate von Jahn über Frauen: „Nicht für die grübelnde Wissenschaft, nicht für die große Weltbühne schuf die Natur das Weib. Das ist der Weiber Gelehrsamkeit, wenn der Verstand zur Unterscheidung des Wahren und Rechten gebildet, das Herz zur Güte und zum Wohlwollen am Schönen veredelt wird. Und besitzen sie diese, dann machen sie ihrem altdeutschen Ehrennamen Ehre, bleiben Frauen, frohe, frohmachende Wesen.“ 5)
„Männlichkeit zieht die Weiber an.“ 6)

Und ein anderes Zitat macht seine sehr konservative Gesinnung bezüglich dessen, wie er Frauen Freuden zugestand: „Tanz in Ehren soll niemanden wehren. Wo sittig und ehrbar mit Anständigen und Unbescholtenen getanzt wird, wo nicht Begehrlichkeit die Begierden hervorruft, wo nicht Üppigkeit die Sinne berauscht, da werden nur Friede und Freude die Tanzmüden im Schlafe entschweben. Freilich, wo die Schönen auf Bälle fliegen, ihre verborgenen Reize wie Warenballen auslegen und sich gebaren, als möchten sie reißend an die Männer abgehen; wo Reiben und Treiben ist, als hätten die Fische und Frösche Laichzeit; wo ein Rammel und Rummel stattfindet, als hätten Katzen Lichtmesse; wo die Tänzerinnen als leichtfertige Sprengsel (Heuschrecken) verrufen sind, die als Nixen ins Wasser gehen und Gelegenheit zur Gunst gewähren, da mögen den Tanzhelden wohl böse Träume umgaukeln.“7)

Turnen für Frauen hatte Jahn nicht im Sinn gehabt. Dazu heißt es in Gertrud Pfisters Beitrag „200 Jahre Turnbewegung – von der Hasenheide bis heute“: „In Jahns ‚Deutscher Turnkunst‘, dem Standardwerk der Turner, werden Mädchen und Frauen nicht ein einziges Mal erwähnt. Erst als in den 1830er Jahren, in der Zeit der ‚Turnsperre‘ [8], der gesundheitliche Wert der Leibesübungen einen neuen Stellenwert erhielt, wurden die ersten Turnkurse für Mädchen angeboten, nicht zuletzt, weil die Gesundheit des ‚schwachen Geschlechts‘ durch Bewegungsarmut bedroht schien. (…) Während Frauen bis zum Ende der 1880er Jahre vom Turnen ausgeschlossen waren, bestand für Mädchen in eingeschränktem Maße die Möglichkeit, an Turnkursen teilzunehmen. Zudem nahmen manche Schulen, vor allem private höhere Töchterschulen, seit den 1850er Jahren Turnen in ihren Fächerkanon auf. Da Frauen nicht am männlichen Maßstab der Wehrhaftigkeit, Stärke und Überlegenheit gemessen wurden, schien die ‚körperliche Ertüchtigung des weiblichen Geschlechts‘ keine allzu große Bedeutung zu haben. Die Übungsauswahl im Mädchenturnen war zudem aufgrund zahlreicher Vorurteile und Vorbehalte äußerst beschränkt. Es galt die Devise: ‚Kopf oben, Beine unten und geschlossen.‘ Erst gegen Ende des Jahrhunderts wurde die Ineffektivität der Übungen kritisiert und unter dem Motto ‚Starke werden nur von Starken geboren‘ eine Reform des Mädchenturnens gefordert. (…) Im Frauenturnen setzte sich nach langen Auseinandersetzungen die Hose durch, den Kampf um die Mitgliederrechte und die Beteiligung auswärtiger Turnerinnen an Turnfesten gewannen die Frauen allerdings erst in der Weimarer Republik. Mit der wachsenden Akzeptanz der Frauenerwerbstätigkeit und der beginnenden Integration der Frauen in die Leistungsgesellschaft nahm in den 1920er Jahren dann auch die Beteiligung von Frauen am Leistungssport und an Turnwettkämpfen zu. 1928 wurde das Frauenturnen als Mannschaftsmehrkampf schließlich olympisch.“ 9)