Lachmannweg
Iserbrook (1960): Karl Lachmann (4.3.1793 Braunschweig - 13.3.1851 Berlin), Professor an der Universität in Berlin, Mediävist, Altphilologe.
Siehe auch: Grimmstraße
Auf der Website der Humboldt Universität zu Berlin heißt es über Karl Lachmann u. a. „Karl Lachmann gilt neben Jacob Grimm [siehe: Grimmstraße] und Johann Andreas Schmeller als Mitbegründer der germanischen Philologie und im Besonderen als Begründer der wissenschaftlichen Textedition.“1)
Karl Lachmann, der mit den Brüdern Grimm befreundet war, war der Sohn von Juliane Dorothea Lachmann, geborene von Loeben und des Predigers Carl Ludolf Friedrich Lachmann. Karl Lachmanns Mutter starb, als er zwei Jahre alt war. 2)
Lachmann studierte klassische Philologie und Altertumskunde sowie engl. und altdeutsche Literatur. 1814 promovierte er, ein Jahr später habilitierte er sich in Göttingen „mit einer Arbeit über Textkritik röm. Dichter“. 3) Dann machte er seine Oberlehrerprüfung, und nach einem kurzen Intermezzo ab 1816 als Gymnasiallehrer in Berlin und als Privatdozent an der Berliner Universität sowie als Oberlehrer in Königsberg, erhielt er 1818 eine außerordentliche Professur an der Königsberger Universität. Zuvor hatte er sich 1816 an der Berliner Universität zum zweiten Mal habilitiert, und zwar mit „der Abhandlung ‚Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth‘, (…), in der das spätere Wirken L.s als Altphilologe und Germanist sich bereits abzeichnet.“ 4)
1825 bekam Lachmann an der Berliner Universität eine außerordentliche und 1827 eine ordentliche Professur für lateinische und deutsche Philologie.
1830 wurde er Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. „Er hielt während der folgenden Jahre regelmäßig eine germanistische Vorlesung (deutsche Grammatik, Geschichte der Literatur von Tacitus bis zu Beginn des 14. Jh., Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Nibelungenlied), eine altphilologische Vorlesung (Sophokles, Aristophanes, Theorie des lat. Stils, Horaz) und ein Seminar. Er war mehrfach Dekan und Rektor und nahm 1849 als berufenes Mitglied an der Konferenz zur Beratung von Reformen in der Verfassung und Verwaltung der preuß. Universitäten teil,“ 5) schreibt Jürgen Kühnel in der Neuen Deutschen Biographie.
Lachmann war Mitglied noch weiterer Akademien, so der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Russischen Akademie der Wissenschaften.
„Lachmann war bestrebt, unter Anwendung der von Friedrich August Wolf begründeten Hermeneutik der inneren Kritik, eine exakte wissenschaftliche Methode zur Herausgabe handschriftlich überlieferter Texte zu erreichen, die sich mittels der Erstellung von Handschriftenstammbäumen einem angenommenen Urtext zu nähern suchte. Auf dem Gebiet der klassischen Literatur sind u. a. seine Ausgaben des ‚Properz‘ (1816), des ‚Tibull‘ (1829) und des ‚Lucretius‘ (1850) zu erwähnen, wie auch seine Ausgabe des ‚Neuen Testaments‘ (1831).
Seine Ausgaben mittelhochdeutscher Dichter (Hartmann von Aue, Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach) waren für die germanische Philologie bahnbrechend.“6)
Über den Menschen Karl Lachmann, der zeit seines Lebens ledig blieb, schrieb 1883 Wilhelm Scherer in der Allgemeinen Deutschen Biographie u. a. : „15 Jahre lang war seine häusliche Existenz in Berlin eng mit der seines Freundes Klenze verbunden; als dieser starb, begann für ihn wieder ein zum Theil unbehagliches Junggesellenleben, das sich aber durch den lebhaften Verkehr mit vielen ausgezeichneten Männern und durch den fruchtbaren Contact mit jüngeren Genossen und Schülern innerhalb wie außerhalb Berlins schön ergänzte. Er war im Grunde seines Wesens ein einfacher, frommer, treuer und warmer Mensch, der sich das Zutrauen und die Liebe derer erwarb, die ihm wirklich nahe traten. Aber eine gewisse Schärfe verleugnete sich nirgends und konnte leicht verletzen. Die kritische Begabung, auf der seine wissenschaftliche Größe ruhte, machte sich fortwährend auch im Leben geltend. Wie er in friedlichster Geselligkeit am Necken, Höhnen und Spotten seine Freude hatte, so war er im bittersten Ernst ein schonungsloser Tadler und Verfolger dessen, was er für falsch und unerlaubt hielt. Der philologische Herausgeber, der das Echte zu suchen und auf Correctheit zu dringen, gegen die Trägheit, die Willkür, den Leichtsinn alter Schreiber und moderner Setzer unermüdlich zu kämpfen hatte, eiferte überall für die Wahrheit und wider den Schein, für correcte Haltung und gewissenhafte Methode im Forschen und Leben. Den stets wachen Verstand, die gründliche Vorbereitung, das besonnene Urtheil, das ihm eigen war, hielt er für so selbstverständlich und jedermann zugänglich, wie richtiges Lesen und Schreiben; und wo er diese Eigenschaften vermißte, schloß er daher auf sittliche Mängel, die er niemals verzieh.“7)