Künnekestraße
Rahlstedt (1958): Eduard Künneke (27.1.1895 Emmerich – 27.10.1953 Berlin), Operettenkomponist.
Vorher war die Straße ein Teil der Ringstraße.
Eduard Künneke war der Sohn von Sophie Henriette Künneke, geborene Niehaus und des Kaufmanns Edmund Johs. Künneke.
Sein musikalisches Talent soll bereits während Künnekes Gymnasialzeit aufgefallen sein. Er brachte sich selbst das Klavierspielen bei. Nach dem Abitur studierte Künneke von 1903 bis 1905 an der Berliner Musikhochschule Musikwissenschaft und Literaturgeschichte. Von 1905 bis 1906 besuchte er die Meisterklasse bei Max Bruch an der Akademie der Künste und wandte sich damals schon besonders der Komposition zu. „Von 1907 bis 1909 war er als Korrepetitor und als Chorleiter am Neuen Operettentheater am Schiffbauerdamm tätig. Von 1908 bis 1910 arbeitete er zugleich als Dirigent für das Plattenlabel Odeon.“ 1)
In dieser Zeit heiratete er 1908 die Opernsängerin Marga Polkowski (geb. 1880).
Von „1910 bis 1911 war er Kapellmeister am Deutschen Theater. Nachdem seine Oper Robins Ende (1909) nach der Uraufführung am Nationaltheater in Mannheim an 38 deutschen Bühnen nachgespielt wurde, gab er die Funktion des Chorleiters ab. Ab 1906 war er Dozent für Gesangsbegleitung am Stern’schen Konservatorium. (…).“ 2)
Gefördert wurde Künneke zum Beispiel von Richard Strauss (siehe: Straußstraße).
„Während des 1. Weltkriegs war K. Militärmusiker, bis er 1917 als Kapellmeister an das Friedrich-Wilhelmstädtische Theater in Berlin kam. Ein besonderer Erfolg war 1919 das Singspiel ‚Das Dorf ohne Glocke‘. Noch im selben Jahr nahmen 14 Bühnen das Werk in ihren Spielplan auf.“3)
In diesem Jahr kam es zur Scheidung von seiner Frau Marga Polkowski. Ein Jahr darauf heiratete Künneke die Sopranistin Katharina Müller (1882–1967), die unter dem Künstlerinnennamen „Katharina Garden“ auftrat.
Künneke wandte sich nun fast ausschließlich der Operette zu. „Schon das dritte der seit 1920 entstehenden Bühnenwerke, ‚Der Vetter aus Dingsda‘, brachte ihm weltweiten Erfolg.“4)
1921 wurde die Tochter Evelyn Künneke geboren (1921 -2001).
Zu Eduard Künnekes „berühmtesten Stücken gehören ferner ‚Lady Hamilton‘, ‚Liselott‘, ‚Glückliche Reise‘, ‚Lockende Flamme‘ und ‚Herz über Bord‘. Seine glückliche melodische Erfindungsgabe, satztechnisches Können und meisterliche Beherrschung der instrumentalen und vokalen Kunstmittel sicherten ihm eine künstlerische Sonderstellung im Kreis der Operetten- und Singspielkomponisten seiner Zeit. Als einer der ersten nahm er auch amerikan. Tanzrhythmen in seine Werke auf, wie z. B. in ‚Tänzerische Suite‘ (1929), deren Concerto-grosso-Form er eine Jazzband als Concertino einfügte. Während eines Aufenthalts in den USA (1925–26) hat er für New Yorker Theater drei Operetten komponiert.“ 5)
Gleich nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Eduard Künneke im Mai 1933 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer: 2633895, AZ) 6). 1934 wurde seine Mitgliedschaft wegen „nichtarischer“ Ehefrau storniert. „Trotzdem durfte er mit einer Sondergenehmigung des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels wegen des Propagandawertes weiterhin kompositorisch tätig sein.“7)
Ernst Klee schreibt in seinem Kulturlexikon zum Dritten Reich über Eduard Künnekes Aktivitäten in der NS-Zeit u. a.: „(…) Mitglied der Fachschaft der Deutschen Komponisten der Reichsmusikkammer. 1934 Vorsitzender des ‚Verbands Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten‘. In der Literatur wird öfters behauptet, Künneke habe wegen seiner Ehefrau (bis 1935, manchmal ab 1935) einem Boykott seitens der Reichsmusikkammer unterlegen. Die Dienststelle Rosenberg attackierte ihn zwar (jüdische Versippung, jüdische Texter), Goebbels war jedoch der Propagandawert des Künstlers wichtiger als die Rassenfrage und verordnete, daß er ‚ungehindert seiner künstlerischen Betätigung nachgehen darf‘. Künneke komponierte 1933 die Musik zu den Filmen ‚Heimkehr ins Glück‘, ‚Drei Blaue Jungs- ein blondes Mädel‘, ‚Abel mit der Mundharmonika‘, ‚Der Page vom Dalmasse-Hotel‘ sowie ‚Des jungen Dessauers große Liebe‘. Uraufführungen seiner Operetten: Dezember 1933 ‚Tanzende Flamme‘ in Berlin, April 1935 ‚Herz über Bord‘ in Düsseldorf, Silvester 1935 ‚Die große Sünderin‘ an der Berliner Staatsoper, 1938 ‚Hochzeit von Samarkand‘ am Berliner Theater des Volkes, 1941 ‚Die Wunderbare‘ am Stadttheater Fürth. Am 4.11.1942 beim Treffen von Unterhaltungskomponisten in der ‚Kameradschaft der deutschen Künstler‘, Hippler [Fritz Hippler; Die Verstrickung. Düsseldorf, o. J. (1981), R. B..]: angesichts der Kriegslage braucht Goebbels ‚optimistische Schlager‘. Die ‚Litzmannstädter Zeitung‘ Februar 1943: ‚Am 10. und 11. wird der Komponist Eduard Künneke in Litzmannstadt weilen und persönlich die Aufführung eigener Werke leiten. Er dirigiert das für diesen Abend vom KdF (NS-Gemeinschaft ‚Kraft durch Freude‘) verpflichtete Gauorchester Schlesien der NSDAP.‘“ 8)
Künnekes Tochter Evelyn zog es ebenfalls in die Musikbranche. Sie wurde Schauspielerin und Sängerin. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie öfter zur Truppenbetreuung eingesetzt. So trat sie während des Krieges zwischen 1942 und 1944 an der Ostfront auf, Anfang 1944 auch an der Westfront. 1944 wurde sie wegen Defätismus verhaftet und im Januar 1945 in die Haftanstalt Berlin-Tegel eingeliefert. Sie soll während eines Engagements an der Westfront den Soldaten zugerufen haben: „Kämpft ihr da draußen nur schön weiter. Deutschland ist bald von den Russen besetzt.“ Kurz vor Kriegsende wurde sie wieder freigelassen, um mit dem geheimen Propaganda-Orchester „Charlie and his Orchestra“ anti-amerikanische Swing-Titel zu singen.